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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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und Rückenharnisch ab, konnten es aber mit aller Arbeit nicht dahin bringen, die Halsberge frei zu machen und den nachgeahmten Helm abzunehmen, der mit grünen Bändern unter dem Halse festgebunden war, und von denen sie die Knoten ohne Schnitt nicht aufzulösen vermochten. Darein aber wollte er keinesweges willigen, er blieb also den ganzen Abend in seinem Helme und stellte die anmutigste, seltsamste Figur dar, die man sich nur einbilden kann. Er meinte, daß diejenigen, die ihn entwaffneten, vornehme Damen und Gebieterinnen aus einem Schlosse wären, und sagte daher mit vielem Anstande:

    »Niemals ward ein edler Bote
So bedient von Damen süß
Als der edle Don Quixote,
Als er seine Heimat ließ.
Zarte Mädchen pflegten ihn,
Prinzessin'n sein Rösselin
    oder Rozinante, denn dies, meine Gebieterinnen, ist der Name meines Pferdes, und ich heiße Don Quixote von la Mancha. Ich sollte mich nicht zu erkennen geben, bis meine Tathandlungen in Eurem Dienste mich kenntlich machten, aber diese alte Romanze von Lanzarote, die sich auf meinen gegenwärtigen Zustand schickt, hat mich bewogen, meinen Namen vor der Zeit zu nennen; aber es wird die Zeit kommen, wann Eure Hoheit mir gebieten und ich gehorchen soll und wann die Tapferkeit meines Arms den Willen, Euch dienstbar zu sein, beurkunden wird.« Die Mädchen, die solcher rhetorischen Figuren ungewohnt waren, antworteten nicht darauf, sondern fragten ihn nur, ob er nicht etwas zu essen begehre. »Jetzt etwas zu speisen wäre gut«, antwortete Don Quixote; »denn soviel ich einsehe, bedarf ich dessen ungemein.« Es war gerade Freitag und in der ganzen Schenke nichts als etwas Stockfisch, den die Leute in dieser Gegend Föhr nannten. Man fragte ihn also, ob er vielleicht beliebe, Föhrchen zu speisen, denn man könne ihm keinen andern Fisch zu essen reichen. Don Quixote, der an Forellen dachte, antwortete: »Wenn es viele Forellchen sind, so können sie eine Forelle vorstellen, denn es läuft auf eins hinaus, ob mir jemand acht Realen einzeln gibt oder ein einziges Stück von achten; und um so besser, da es zutreffen kann, daß es sich mit diesen Forellchen verhält wie mit dem jungen Kalbe, welches dem Rinde vorzuziehen, so wie auch das Zicklein zarter ist als der Bock ; aber es sei, was es wolle, so erscheine es sogleich, denn die Beschwer und Waffenlast können nur durch Erquickung des Innern ertragen werden.« Sie setzten also den Tisch, der Frische wegen, vor die Tür der Schenke, und der Wirt führte ein Stück des schlecht geweichten und übel gekochten Stockfisches auf, nebst einem Brot, schwarz und schmutzig wie seine Waffen. Es war ungemein lächerlich, ihn essen zu sehen, denn da ihn der Helm und das Visier hinderten, konnte er mit den Händen nichts zum Munde führen, wenn es ihm nicht ein andrer gab und hinein steckte. Eine der Damen bediente ihn auf diese Weise. Ihm aber zu trinken zu reichen war unmöglich und wäre unmöglich geblieben, wenn der Schenkwirt nicht ein Rohr ausgehöhlt, ihm das Ende in den Mund gesteckt und durch das andere den Wein eingegossen hätte. Dies alles ertrug er geduldig, um nicht die Bänder seines Helmes zerschneiden zu lassen.
    Indem die Sachen so standen, geschah es, daß ein Schweinschneider in die Nähe der Schenke kam und, indem er sich näherte, vier- oder fünfmal auf seiner Pfeife blies. Dies bestätigte Don Quixote völlig darin, daß er sich in einem berühmten Kastell befinde, daß man ihn mit Musik bediene, der Stockfisch Forelle sei, das Brot feine Semmel, die Huren Damen und der Schenkwirt Kastellan des Kastells; und somit hielt er den Anfang seines Auszugs für glücklich genug. Was ihn nur quälte, war, daß er noch nicht zum Ritter geschlagen sei und er sich mithin nicht gesetzmäßig in ein Abenteuer einlassen dürfe, ohne den Orden der Ritterschaft empfangen zu haben.

    3. KAPITEL
    Wird erzählt die zierliche Weise, wie Don Quixote zum
    Ritter geschlagen wurde

    Von diesen Gedanken also beunruhigt, ließ er seine magre und schlechte Abendmahlzeit nicht lange währen; als er sie geendigt, rief er den Wirt, mit dem er sich im Stalle verschloß, sich vor ihm auf die Knie niederließ und sprach: »Niemals werde ich mich von hier aufheben, tapfrer Ritter, bis Eure Gütigkeit mir eine Gabe bewilligt hat, um die ich flehe und die Euch zum Ruhme und der ganzen Menschheit zum Nutzen gereichen wird.« Als der Wirt seinen Gast zu seinen Füßen sah und dergleichen Reden vernahm, betrachtete er ihn mit Verwunderung, ohne zu

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