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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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zuhören.
    Don Quixote fuhr auf diese Erlaubnis folgendermaßen fort: »Ich, meine Herren, bin ein irrender Ritter, dessen Handwerk in Ausübung der Waffen besteht, und dessen Pflicht es ist, allen Bedrängten beizustehen und allen Notleidenden Hilfe zu leisten. Schon vor einigen Tagen habe ich euren Unstern erfahren und welche Ursache euch bewegt, alle Augenblicke die Waffen zu ergreifen, um euch an euren Feinden zu rächen. Mehr als einmal habe ich mir in meinem Verstande euren Handel überlegt und nach den Gesetzen des Duelles ausgefunden, daß ihr irrt, wenn ihr euch für beschimpft haltet; denn keine einzelne Person kann einen ganzen Ort beschimpfen, es müßte denn sein, daß er sie alle insgesamt der Verräterei zeiht, weil er nicht im einzelnen weiß, wer die Verräterei begangen hat, damit er diesen beschuldigen könne. Ein Beispiel hiervon haben wir an Don Diego Ordonnez de Lara, welcher den ganzen Ort Zamora beschuldigte, weil er nicht wußte, daß der einzelne Vellido Dolfos die Verräterei begangen hatte, seinen König umzubringen. Deshalb zeihte er sie dessen alle insgesamt, und alle insgesamt ging die Vergeltung und die Rache an, obgleich der Herr Don Diego hierin etwas zu weit ging und die Grenzen der Anklage überschritt, denn er hätte nicht die Toten beschuldigen sollen, ebensowenig das Wasser oder das Getreide oder die, welche noch geboren werden sollen, nebst anderen Nebensachen, die dort namhaft gemacht werden; aber mag dies hingehen, denn wenn sich der Zorn zum Oberherrn macht, so hat die Zunge keinen Gebieter und Aufseher mehr, der sie einschränken könnte. Da es sich nun also verhält, daß ein einzelner nicht ein Königreich, eine Provinz, Stadt, Republik oder ganzes Volk beschimpfen kann, so folgt daraus notwendig, daß man auch nicht darauf denken müsse, eine solche Beschimpfung zu rächen, da es durchaus keine ist; denn es wäre doch lächerlich, wenn sich die aus jenen Orten alle Tage herumschlagen wollten, die wohl von Gassenjungen und unverständigen Leuten wegen ihres Gewerbes die Kesselflicker, Rübenbauer, Seifensieder und dergleichen mehr genannt werden. Es wäre in der Tat höchst lächerlich, wenn alle diese würdigen Ortschaften sich zusammenrotteten und auszögen, um bei jedem noch so unbedeutenden Handel die Schwerter zu Posaunen ihres Zornes zu machen. Nein, nein, Gott läßt dergleichen nicht zu und hat es verboten. Weise Männer sowie gut eingerichtete Staaten sollen wegen vier Ursachen die Waffen ergreifen und das Schwert entblößen, und ihre Leiber, ihr Leben und ihr Vermögen daransetzen. Die erste Ursache ist, um den katholischen Glauben zu verteidigen; die zweite, ihr Leben zu verteidigen, welches sowohl die natürlichen als göttlichen Gesetze erlauben; die dritte, zur Verteidigung ihrer Ehre, Familie und ihres Vermögens; die vierte, im Dienste ihres Königs in einem gerechten Kriege; und wenn man will, kann man noch die fünfte hinzufügen (die man als die zweite rechnen kann), zur Verteidigung des Vaterlandes. Diesen fünf Hauptursachen kann man noch einige beifügen, die uns auch mit Grund und Vernunft die Pflicht auflegen, zu den Waffen zu greifen; sie aber für Kleinigkeiten zu ergreifen und wegen solcher Dinge, die mehr lächerlich und lustig als beschimpfend sind, dabei scheint derjenige, welcher sie ergreift, aller Vernunft beraubt zu sein. Um so mehr, da eine ungerechte Rache zu nehmen (und gerecht kann durchaus gar keine sein) geradezu gegen den heiligen Glauben streitet, zu welchem wir uns bekennen, der uns befiehlt, unseren Feinden wohlzutun und diejenigen zu lieben, die uns hassen; ein Gebot, das, wenn es auch schwer zu erfüllen scheint, es doch nur für diejenigen ist, die weniger von Gott als von der Welt, weniger vom Geiste als vom Fleische halten, denn Jesus Christus, Gott und wahrhaftiger Mensch, der niemals log, noch jemals lügen konnte, indem er unser Gesetzgeber ist, sagt, sein Joch sei sanft und seine Last sei leicht, und darum konnte er uns kein Gebot geben, dem man unmöglich gehorchen konnte. Also, meine sehr werten Herren, seid ihr sowohl durch göttliche wie durch menschliche Gesetze verpflichtet, euch zufrieden zu geben.«
    »Der Teufel soll mich holen«, sagte Sancho zu sich selber, »wenn mein Herr nicht ein Tologe ist, und wenn er es nicht ist, so gleicht er ihm doch, wie ein Ei dem anderen.«
    Don Quixote schöpfte ein wenig Atem, und da er sah, daß alle still blieben, wollte er in seiner Rede fortfahren, und hätte es auch

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