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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Stunden, so gut das trockene wie das grüne Gras. Es scheint gar nicht, daß er kauet, sondern er schlingt und würgt alles nur so hinunter, denn er hat einen rechten Wolfshunger, der nie gesättigt wird; und ob man gleich keinen Bauch an ihm sieht, so merkt man doch, daß er die Wassersucht hat und so durstig ist, daß er alle Leben, die nur irgend leben, so hineintrinkt, wie man einen Becher kaltes Wasser austrinkt.«
    »Nicht weiter, Sancho!« rief jetzt Don Quixote aus, »höre auf bei guter Zeit und laß dich nicht herunterfallen; denn wahrlich, was du jetzt vom Tode in deinen bäuerischen Ausdrücken gesagt hast, dessen brauchte sich ein guter Prediger nicht zu schämen. Ich sage dir, Sancho, daß, wenn du nur ebensoviel Verstand als natürliche Anlage hättest, du die Kanzel besteigen und als ein anmutiger Prediger durch die Welt ziehen könntest.«
    »Der predigt gut, der gut lebt«, antwortete Sancho, »und das ist meine ganze Tologie.«
    »Du hast auch keine andere nötig«, sagte Don Quixote. »Das begreife ich aber nicht und kann es nicht fassen, woher du soviel weißt, da doch die Furcht Gottes der Anfang alles Wissens ist und du doch eine Eidechse mehr fürchtest als ihn.«
    »Urteilt Ihr, mein gnädiger Herr, von Eurer Ritterschaft«, antwortete Sancho, »und bekümmert Euch nicht um anderer Leute ihre Furcht oder ihren Mut; denn ich bin so herrlich furchtsam vor Gott wie nur ein Sohn des Nachbars; und laßt mich überhaupt diesen Schaum in Ruhe verspeisen; denn alles übrige sind doch nur unnütze Reden, von denen wir in jenem Leben Rechenschaft geben müssen.« Mit diesen Worten fing er von neuem an, seiner Pfanne mit so gutem Mute zuzusprechen, daß er auch den Appetit des Don Quixote erweckte, der  ihm ohne Zweifel geholfen hätte, wenn ihn nicht das verhindert hätte, was jetzt erzählt werden muß.

    4. [21.] KAPITEL
    Enthält die Fortsetzung der Hochzeit des Camacho, nebst
    anderen anmutigen Begebenheiten

    Als Don Quixote und Sancho noch in dem im vorigen Kapitel erzählten Gespräche begriffen waren, hörten sie ein lautes Geschrei und Lärmen, welches die auf den Stuten erregten, die mit Rennen und Getümmel dem Brautpaare entgegenritten, die, von tausend verschiedenen Instrumenten und Erfindungen umringt, herbeikamen, von dem Pfarrer des Dorfs wie von der beiderseitigen Verwandtschaft begleitet, nebst allen angesehenen Leuten aus den umliegenden Ortschaften, die alle festlich geputzt waren. Sowie Sancho die Braut sah, sagte er: »Nun wahrlich, die ist nicht wie ein Bauernmädchen angezogen, sondern ganz wie eine Putzdocke vom Hofe; mein' Seel', so wie ich sehe, sind die Schaustücke, die sie umhaben sollte, lauter echte Korallen, das grüne Tuchkleid von Cuencon ist ein dreißigmal geschorener Sammet, und sieh doch! der Aufschlag, statt von fei nem Linnen ist er, so wahr ich lebe, von Atlas! Aber die Hände, je nun, die werden wohl mit Ringen von Achat besteckt sein, ja sieh nur zu, es sind lauter goldene Reifen, und wie sehr golden und mit Perlen besetzt, so weiß wie Milch, wovon jede wohl ein Auge im Kopfe wert ist. O du Hurenkind! ei was das für Haare sind! Wenn sie nicht falsch sind, so habe ich sie zeit meines Lebens nicht so lang und so schön gelb gesehen. Aber so sucht mir doch einmal ein Tadelchen in ihrem Wuchs und ganzen Wesen! Einer Palme sieht sie gleich, die sich bewegt und von der Datteltrauben herunterhängen; denn so sind die Kleinodien, die ihr in den Haaren und am Halse baumeln. Ich lege einen Eid darauf ab, daß es eine ausbündige Dirne ist und daß sie durchkommt, wo man sonst keinen ungefragt passieren läßt.«
    Don Quixote lachte über die bäuerischen Lobeserhebungen des Sancho Pansa; er glaubte aber selber, seine Dame Dulcinea von Toboso ausgenommen, noch niemals ein so schönes Mädchen gesehen zu haben. Die schöne Quiteria war etwas blaß, welches wohl daher rühren mochte, daß sie, wie alle Bräute zu tun pflegen, eine üble Nacht damit zugebracht hatte, sich auf den kommenden Hochzeittag zu schmücken.
    Sie gingen nach einer Bühne zu, welche auf der einen Seite der Wiese errichtet war, mit Teppichen und Laubwerk geschmückt, wo die Trauung vor sich gehen sollte und von wo man nachher den Tänzen und Spielen zusehen konnte. Als sie diesen Ort fast erreicht hatten, hörten sie hinter sich ein lautes Geschrei, und eine Stimme rief: »Haltet ein wenig ein, Ihr unbedachten Menschen, die Ihr so eilt!«
    Bei dem Geschrei und bei diesen Worten sahen sich alle um,

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