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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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Christ, Sancho«, sagte Don Quixote bei diesen Worten, »denn du vergissest niemals eine Beleidigung, die dir einmal widerfahren ist; edlen und großmütigen Seelen aber ist es anständiger, auf dergleichen Nichtswürdigkeiten keineswegs Rücksicht zu nehmen. Auf welchem Beine bist du lahm? Welche Rippe hast du zerbrochen? Wo den Kopf zerschlagen? Daß du diesen Spaß gar nicht wieder vergessen kannst? Denn beim Lichte den Vorfall besehen, war er nur Spaß und Zeitvertreib, und hätte ich ihn anders genommen, so wäre ich schon längst umgekehrt und hätte, um dich zu rächen, mehr Unheil angerichtet, als die Griechen wegen der geraubten Helena stifteten, die, wenn sie zu dieser Zeit oder Dulcinea zu jener Frist gelebt hätte, überzeugt sein dürfte, nicht den großen Ruf der Schönheit erlangt zu haben, den sie nun davongetragen hat.«
    Bei diesen Worten schickte er einen tiefgeholten Seufzer in die Luft und Sancho antwortete: »So mag’s denn für Spaß gelten, da aus der Rache kein Ernst werden wollte; ich weiß aber doch auch, was Ernst und was Spaß ist, und ich weiß auch, daß der Spaß mir niemals aus dem Gedächtnisse kommen wird, wie er sich auch auf ewig meinen Schultern eingeprägt hat. Wir wollen aber von was anderem reden und nun sagt mir doch, gnädiger Herr, was machen wir mit dem Apfelschimmel, der mir wie ein grauer Esel aussieht, den der arme Kerl uns hier überlassen hat, den Ihr überwunden habt? Denn nach der Art, wie er sich auf die Beine machte und in Gottes Welt hineinlief, läßt sich wohl schließen, daß er nicht Lust hat, jemals umzukehren, und bei meinem Barte, der Graue ist wacker.«
    »Es war niemals meine Gewohnheit«, sagte Don Quixote, »die zu berauben, die ich überwinde, auch ist es keine Rittersitte, die Pferde den Überwundenen zu nehmen und sie unberitten zu lassen, wenn es sich nicht etwa fügt, daß der Sieger im Kampfe sein eigenes Roß verlor, dann ist es ihm allerdings vergönnt, das des Besiegten zu nehmen, als einen Preis, der ihm nach dem Kriegsrechte zusteht. Also, Sancho, laß dieses Roß oder diesen Esel, oder wofür du es halten magst, denn sowie uns sein Herr in der Entfernung sehen wird, kehrt er ohne Zweifel zu ihm zurück.«
    »Gott weiß, wie gern ich ihn mitnehmen möchte«, sagte Sancho, »oder wenigstens gegen meinen austauschen, der mir nicht so wacker scheint! Wie sind doch die Gesetze der Ritterschaft so genau, daß man nicht einmal einen Esel gegen den anderen austauschen darf; ich möchte aber doch wissen, ob ich nicht zum allerwenigsten das Sattelzeug austauschen dürfte.«
    »Hierin bin ich nicht sonderlich sicher«, sagte Don Quixote, »im Zweifelsfalle aber, bis ich besser unterrichtet sein werde, entscheide ich so, daß du es austauschen magst, wenn du dessen nämlich im äußersten Grade bedürftig bist.«
    »So zum äußersten bedürftig«, antwortete Sancho, »daß ich’s für meine eigene Person nicht nötiger hätte.« Mit dieser Erlaubnis tauschte er die Kleider sogleich um und zierte seinen Esel so köstlich, daß er ihm wohl zehnmal besser schien als vorher. Nachdem dieses geschehen war, frühstückten sie mit dem, was ihnen noch als Beute von dem Küchenesel übriggeblieben war und tranken von dem Wasser des Stromes, der die Walkmühlen trieb, ohne den Kopf nach diesen hinzudrehen; so heftig war der Haß, den sie wegen ihrer Furcht gegen die Mühlen gefaßt hatten. Nachdem sie ihren Zorn und die Schwermut ertränkt hatten, stiegen sie wieder auf und ohne einen bestimmten Weg einzuschlagen (weil es irrenden Rittern gut ansteht, sich keinen festen Weg vorzusetzen), zogen sie die Straße, die Rosinante erwählte, dieser Wahl folgte sein Herr und auch der Esel, der immer nachging, wohin sein guter Freund und trefflicher Gesellschafter führte. Sie gerieten demungeachtet auf die große Straße und zogen ihr auf gut Glück nach, ohne sich eine Absicht vorzusetzen.
    Indem sie so fortzogen, sagte Sancho zu seinem Herrn: »Gnädiger Herr, wollt Ihr mir nicht vielleicht die Erlaubnis geben, ein wenig mit Euch zu schwatzen? Denn seit mir das harte Gebot, stillzuschweigen, auferlegt ist, sind mir wohl an vier Dinge im Magen verdorben und jetzt habe ich eins auf der Zungenspitze, was ich nicht gern möchte umkommen lassen.«
    »So sprich es aus«, sagte Don Quixote, »und befleißige dich der Kürze, denn das Weitläufige macht nie Vergnügen.«
    »Ich sage also, gnädiger Herr«, sprach Sancho, »daß ich seit etlichen Tagen meine Betrachtungen

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