Don Quixote
Gelegenheit weiter geben, Euere Treue von neuem auf die Probe zu stellen; ich befehle Euch also, niemals mit mir zu sprechen noch Euch da aufzuhalten, wo ich sein werde.‹ Nachdem er dies gesprochen, machte er ihm eine tiefe Verbeugung. Damit will ich nur so viel sagen, Sancho, daß der Wunsch, sich berühmt zu machen, auf eine gewaltige Weise wirkt. Was, meinst du, bewog jenen Horatius, sich, mit allen seinen Waffen geharnischt, von der Brücke herunter in den tiefen Strom der Tiber zu stürzen? Was verbrannte den Arm und die Hand dem Mucius? Was trieb den Curtius, hinein in den flammenden Abgrund zu springen, der sich mitten in Rom auftat? Was bewog, allen Vorbedeutungen zum Trotze, die sich feindlich erwiesen, den Caesar, über den Rubikon zu schreiten? Und, um neuere Beispiele zu geben, was versenkte die Schiffe und stellte einsam und abgeschnitten jene hochherzigen Spanier hin, die der unvergleichliche Cortes in die Neue Welt geführt hatte? Alle diese, nebst anderen großen und sehr verschiedenen Taten, sind, waren und werden ein Werk des Ruhmes sein, welchen die Sterblichen als Belohnung und als einen Teil der Unsterblichkeit wünschen, die ihre großen Taten verdienen, obgleich die christlich-katholischen und irrenden Ritter mehr nach der Glorie jener zukünftigen Zeit zu trachten haben, die in den ätherischen und himmlischen Wohnungen ewiglich währt, als nach jener Eitelkeit des Ruhmes, der in dieser gegenwärtigen endlichen Zeit zu er langen steht, welcher Ruhm, wenn er auch noch so lange dauert, doch endlich mit dieser Welt vergehen muß, welche ihr bestimmtes Ende erreicht. Also, o Sancho, müssen unsere Taten niemals die Grenze überschreiten, die uns die christliche Religion gezeichnet hat, zu welcher wir uns bekennen. In den Riesen müssen wir den Übermut niederkämpfen, den Neid in der Großmut einer edlen Brust, den Zorn durch sanftes Betragen und Seelenruhe, Gierigkeit und Schläfrigkeit durch das wenige Essen, das wir essen, und durch das viele Wachen, das wir wachen, Ausgelassenheit und Wollust in der Treue, die wir denjenigen bewahren, die wir zu Damen unserer Gedanken erwählt haben, die Trägheit dadurch, daß wir durch alle Teile der Welt reisen, um die Gelegenheit aufzusuchen, die uns außer christlichen auch zu berühmten Rittern machen können. Diese, Sancho, sind die Mittel, um die höchste Lobpreisung zu erlangen, die ein guter Name nur immer mit sich führen kann.«
»Alles, was Ihr bisher gesagt habt«, sprach Sancho, »habe ich sehr gut verstanden; nun möcht ich aber wohl, daß Ihr mir noch einen Schuhrubel auflöstet, der mir soeben in die Gedanken gekommen ist.«
»Skrupel willst du sagen, Sancho«, sprach Don Quixote; »sag's in Gottes Namen, denn ich will dir alles antworten, was ich nur irgend weiß.«
»So sagt mir denn, gnädiger Herr«, fuhr Sancho fort, »diese Julier oder Auguster, nebst allen den tatenvollen Rittern, die Ihr genannt habt und die schon tot sind, wo befinden sie sich jetzt?«
»Die Heiden«, antwortete Don Quixote, »sind ohne Zweifel in der Hölle, die Christen aber, wenn sie gute Christen waren, sind entweder im Fegefeuer oder im Himmel.«
»Nun gut«, sagte Sancho, »nun wollen wir nur das untersuchen: Haben die Begräbnisse, wo die Leichen dieser Allerweltsmenschen liegen, brennende Lampen von Silber, oder sind die Wände ihrer Kapellen mit Zähnen ausgeschmückt, mit Totenge wändern, mit Haarlocken, mit Beinen und Augen von Wachs? Und wenn das nicht ist, womit sind sie denn ausgeschmückt?«
Worauf Don Quixote antwortete: »Die Begräbnisse der Heiden waren größtenteils prachtvolle Tempel. Die Asche vom Leichname des Julius Caesar wurde unter einer Pyramide begraben, die aus einem ungeheueren Steine bestand und die man heutiges Tages in Rom Sankt-Petri-Spitzsäule nennt. Dem Kaiser Hadrian diente ein Kastell zum Begräbnisse, so groß als eine Stadt, welches sie Moles Hadriani hießen und welches jetzt das Kastell San Angelo in Rom ist. Die Königin Artemisia begrub ihren Gemahl Mausolus in einem Grabmale, welches zu den sieben Wunderwerken der Welt gehörte; aber keins von diesen Grabmälern, nebst vielen anderen, welche die Heiden besaßen, sind mit Totengewändern noch mit anderen Geschenken geschmückt worden, woraus man zu erkennen pflegt, daß Heilige an dergleichen Orten begraben liegen.«
»Da wollt ich eben hinaus«, versetzte Sancho; »nun sagt mir noch: Was ist mehr, einen Toten auferwecken oder einen Riesen umbringen?«
»Die
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