Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
den Zeiten,
Die sich bemühn die Taten auszulöschen
Von jenen irrenden hochherz’gen Rittern,
Zu denen ich Freundschaft und Liebe trage.
Und obwohl sonst der anderen Zauberer,
Der anderen Mager oder Magier
Gesinnung pflegt hart, rauh und wild zu sein,
So ist die meine sanft und zart und lieblich,
Und wünscht nur Gutes aller Welt zu tun.
In Ditis dunkelvollen Höhlungen,
Wo meine Seele Unterhaltung fand,
Gewisse Kreis’ und Linien zu entwerfen,
Traf mich die Klagestimme von der schönen
Und hohen Dulcinea von Toboso:
Ich sah ihr Unglück, die Bezauberung
Und die Verwandlung aus feiner Dame
In Bauerndirne; dieses ging mir nah,
Und schließend meinen Geist ein in die Leere
Von diesem furchtbarn scheußlichen Gerippe,
Nachdem ich aufschlug hunderttausend Bücher
Von meiner niederträcht’gen Teufelskunst,
Komm’ ich zu künden, was vermitteln kann
Dies große Leiden, Unheil übergroß.
O Glorie du, Ruhm aller, die sich kleiden
Mit stählernem und diamantnem Rock,
Leuchtturm und Licht, Wegweiser, Stern und Führer
Von allen, die verlassend trägen Schlaf
Und müß’ge Federn, auszuüben sich
Bereiten jenes äußerst harte Handwerk
Der blutbedeckten schweren Last der Waffen:
Dir sag’ ich, Held, dir nimmermehr genug
Gepriesen nach Verdienst, dir, tapferer
Und minder nicht verständ’ger Don Quixote,
Du Glanz la Manchas, du Gestirn Hispaniens:
Daß in den vor’gen Zustand zu versetzen
Die hohe Dulcinea von Toboso
Es nötig tut, daß dein Stallmeister Sancho
Sich geb’ dreitausend und dreihundert Streiche
Auf seinen beiden mächt’gen Hinterteilen,
Der Luft entblößt, und zwar auf solche Weise,
Da sie ihn schmerzen, kränken und verdrießen.
Nur dadurch kann man sie des Leidens, stimmen
Die Stifter alle überein, entled’gen,
Und dies war meine Botschaft, meine Gnäd’gen.
»So soll mich«, rief jetzt Sancho, »kein Gedanke an die dreitausend Hiebe, ja nicht drei will ich mir geben, sowenig wie drei Dolchstiche. Hol doch der Teufel diese Art zu entzaubern! Ich weiß doch nicht, was mein Hinterer mit den Bezauberungen zu tun hat. So wahr Gott lebt, wenn der Herr Merlin keine andere Art ausgefunden hat, die Dame Dulcinea zu entzaubern, so kann sie sich nur verzaubert begraben lassen.«
»Ich will dich nehmen«, rief Don Quixote, »du Don Halunke, und dich an einen Baum binden, nackt wie dich deine Mutter geboren hat, und, hörst du, dir nicht dreitausend und dreihundert, sondern sechstausend und sechshundert Hiebe geben, und alle so vollwichtig, daß man dich dreitausend und dreihundert Büchsenschüsse weit soll schreien hören, und kein Wort erwidere, oder ich will dir die Seele aus dem Leibe reißen.«
Als Merlin dieses hörte, sprach er: »Dies darf nicht so geschehen, denn die Streiche, die der wackere Sancho bekommen soll, muß er freiwillig und nicht mit Gewalt erhalten, auch zu einer Zeit, wenn es ihm gefällig ist, denn es ist kein bestimmter Termin angesetzt; doch ist es vergönnt, daß er seine Geißelung auf die Hälfte herabsetzen darf, wenn er sich von einer fremden Hand streichen läßt, wenn sie auch etwas schwer niederfallen sollte.«
»Weder eine fremde noch eine eigene, weder schwer noch schwerlich«, versetzte Sancho; »gar keine Hand soll mich anrühren. Habe ich denn etwa die Dame Dulcinea von Toboso zur Welt gebracht, daß mein Hinterer das büßen soll, was ihre Augen gesündigt haben? Meinem Herrn, ei dem steht es zu (denn sie ist ein Teil von ihm, und er nennt sie alle Augenblicke mein Leben, meine Seele, seine Stütze und seinen Stab), der kann und muß sich für sie geißeln und allen nötigen Fleiß auf ihre Entzauberung wenden; aber daß ich mich geißeln sollte? Abernuncio.«
Kaum hatte Sancho diese Worte gesprochen, als sich die silberne Nymphe erhob, die neben dem Geiste des Merlin saß, den durchsichtigen Schleier aufhob und ein Gesicht zeigte, welches allen mehr als gewöhnlich reizend erschien, mit männlichem Anstande und einer nicht zu zarten Stimme sich gerade gegen Sancho Pansa wandte und sagte: »O du nichtsnutziger Stallmeister, du gemeine Seele, du Felsenherz, du mit dem Gemüt von Kieseln, mit Eingeweiden von Feuerstein! Wenn man dir, Spitzbuben, Henkersknecht, beföhle, daß du dich von einem hohen Turm herunterstürzen solltest; wenn man von dir, du Abschaum der Menschen, verlangte, daß du ein Dutzend Kröten, zwei Dutzend Eidechsen und drei Dutzend Schlangen essen solltest; wenn man dich überredete, dein Weib und deine Kinder mit einem mörderischen scharfen
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