Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
den Gürtel reichte; seine Kleidung war ein weiterer Rock von schwarzem Tuch, denn da der Wagen selbst mit unzähligen Lichtern besteckt war, so konnte man auf ihm alles sehen und gut unterscheiden. Ihn begleiteten zwei häßliche Teufel, mit dem nämlichen Tuch bekleidet, die so scheußliche Gesichter hatten, daß Sancho, da er sie einmal gesehen hatte, die Augen zudrückte, um sie nicht zum zweiten Male zu erblicken. Als ihnen der Wagen nun gegenüberstand, richtete sich von seinem erhabenen Sitze der ehrwürdige Greis auf und sagte aufrecht stehend mit lauter Stimme: »Ich bin der weise Lirgandeo!« und hiermit fuhr der Wagen weiter, ohne daß man noch ein anderes Wort vernahm. Nach diesem kam ein anderer Wagen von derselben Art, mit einem anderen thronenden Greise, der den Wagen anhalten ließ und mit ebenso ernster Stimme rief wie jener: »Ich bin der weise Alquife, der vertraute Freund der Urganda der Unbekannten!« und so fuhr er weiter. Ihm folgte unmittelbar ein anderer Wagen; der aber auf dem Throne saß, war kein Greis wie die übrigen, sondern ein starker, widerwärtiger Kerl, der sich, als er herbeigekommen, aufrichtete wie die anderen und mit einer mehr rauhen und teufelmäßigen Stimme sagte: »Ich bin Arcalaus der Zauberer, Todfeind des Amadis von Gallia und seiner ganzen Verwandtschaft!« und so fuhr er weiter. Nicht weit davon machten diese drei Wagen halt, wodurch das widrige Knarren ihrer Räder aufhörte, nun vernahm man kein anderes Getöse als den Klang einer süßen und zusammenstimmenden Musik, worüber sich Sancho freute und es für ein gutes Zeichen hielt und dieses auch der Herzogin sagte, von der er sich durchaus nicht einen Schritt weit entfernte: »Gnädige Frau, wo Musik ist, da kann auch nichts Böses sein.«
    »Ebensowenig als wo Licht und Helligkeit ist«, antwortete die Herzogin.
    Worauf Sancho versetzte: »Das Feuer gibt Licht, und Brände verbreiten Helligkeit, wie wir es hier um uns an denen gewahr werden, die uns wohl noch verbrennen können; aber die Musik ist immer ein Zeichen von Jubel und Fröhlichkeit.«
    »Es wird sich zeigen«, sagte Don Quixote, der alles gehört hatte, und er sprach richtig, wie es das folgende Kapitel lehrt.

35. Kapitel

    Fährt in der Weisung fort, welche Don Quixote wegen der Entzauberung der Dulcinea erhielt, nebst anderen wunderbaren Begebenheiten.
    Nach dem Takte der anmutigen Musik sahen sie einen sogenannten Triumphwagen sich näher kommen, von sechs grauen Maultieren gezogen, die mit weißen Leinendecken behängt waren, auf jedem Tiere saß ein Büßender, ebenfalls in Weiß gekleidet, mit einer großen brennenden Wachsfackel in der Hand. Der Wagen war zwei-, ja dreimal größer als die vorigen, und auf den Seiten, wie oben, befanden sich noch zwölf Büßende, so weiß wie der Schnee, alle mit ihren brennenden Fackeln, ein Anblick, der zugleich verwunderte und erschreckte. Auf einem erhabenen Thron saß eine Nymphe, die in viele Schleier von Silberstoff gehüllt war, durch welche unendlich viele goldene Flitterchen blinkten, wodurch die Kleidung, wenn nicht kostbar, so doch glänzend erschien; das Gesicht war mit einem feinen und durchsichtigen Zindel verhängt, so daß, ohne ihr Antlitz zu verbergen, man das Gesicht einer sehr schönen Jungfrau wahrnehmen konnte, ja die vielen Lichter machten es möglich, ihre Anmut sowie ihr Alter zu unterscheiden, welches dem Anschein nach die zwanzig noch nicht erreicht, aber auch nicht unter siebzehn stand. Neben ihr befand sich eine Gestalt, in einen weiten Talar gewickelt, der ihr bis zu den Füßen reichte, den Kopf in einem schwarzen Schleier verhüllt. Als dieser Wagen der Herzogin und Don Quixote gegenüberstand, verstummte sogleich die Musik der Flöten, Harfen und Lauten, die auf dem Wagen gespielt wurden, die Gestalt mit dem Gewande erhob sich, schlug es von beiden Seiten zurück und nahm den Schleier vom Angesichte hinweg, worauf man deutlich sah, daß es die Gestalt des Todes selbst war, entfleischt und entsetzlich, worüber Don Quixote zusammenfuhr und Sancho erschrak, auch das Herzogspaar einen Ausdruck von Grauen zeigte. Als sich dieser lebende Tod aufrecht gestellt hatte, sprach er mit schläfriger Stimme und nicht eben geläufiger Zunge folgendes:
Ich bin Merlin, von welchem die Geschichten
Erzählen, daß der Teufel mich erzeugte
(Wie unwahr, von den Zeiten doch bestätigt),
Fürst und Beherrscher jeglicher Magie,
Archiv der Wissenschaft des Zoroaster,
Ein Kämpfer mit den Jahren und

Weitere Kostenlose Bücher