Sternenschweif 29 - Die goldene Muschel
1
„Meint ihr, eine von uns hat Glück?“, fragte Jessica unsicher.
„Ich bestimmt nicht“, seufzte Mel. „Ich ziehe immer nur Nieten.“
„Wenn es heute nicht klappt, dann vielleicht nächstes Jahr“, versuchte Laura die Freundinnen aufzumuntern. Ihr Kopf glühte. Die Luft in dem kleinen Zimmer war erfüllt mit dem Stimmengewirr der Mädchen, dem Duft von Pflaumen-Zimttee und selbst gebackenen Keksen. Rebecca,die Leiterin des Ponyclubs, hatte sich Mühe gegeben, alles gemütlich herzurichten. Doch es wurde kaum etwas gegessen oder getrunken. Seit sich die zwanzig Mitglieder des Clubs bei Rebecca versammelt hatten, redeten alle nur aufgeregt durcheinander. Der Grund ihres Treffens war aber auch spannend genug. Zum ersten Mal war dieses Jahr ein Austauschprogramm mit einem Ponyclub am Meer geplant. Fünf Mitglieder von Lauras Club durften dort den Jahreswechsel verbringen. Und wer diese glücklichen fünf sein würden, sollte nun das Los entscheiden!
Laura kannte das Meer bislang lediglich von Bildern. Bei ihr zu Hause gab es nur Wiesen, Wälder und Berge. Zu gern hätte sie einmal das Meer gesehen und ihre Nase in die salzige Luft gehalten. Aber das wollten alle anderen Mitglieder des Ponyclubs natürlich auch. Deswegen konnte nur das Los entscheiden, wer mitfahren durfte. Rebecca hatte einen kleinen Stoffsack vorbereitet. Darin befanden sich zwanzig zusammengefaltete Papierlose. Fünfzehn von ihnen waren innen weiß. Auf die restlichen fünf hatte Rebecca eine kleine Muschel gemalt. Wer eine Muschel zog, durfte ans Meer fahren.
„So, ich schlage vor, wir beginnen mit der Verlosung!“, rief Rebecca. Schlagartig wurde es mucksmäuschenstill im Raum.
„Ich gehe jetzt herum und jeder darf einmal in das Säckchen greifen“, fuhr Rebecca fort. „Wenn alle ein Los haben, öffnen wir es gemeinsam. Auf geht’s!“
Damit hielt sie dem Mädchen, das neben ihr stand, den Beutel mit den Losen hin. Sie ging reihum bis jeder einen der kleinen weißen Zettelchen in der Hand hielt. Die Mädchen begannen zögernd, sie zu entfalten. Laura hörte hier und da ein: „Schade“, oder: „War wohl nichts.“ Auch ihre beiden Freundinnen Jessica und Mel hatten Nieten gezogen. Mit klopfendem Herzen klappte Laura die letzte Ecke ihres Loses zur Seite. Da! Tatsächlich! Ungläubig starrte sie auf das Stück Papier. In schillerndem Blau prangte dort das Bild einer Muschel!
„Laura, was ist denn?“, fragte Mel.
Stumm zeigte Laura den Freundinnen ihr Los. Als sie die Muschel sahen, weiteten sich ihre Augen vor Überraschung.
„Du darfst ans Meer!“, rief Mel.
„Hast du ein Glück!“, freute sich auch Jessica.
Laura konnte immer noch nichts sagen. Erst langsam schien sie zu begreifen, dass sie tatsächlich gewonnen hatte. Und das Beste daran war: Sie reiste nicht allein. Sternenschweif durfte mitfahren! Laura brannte darauf, ihm alles zu erzählen!
Als Laura nach Hause kam, spielte ihre Mutter gerade mit Lauras kleiner Schwester Sophie. Mit strahlendem Gesicht brachte diese den Holzturm, den Mrs Foster aufgeschichtet hatte, zum Einstürzen.
„Stell dir vor, ich darf mit Sternenschweif ans Meer!“, sprudelte Laura sofort los.
Ihre Mutter bekam große Augen. „Dann hast du wirklich das große Los gezogen?“,fragte sie ungläubig. Laura nickte glücklich.
„Da hast du ja riesiges Glück gehabt!“, sagte Mrs Foster begeistert und drückte ihre Tochter fest an sich. „Dann wirst du endlich zum ersten Mal das Meer sehen, wie schön!“ Sie schwieg kurz. „Aber du wirst dann auch zum ersten Mal allein weg sein von zu Hause und bei fremden Leuten leben. Ist dir da nicht ein bisschen mulmig zumute?“
„Nein, gar nicht“, antwortete Laura prompt. „Ich bin ja nicht allein. Sternenschweif ist doch bei mir.“
Mrs Foster lachte. „Ach so, alles klar“, sagte sie. „Dann hoffe ich, dass er sich genauso auf das Meer freut wie du.“
Laura zog ihre Jacke wieder an. „Er weißnoch gar nichts davon“, erwiderte sie. „Aber ich gehe jetzt gleich zu ihm und werde ihm alles erzählen.“
„Tu das“, sagte Mrs Foster und fuhr Laura liebevoll durch die Haare. „Ich bin sicher, er wird jedes Wort verstehen.“
Laura grinste. Da hatte ihre Mutter gar nicht so Unrecht.
Mit großen Schritten stürmte sie zu Sternenschweif. „Wir fahren ans Meer!“, rief sie ihm schon von Weitem zu. „Nur du und ich!“ Sternenschweif schaute sie fragend an. Da erzählte ihm Laura alles. „Freust du dich?“, fragte
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