Don Quixote
verdienten, und so schön, als sich der Putz, mit edler Pracht gepaart, erweisen kann. Meine Angst und Verwirrung ließen es nicht zu, ihren Anzug genauer zu betrachten, ich merkte nur die Farben Rot und Weiß und den Glanz der Edelsteine, die auf dem Kopfe schimmerten wie auf ihrem ganzen Kleide, wodurch die seltene Schönheit ihrer glänzenden goldenen Haare noch erhöht wurde, so daß sie mit den funkelnden Steinen und dem Schimmer von vier großen Lichtern, die im Saale waren, wetteiferten und ihr Strahl dennoch den Augen heller dünkte. O du Gedächtnis, Todfeind meiner Ruhe! Wozu nützt es, mir noch jetzt die unvergleichliche Schönheit meiner angebeteten Feindin vorzustellen? Wär es, grausames Gedächtnis, nicht besser, daß du mir vorstelltest, was ich damals tat, damit ich, von so unendlicher Beleidigung empört, wenn mir nicht Rache schaffe, doch mindestens dies Leben verliere? Laßt es Euch, meine Herren, nicht verdrießen, diese Ausschweifungen mit anzuhören, denn meine Leiden scheinen mir so groß, daß ich sie nicht kurz und in wenigen Worten erzählen kann, denn jeder Umstand erfordert in meinen Augen eine lange Rede.«
Der Pfarrer antwortete, daß es ihnen so wenig verdrießlich fiele, ihn anzuhören, daß diese genauen Umstände ihnen vielmehr sehr angenehm wären, denn sie schienen auch ihnen so wichtig, daß man sie nicht mit Stillschweigen übergehen, sondern ihnen ebenso viele Aufmerksamkeit als den Hauptbegebenheiten schenken müsse.
»Indem ich also im Saale wartete«, fuhr Cardenio fort, »trat der Pfarrer des Kirchspiels herein, faßte die beiden bei der Hand, um die nötige Zeremonie vorzunehmen, indem er sagte: ›Wollt Ihr, Fräulein Luzinde, diesen hier gegenwärtigen Don Fernando zu Eurem rechtmäßigen Gemahl, wie es die heilige Mutterkirche befiehlt?‹ Ich stürzte mit Kopf und Hals hinter den Teppichen hervor, ich hörte mit der gespanntesten Aufmerksamkeit und mit verwirrter Seele, um Luzindens Antwort zu vernehmen, das Unheil meines Todes oder die Bestätigung meines Lebens! O wär ich doch damals hervorgebrochen und hätte laut gerufen: Luzinde! Luzinde! Bedenke, was du tust, erwäge, was du mir schuldig bist, bedenke, daß du die Meine bist und daß du keinem andern angehören darfst! Glaube mir, daß dein Ja und das Ende meines Lebens nur eins und dasselbe ist. – Ha! Verräter Don Fernando! Du Räuber meines Glücks, du Tod meines Lebens! Was willst du? Was verlangst du? Erwäge, daß du als Christ nicht das Ziel deiner Wünsche erlangen kannst, denn Luzinde ist meine Gattin, und ich bin ihr Gemahl!
O ich Tor! Jetzt, abwesend und fern von der Gefahr, jetzt erzähl ich, was ich damals hätte tun sollen und nicht tat! Jetzt, nachdem mir mein köstliches Gut geraubt ist, verwünsche ich den Räuber, an dem ich mich rächen konnte, hätt ich ein Herz im Busen gefühlt, wie ich es jetzt fühle, Klagen auszustoßen; nun gut, ich war damals ein Feiger und Nichtswürdiger, so ist es auch nicht zu viel, wenn ich jetzt sterbe, als Landstreicher, in Reue und Wahnsinn. Der Priester erwartete Luzindens Antwort, die lange zögerte, und als ich nun glaubte, daß sie den Dolch ziehen würde, sich zu verteidigen, oder daß sie reden würde, um die Wahrheit zu bekennen und sie alle zu meinem Besten zu enttäuschen, da hört ich, daß sie mit schwacher und ohnmächtiger Stimme sagte: ›Ja‹; das nämliche sagte Don Fernando, und indem er ihr den Ring gab, war das unauflösliche Band geknüpft. Der Bräutigam wollte seine Braut umarmen, aber sie fuhr mit der Hand nach dem Herzen und sank ohnmächtig in die Arme ihrer Mutter.
Als ich das Ja von ihren Lippen vernommen hatte und nun meine Hoffnungen getäuscht sah, die Worte und Versprechungen Luzindens falsch fand und die Unmöglichkeit fühlte, in irgendeiner Zeit das Gut wiederzugewinnen, das ich in diesem Augenblicke verloren hatte, da verließ mich jeder Gedanke, mir war's, als wurde der Himmel mir abtrünnig, als trüge die Erde mich nur als ihren Feind, als verweigerte die Luft meinen Seufzern Nahrung und das Wasser meinen Tränen Unterhalt ; nur das Feuer blieb mir zurück, so daß ich vor Wut und Eifersucht mich in allen Adern brennen fühlte.
Alle waren durch Luzindens Ohnmacht verwirrt ; die Mutter öffnete ihren Busen, um ihr Luft zu schaffen, und fand ein zusammengelegtes Papier, welches Don Fernando sogleich ergriff und es bei dem Scheine eines Lichtes las; sowie er geendigt hatte, sank er in einen Stuhl und stützte den Kopf
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