Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
einer üblen Gesinnung, Züge, welche mit Eurem Rufe nicht übereinstimmen; gebt die Bänder heraus, oder ich fordere Euch auf Leben und Tod, ohne Furcht, daß schelmische Zauberer mich verwandeln oder mein Gesicht entstellen, wie sie es meinem Lakaien Tosilos getan haben, der mit Euch den Kampf unternehmen wollte.«
»Das verhüte Gott«, antwortete Don Quixote, »daß ich das Schwert gegen Eure durchlauchtige Person entblöße, von der mir so viele Gnade widerfahren ist, die Mützen sollen herausgegeben werden, weil Sancho sagt, daß er solche habe; was aber die Strumpfbänder betrifft, so ist es unmöglich, denn ich habe sie so wenig wie er bekommen, und wenn Eure Kammerfrau nur in allen Winkeln nachsucht, so wird sie solche gewiß finden. Ich, Herr Herzog, bin niemals ein Dieb gewesen, denke es auch in meinem ganzen Leben nicht zu sein, wenn Gott nicht seine Hand von mir abzieht. Diese Jungfrau spricht, wie sie selber sagt, als eine Verliebte, woran ich keine Schuld habe, und darum habe ich auch nicht um Verzeihung zu bitten, weder sie noch Eure Exzellenz, die ich anflehe, eine bessere Meinung von mir zu hegen und mir von neuem die Erlaubnis zu geben, meine Reise fortzusetzen.«
»Gott verleihe sie Euch so glücklich«, sagte die Herzogin, »Herr Don Quixote, daß wir immer glückliche Nachrichten von Euren Taten empfangen; und reist in Gottes Namen, denn während Ihr zögert, facht Ihr nur das Feuer im Busen der Jungfrauen an, welche Euch sehen, die meinige aber will ich so bestrafen, daß sie sich in Zukunft niemals wieder weder mit Mienen noch mit Worten vergehen soll.«
»Nur ein Wort, nicht mehr, mußt du noch anhören, o tapferer Don Quixote,« sagte hierauf Altisidora, »daß ich dich nämlich wegen der Entwendung der Strumpfbänder um Verzeihung bitte, denn bei Gott und meiner Seele, ich habe sie umgebunden, und ich bin so zerstreut wie jener, der auf dem Esel saß und ihn suchte.«
»Das sagt’ ich ja«, sprach Sancho, »ich bin wohl der Mann danach, einen Diebstahl zu begehen, denn wenn ich das wollte, so war es mir nur ein Spaß, es in meiner Statthalterschaft mit der besten Gelegenheit zu tun.«
Don Quixote neigte das Haupt und machte dem Herzogspaar und allen Umstehenden eine Verbeugung, worauf er den Rosinante umlenkte und, indem ihm Sancho auf dem Grauen folgte, das Schloß verließ und den Weg nach Saragossa einschlug.
58. Kapitel
Enthält, wie sich so viele Abenteuer über Don Quixote ergossen, daß eins dem anderen keine Zeit ließ.
Als Don Quixote sich im freien Felde sah, von den Bestürmungen der Altisidora erlöst, war es ihm, als wenn er sich wieder in seinem Elemente befinde, seine Lust erwachte von neuem, die Bahn der Ritterschaft zu verfolgen, und indem er sich zu Sancho wandte, sagte er: »Die Freiheit, Sancho, ist eins der köstlichsten Geschenke, welches der Himmel nur immer den Menchsen verliehen hat, mit ihr dürfen sich weder die Schätze vergleichen, welche die Erde verschließt, noch welche das Meer bedeckt, für die Freiheit wie für die Ehre kann und soll man das Leben wagen, und als ihr Gegenteil ist die Sklaverei das größte Unglück, welches dem Menschen zustoßen kann. Ich sage dieses, Sancho, weil du wohl die Pracht und den Überfluß gesehen hast, welche uns in diesem Schlosse zu Gebote standen, das wir verlassen haben, allein mitten unter diesen wohlschmeckenden Gerichten und kühlen Getränken schien es mir doch, ich sei vom Hunger umlagert, weil ich nichts mit derjenigen Freiheit genoß, mit der ich es getan hätte, wenn alles das meinige gewesen wäre, denn die Verbindlichkeiten, die uns erzeigte Wohltaten auflegen, sind ebenso viele Fesseln, welche die Freiheit der Seele beschränken. Glücklich ist derjenige, welchem der Himmel sein Brot gibt, ohne daß er wem anders als dem Himmel Dank schuldig ist!«
»Aber trotz allem«, sagte Sancho, »was Ihr da gesagt habt, wäre es nicht gut, wenn wir für die zweihundert Dukaten nicht dankbar wären, die mir der Haushofmeister des Herzogs in einem Beutel gegeben hat und die ich als Stärkung und Pflaster auf meinem Herzen trage, um für alle Fälle etwas zu haben; denn wir finden wohl nicht immer Schlösser, wo man uns verpflegt, sondern geraten auch leicht in Schenken, wo sie uns prügeln.«
Unter diesen und anderen Gesprächen zogen der irrende Ritter und sein Stallmeister fort, als sie, nachdem sie ungefähr eine Meile gemacht hatten, auf dem Grase einer grünen Wiese ungefähr zwölf Menschen, die wie
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