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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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geschieht, sie mag gut oder schlecht sein, so sei es unnötig, Gesetze darüber zu geben oder diejenigen, die sie schreiben oder vorstellen, einzuschränken, als wenn sie es so tun müßten, wie es recht ist, denn mit einem jeden Schauspiel werde ja der Endzweck erreicht, den man sich vorgesetzt hat. Worauf ich aber antworten würde, daß dieser Endzweck ohne alle Vergleichung besser durch die guten Komödien als durch die schlechten erreicht wird, denn derjenige, der die kunstreiche, gut angeordnete Komödie sieht, wird über den Scherz beim Anhören vergnügt, von der Wahrheit unterrichtet, über die Begebenheit erstaunt, durch das Räsonnement vernünftig, durch die Hindernisse vorsichtig, scharfsinnig durch die Beispiele, empört gegen die Laster und enthusiastisch für die Tugend; alle diese Wirkungen bringt die gute Komödie in dem Gemüt des Zuschauers hervor, wenn er auch noch so bäurisch und unempfindlich ist ; und es ist durchaus unmöglich, daß eine Komödie, die diese Eigenschaften besitzt, nicht in einem höheren Grade unterhalten und vergnügen sollte als diejenige, der alles dieses fehlt, wie es denn dem größten Teile von denen daran mangelt, die gewöhn lich vorgestellt werden. Die Poeten, die sie schreiben, sind nicht schuld daran, denn einige von ihnen wissen recht gut, worin sie irren, und sind erfahren in allem, was sie hervorbringen sollen; da aber die Komödien eine verkäufliche Ware geworden sind, so sagen sie, und das mit Recht, daß die Schauspieler sie nicht kaufen, wenn sie nicht von der Art sind, und darum richtet sich der Poet nach dem Schauspieler und macht die Komödie so, wie der sie haben will, der sie bezahlt. Daß dieses die Wahrheit sei, sieht man aus außerordentlich vielen Komödien, die eines unserer glücklichsten Genies geschrieben hat und die so geschmückt, so zierlich sind, die Verse so wohlklingend, die Reden so gut, die Sentenzen so tiefsinnig und kurz, die so voll Beredsamkeit und in einem so erhabenen Stile gedichtet sind, daß die Welt von seinem Ruhme durchdrungen ist; da er sich aber nach dem Geschmack der Schauspieler richtet, haben nicht alle so, wie einige darunter, die Vollkommenheit erreicht, die sie erfordern. Andere schreiben so ohne Überlegung, daß, wenn ihre Stücke einmal gegeben sind, sich die Schauspieler sogleich entfernen und verbergen müssen, um nicht bestraft zu werden, wie es schon einige Male geschehen ist, weil sie etwas dargestellt hatten, das gegen einen König oder zur Unehre einer vornehmen Familie war. Alle diese Mißbräuche würden wegfallen, nebst anderen, deren ich gar nicht erwähnt habe, wenn bei Hofe ein verständiger Mann dafür angesetzt würde, der alle Komödien, ehe sie dargestellt werden, untersuchte: nicht nur diejenigen, die in der Residenz vorgestellt werden, sondern auch die, die man in ganz Spanien spielt, und ohne dessen Bewilligung und Unterschrift die Obrigkeit nirgends eine Komödie aufführen ließe. Alsdann würden die Komödianten Sorge tragen, die Komödien in die Residenz zu schicken, worauf sie sie mit Sicherheit darstellen könnten, diejenigen aber, die sie schreiben, würden sie mit mehr Sorgfalt und Studium ausarbeiten, weil sie sich fürchten müßten, ihr Werk der strengen Prüfung eines Mannes zu unterwerfen, der der Sache kundig ist; auf diese Weise wür den gute Komödien entstehen, und das würde glücklich ausgeführt werden, was man von ihnen erwarten kann: nämlich die Unterhaltung des Publikums, der Ruhm der spanischen schönen Geister und der Nutzen wie die Sicherheit der Schauspieler, denn sie dürften dann nicht in Sorgen stehen, in irgendeine Strafe zu verfallen. Wenn einem andern oder demselben Zensor zugleich aufgetragen würde, die Ritterbücher zu untersuchen, die jetzt neu geschrieben werden, so würden gewiß welche mit den Vorzügen erscheinen, mit denen Ihr sie geschildert habt, unsere Sprache würde alsdann mit dem köstlichen Schatze der Redekunst bereichert und verschönert ; die alten Bücher würden durch den Glanz der neuen verdunkelt, die zum vernünftigen Zeitvertreibe nicht nur der Müßiggänger, sondern auch der fleißigsten Arbeiter dienen könnten, denn ein Bogen kann nicht immer gespannt bleiben, und ebensowenig verträgt es die menschliche Schwäche, daß sie sich lange ohne irgendeine erlaubte Ergötzung erhalte.«
    Als der Canonicus und der Pfarrer auf diesen Punkt ihres Gesprächs gekommen waren, kam der Barbier zu ihnen und sagte zum Pfarrer: »Dies, mein Herr

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