Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
herrlichen Ruhm erlangen, der bis an den Hof erschalle. Mir fehlt aber auch noch ein anderes Ding, denn gesetzt, ich finde einen König mit Krieg und einer schönen Tochter, und daß ich unglaublichen Ruhm im ganzen Universum erhalten habe, so weiß ich nicht, wie es sich ausweisen soll, daß ich von königlichem Geschlecht abstamme, oder wie ich wenigstens ein Nebenverwandter eines Kaisers sein kann. Denn der König wird mir seine Tochter niemals zur Gemahlin geben wollen, wenn nicht nebenher auch dieses berichtigt ist, mögen gleich meine glorreichen Taten noch größeren Ruhm verdienen, so werde ich dieses Mangels halber den Lohn meines tapferen Armes verlieren. Ich bin freilich wohl ein Edelmann aus einem bekannten Geschlechte, ich besitze ein Eigentum, und meine Einnahme erstreckt sich wohl über fünfhundert Taler; es mag auch wohl sein, daß der Weise, der meine Geschichte niederschreibt, meine Verwandtschaft und Abkunft dermaßen auseinandersetzt, daß erweislich wird, wie ich fünfter oder sechster Urenkel des Königs bin: denn du mußt wissen, Sancho, wie es zwei Arten von Geschlechtern in der Welt gibt, eine Art, die ihre Herkunft von Fürsten und Monarchen ableitet, die aber die Zeit nach und nach erniedrigt hat, so daß sie sich endlich gleichsam in der Basis einer Pyramide verlieren; andere entspringen aus niedrigem Geschlechte und steigen und steigen nach und nach, bis sie vornehme Leute werden; der Unterschied zwischen beiden liegt also darin, daß jene waren, was sie nicht mehr sind, und diese sind, was sie nicht waren, und zu diesen mag ich gehören, weil es sich enthüllen wird, daß mein Ursprung groß und berühmt ist, wobei sich dann auch der König, mein Schwiegervater, zufriedenstellen muß. Will er aber durchaus nicht, so wird mich die Infantin auf solche Weise lieben, daß sie ihrem Vater zum Trotze, wenn sie auch bestimmt wüßte, ich sei der Sohn eines Tagelöhners, mich zum Herrn und Gemahl annehmen wird; wo nicht, so raube ich sie dann und entführe sie, wohin es mir gefällt, bis Zeit oder Tod endlich den Zorn ihrer Eltern vertilgen.«
»Es paßt hier schön«, sagte Sancho, »was manche Schelme sagen: Bitte das nicht im Guten, was du dir mit Gewalt nehmen kannst; man könnte auch noch besser sagen: Das Rauben eines Spitzbuben ist besser als das Bitten eines braven Mannes; ich sage das nur, weil, wenn der Herr König, Euer Schwiegervater, sich nicht zum Ziele legen und Euch die gnädige Infantin übergeben will, so tut Ihr freilich am besten, sie zu rauben und wegzunehmen. Das Unglück ist nur, daß, bis wieder Friede gemacht ist und Ihr im Königreiche ruhig sitzet, der arme Stallmeister unterdes mit leeren Backen auf den Lohn passen muß, wenn nicht etwa die Jungfrau, die Vermittlerin, die seine Gemahlin werden soll, mit der Infantin wegläuft und er sein Unglück mit ihr teilt, bis es der Himmel anders beschert; denn ich glaube, sein Herr ist doch imstande, sie ihm gleich zur rechtmäßigen Frau zu geben.«
»Niemand kann ihm solches verweigern«, sagte Don Quixote.
»Damit es aber so komme«, antwortete Sancho, »müssen wir brav zu Gott beten und das Glück dann gehen lassen, wohin es uns führen will.«
»Gott wird es fügen«, antwortete Don Quixote, »wie ich es wünsche und du, Sancho, es brauchst, und gemein bleibe der, der sich für gemein hält.«
»Das weiß Gott«, sagte Sancho, »daß ich ein alter Christ bin, und mehr braucht’s nicht, um Graf zu sein.«
»Überflüssig genug ist es«, sagte Don Quixote, »und wärst du es nicht, so wäre auch dieses ohne Bedeutung, denn wenn ich König bin, so kann ich dir den Adel erteilen, ohne daß du ihn kaufst oder durch Verdienste erwirbst, weil, wenn ich dich zum Grafen mache, ich dich zugleich zum Ritter mache, und sie mögen sich dann stellen, wie sie wollen, so müssen sie dir denn durchaus deinen gnädigen Herrn geben.«
»Und denkt nur nicht, daß ich mich nicht in Hauterdiät setzen werde«, sagte Sancho.
»Auktorität und nicht Hauterdiät mußt du sagen«, erwiderte sein Herr.
»Auch gut«, antwortete Sancho Pansa, »ich sage nur, daß ich mich schon dareinschicken will, denn mein Seel’, ich war nur einmal Hochzeitbitter, und es stand mir so gut, daß alle sagten, ich könnte wohl gar einen Küster vorstellen. Wie wird es aber vollends werden, wenn sie mir den Herzogsmantel um die Schultern hängen oder ich ganz voll Gold und Perlen sitze wie ein fremder Graf! Gewiß kommen sie hundert Meilen her, um mich nur
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