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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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»ruft doch nun den Vernichter jeglicher Ungebühr und seht, wie er diese vernichten wird; ich glaube, Euch geschieht noch nicht genug, denn ich habe fast Lust, Euch das Fell abzuziehn, wie Ihr sagtet.« Endlich band er ihn doch los und gab ihm die Erlaubnis, seinen Richter aufzusuchen, um das gesprochene Urteil zu vollstrecken. Andres ging erbost hinweg und schwur, sogleich den tapfern Don Quixote von la Mancha aufzusuchen, ihm alles, was vorgefallen sei, aufs genaueste zu erzählen, um sich alles siebenfach bezahlen zu lassen. Aber er ging dennoch weinend fort, und sein Herr lachte.
    Also vernichtete der tapfre Don Quixote die Ungebühr und war über diesen glücklichen Erfolg ungemein vergnügt; er glaubte, seine Ritterschaft auf die schönste und edelste Weise angetreten zu haben, und indem er mit großer Selbstzufriedenheit den Weg nach seinem Dorfe fortsetzte, sagte er mit halblauter Stimme: »Glücklich kannst du dich vor allen preisen, die auf der Erde leben, o du, vor allen Schönen schönste Dulcinea von Toboso, da dir unterworfen und gänzlich zu Gebote ist ein so tapfrer und überaus berühmter Ritter, wie ist und sein wird Don Quixote von la Mancha, der, wie die Welt weiß, den Ritterorden erst gestern empfangen hat und heute schon das schwerste Unrecht und Ungebühr gemildert hat, das jemals die Unvernunft ersann und die Grausamkeit ausübte. Ich schlug die Geißel aus der Hand dieses unmenschlichen Feindes, der ganz ohne Ursach den zarten Knaben zerfleischte.«
    Indem kam er auf eine Stelle, wo sich der Weg in vier andre teilte, und sogleich fielen ihm die Kreuzwege ins Gedächtnis, an denen die irrenden Ritter stillhielten, um zu überlegen, welche Straße sie nehmen sollten; in Nachahmung ihrer hielt er gedankenvoll still, und nachdem er genug gesonnen, ließ er dem Rozinante den Zügel, um dem Willen seines Gaules seinen eigenen zu unterwerfen, der auch seiner vorigen Absicht folgte, sich nämlich nach seinem Stall zu begeben. Als Don Quixote ungefähr zwei Meilen geritten war, erblickte er eine Anzahl Menschen, die, wie sich nachher auswies, Kaufleute aus Toledo waren, die nach Murzia gingen, um Seide einzukaufen. Es waren sechs Männer, die mit Sonnenschirmen reisten, ihnen folgten vier Bediente, ebenfalls beritten, und drei Burschen zu Fuß für die Maulesel. Kaum hatte sie Don Quixote entdeckt, so hielt er dies auch schon für ein neues Abenteuer. Er bestrebte sich, soviel ihm möglich, alle Denkwürdigkeiten, die er in seinen Büchern gelesen, nachzuahmen, und endlich traf er auf ein Ding, das ihm hier schicklich angebracht schien. Er setzte sich also mit edlem und kühnem Anstande in den Steigbügeln fest, faßte die Lanze fest, bedeckte mit dem Schilde die Brust und lagerte sich dann in der Mitte des Weges, weil er glaubte, daß dort die irrenden Ritter vorbeikommen müßten, denn daß sie dergleichen sein müßten, zweifelte er nicht. Als sie so nahe gekommen, daß sie ihn sehen und hören konnten, erhub Don Quixote die Stimme und sprach mit kecker Gebärde: »Alle Welt sei hier angehalten, wenn nicht alle Welt bekennt, daß in aller Welt keine schönere Dame lebe, als die Kaiserin von la Mancha ist, die unvergleichbare Dulcinea von Toboso.«
    Die Kaufleute hielten still, um die Worte zu hören und die seltsame Gestalt zu beschauen, die sie hersagte, und aus dieser Gestalt und den Worten merkten sie sogleich die Narrheit des sen, dem beides angehörte. Sie wollten aber gern erfahren, warum ihnen dergleichen Geständnis abgefordert werde, und einer von ihnen, der gern spottete und überaus witzig war, sagte: »Herr Ritter, wir alle kennen die gute Dame nicht, von der Ihr sprecht, zeigt sie uns, und ist sie so schön, wie Ihr behauptet, so wollen wir freiwillig und ohne allen Zwang die Wahrheit bekennen, die Ihr von uns fordert.«
    »Wenn ich sie euch zeigte«, antwortete Don Quixote, »was hättet ihr dann getan, eine so ausgemachte Wahrheit zu gestehen? Es ist vonnöten, daß ihr es ohne zu sehen glaubt, gesteht, behauptet, beschwört und dafür kämpft; wann nicht, so beginnt den Streit, ungezogenes und stolzes Volk, einen nach dem andern will ich bestrafen, wie es sich nach den Rittergesetzen ziemt, oder euch alle zugleich bekämpfen, wie es Sitte und übler Gebrauch unter Gesindel von eurem Gelichter ist, als wofür ich euch halte und erkenne, indem ich der guten Sache vertraue, die auf meiner Seite ist.«
    »Herr Ritter«, antwortete der Kaufmann, »ich flehe Euch im Namen aller dieser

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