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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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und alle Urteilssprüche von jenen Nichtswürdigen bei uns, aber wir haben jetzt keine Zeit, sie auszupacken und zu lesen, der Herr darf sie nur selbst befragen, sie werden ihm auf alles Antwort geben, denn diese Menschen tun und sprechen gern Nichtswürdigkeiten.«
    Mit dieser Erlaubnis, die sich Don Quixote würde genommen haben, wenn man sie ihm nicht gegeben hätte, ging er nach der Kette und frage den vordersten, um welcher Sünden willen er in so schlechtem Aufzuge ginge. Dieser antwortete, daß er als ein Verliebter so ginge.
    »Und für nichts anders?« versetzte Don Quixote.«Bringt man die Verliebten nach den Galeeren, so hätte ich schon seit langem dorten rudern müssen.«
    »Meine Liebe ist nicht von der Art, wie der Herr meint«, versetzte der Ruderknecht, »meine Leidenschaft war, daß ich einen Korb mit Wäsche mit so heftiger Zärtlichkeit liebte und ihn so kräftiglich umfaßte, daß ich ihn noch nicht mit meinem Willen aus den Armen lassen würde, wenn ihn mir die Justiz nicht mit Gewalt entrissen hätte. Ich war auf der Tat ertappt, eine lange Untersuchung war unnötig, die Sache machte sich bald, ich bekam zweihundert Streiche auf den Buckel, ward zur Zugabe drei Sommer den Wasserenten gewidmet, und damit hat das Ding ein
    Ende.«
    »Was sind Wasserenten?« fragte Don Quixote.
    »Wasserenten sind die Galeeren«, antwortete der Ruderknecht, ein Bursche von ungefähr vierundzwanzig Jahren und, wie er sagte, seiner Landsmannschaft nach ein Felsenherzer.
    Don Quixote tat dem zweiten die nämliche Frage, der aber keine Antwort gab, sondern still und schwermütig war; der erste aber antwortete für ihn und sagte: »Dieser, gnädiger Herr, geht mit uns, weil er ein Singvogel ist, ich meine ein Musikus und Sänger.«
    »Wie das?« fragte Don Quixote, »Musiker und Sänger werden auf die Galeeren geschickt?«
    »Nichts anders«, antwortete der Ruderknecht, »kein böser Ding auf der Welt, als in der Not singen.«
    »Ich habe vielmehr sagen hören«, sprach Don Quixote, »daß, wer singt, sein Unglück bezwingt.«
    »Wie es kommt«, sagte der Ruderknecht, »denn wer einmal singt, muß zeitlebens ächzen.«
    »Das ist mir unverständlich«, sagte Don Quixote; einer von der Wache aber antwortete: »Herr Richter, in der Not singen bedeutet unter diesen rechtlichen Leuten auf der Tortur bekennen; dieser Sünder bekam die Tortur und bekannte, er ist ein Viehdieb und nach seinem Geständnisse auf sechs Jahre auf die Galeere verurteilt, außer daß er schon zweihundert Hiebe auf den Rücken bekommen hat; er ist immer nachdenklich und traurig, weil ihn die übrigen Schelme, die mit ihm gehen, schlecht behandeln, ihn verachten und verspotten, weil er bekannt und nicht das Herz gehabt hat, nein zu sagen, denn sie sagen, ein Nein habe nur zwei Buchstaben mehr als ein ja, und daß ein Delinquent kein besser Glück wünschen könne, als daß auf seiner Zungenspitze sein Leben oder sein Tod schwebe, wenn keine anderen Zeugen und Beweise gegen ihn sind; und so ganz haben sie meiner Meinung nach nicht unrecht.«
    »So scheint es mir ebenfalls«, sagte Don Quixote und wandte sich zum dritten, den er wie die vorigen befragte, der auch behende und mit großer Bereitwilligkeit antwortete: »Ich gehe auf fünf Jahre zu den allerliebsten Wasserenten, weil mir zehn Dukaten mangelten.«
    »Zwanzig wollte ich herzlich gern geben«, sagte Don Quixote, »um Euch aus Eurem Unglücke zu lösen.«
    »Das kommt mir vor«, antwortete der Ruderknecht, »als wenn einer mitten auf der See Geld hätte und doch Hungers sterben müßte, weil er nirgends einkaufen kann, was er braucht; hätte ich diese zwanzig Dukaten zur rechten Zeit gehabt, die Ihr mir jetzt anbietet, so hätte ich damit die Feder des Schreibers geschmiert und den Kopf meines Sachwalters so aufgeklärt, daß ich mich heute mitten auf dem Platze von Zocodover in Toledo befinden könnte und nicht hier wie ein Hund angekoppelt zu gehen brauchte; aber Gott ist mächtig, und man muß Geduld haben.«
    Don Quixote kam zum vierten, einem Manne mit einem ehrwürdigen Gesichte, dem ein silberweißer Bart bis auf die Brust herunterhing; als er diesen nach der Ursache fragte, aus der er fortgeführt würde, fing er an zu weinen und antwortete nichts. Aber der fünfte Gefangene diente zu seinem Dolmetscher und sagte: »Dieser ehrwürdige Mann kommt auf vier Jahre auf die Galeeren, nachdem er vorher seinen Umzug zu Pferde und in großer Pracht gehalten hat.«
    »Also wird er wohl«, sagte

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