Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Sancho Pansa, »öffentlich am Pranger gestanden haben.«
»Freilich«, versetzte der Ruderknecht, »und sie haben es ihm darum getan, weil er ein Mittler für das Ohr und auch für die übrigen Gliedmaßen gewesen ist, dieser Ritter ist nämlich ein Kuppler und hat nebenher auch einige Streiche als Zauberer ausgeübt.«
»Hättet Ihr nicht dieser Streiche erwähnt«, sprach Don Quixote, »so würde ich nicht einsehen, wie er als bloßer Liebesmittler sich die Strafe zugezogen hätte, auf den Galeeren zu rudern, sondern man hätte ihn vielmehr zum General derselben ernennen sollen, denn also müssen die Dienste eines Liebesmittlers belohnt werden; dieses Amt erfordere verständige Leute und ist in einem gut eingerichteten Staate von äußerster Notwendigkeit, so wie es immer Leute von gutem Herkommen ausüben müßten. Man sollte auch Aufseher und Examinatoren über sie setzen, wie es bei den übrigen Ämtern geschehen ist, mit Unterbedienten, wie die Mäkler an der Börse sind. Auf diese Weise würde vielen Übeln vorgebeugt werden, die daher entstehen, daß sich unwissende und einfältige Menschen mit diesem Amte befassen, wie es mehr oder weniger alle die alten Weiber, schlechte Pagen und Lustigmacher sind, die wenige Jahre und noch weniger Erfahrung besitzen und die bei wichtigen Vorfällen, oder, wenn es vonnöten ist, einen gescheiten Anschlag zu machen, dastehen, als wenn ihnen der Verstand verregnet wäre, und kaum wissen, welche ihre rechte oder linke Hand ist. Ich könnte hierüber noch weitläufiger sein und Gründe anführen, warum es gut sei, diejenigen auszuwählen, die im Lande diesem Amte vorstehen müßten, es ist aber hier nicht dazu der schickliche Ort, ich werde es aber einmal denen vortragen, die Einfluß haben und die Sache einrichten können. Ich will nur noch hinzufügen, daß das Mitleid, welches diese silberweißen Haare, dieses ehrwürdige Gesicht und diese schwere Strafe, nur für Liebesvermittelung bei mir erregten, sehr durch den Zusatz der Zauberei vermindert ist; ob ich gleich einsehe, daß keine Zauberei in der Welt vermögend ist, den Willen zu verändern und zu bezwingen, wie einige Einfältige glauben, denn unser Geist ist frei, und weder Kräuter noch Gesänge können ihn überwältigen. Was alte einfältige Weiber und nichtswürdige Schelme wohl zu tun pflegen, ist, daß sie Gifte mischen, die den Menschen töricht machen, womit sie meinen, so gewaltig zu sein, Liebe zu erregen, da es doch, wie gesagt, unmöglich ist, den freien Willen zu zwingen.«
»So ist es auch«, sagte der wackere Greis, »und wahrhaftig, gnädiger Herr, ob ich gleich in der Zauberei unschuldig war, so konnte ich doch das Liebesmitteln nicht leugnen, ich glaubte aber damit nichts Böses zu tun, denn meine lautere Absicht war, daß alle Leute fröhlich sein möchten, in Ruhe und Frieden leben, ohne Hader und Zwietracht; aber dieser gute Wille hat mir nichts geholfen, ich muß dahin, von wo ich gewiß nicht wiederkomme, denn ich bin schon alt und habe außerdem noch ein Übel in der Blase, das mir keinen Augenblick Ruhe läßt.«
Er fing hierauf von neuem an zu weinen, wodurch Sancho so gerührt ward, daß er vier Realen aus dem Busen zog und sie ihm als ein Almosen reichte. Don Quixote ging weiter und fragte den Folgenden nach seinem Vergehen, der viel fröhlicher als der vorige antwortete: »Ich gehe dorthin, weil ich zu übermäßig mit zwei Muhmen scherzte und mit zwei anderen Muhmen, die mir nicht verwandt waren, kurz, ich trieb den Scherz so ins Mannigfaltige, daß durch all dies Scherzen eine so verworrene Verwandtschaft entstand, daß sie kein Genealogist wieder ins reine zu bringen vermag. Alles kam aus, Freunde fehlten, Geld mangelte, so geschah’s, daß ich den Handel verlor und auf sechs Jahre zu den Galeeren verdammt wurde. Mir ist es recht, es ist meine Strafe, ich bin jung, das Leben geht fort, und nur mit dem Tode ist alles aus. Wollt ihr, Herr Ritter, diesen armen Schelmen eine Gabe mitteilen, so wird es Euch Gott im Himmel belohnen, und wir auf Erden wollen sorgfältig in unseren Gebeten zu Gott bitten, daß er Euch Leben und Wohlsein in so vollem Maße schenke, wie es Euer edler und trefflicher Charakter verdient.«
Dieser war wie ein Student gekleidet, und einer von der Wache sagte, daß er ein großer Redner und geschickter Lateiner sei. Diesen allen folgte ein Mann von guter Bildung, wohl dreißig Jahre alt, der mit dem einen Auge nach dem anderen schielte: die Weise, wie er
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