Don Quixote
entblößte und auf dem Wege einen großen Teil des Helmes sowie die Hälfte des Ohres mit sich nahm, welches alles mit einem furchtbaren Verderben auf die Erde stürzte, indem es ihn in traurigen Zustand versetzte.
Heiliger Gott! Wer wäre nun wohl der Mann, der jetzt geziemend die Wut beschreiben könnte, die das Herz unsers Manchaners erfaßte, als er sich so zugerichtet sah! Ich will nur so viel sagen, daß sie von der Art war, daß er sich von neuem in den Bügeln erhob, das Schwert mit beiden Händen kräftiger erfaßte und damit so rasend auf den Biscayer loshieb, daß, ungeachtet jener mit dem Kissen über dem Kopfe gepanzert war, trotz diesem herrlichen Schirme der Hieb wie ein Berg herabfiel, so daß ihm Blut aus der Nase, dem Munde und den Ohren strömte und er im Begriff war, von dem Maultiere zu fallen, auch gewiß herabgestürzt wäre, wenn er nicht den Hals umfaßt hätte. Dennoch aber verloren die Füße die Steigbügel, die Arme ließen los, und das Maultier, von dem fürchterlichen Hiebe scheu gemacht, lief übers Feld und warf seinen Herrn nach wenigen Sprüngen auf den Boden.
Mit vieler Ruhe betrachtete Don Quixote dies alles, aber so wie er ihn liegen sah, sprang er vom Pferde, ging sehr schnell zu ihm und setzte ihm die Spitze seines Degens ins Gesicht, mit dem Befehl, sich zu ergeben, falls er ihm nicht den Kopf abhauen solle. Der Biscayer lag ohne Bewußtsein da und konnte kein Wort sprechen, und es wäre ihm übel ergangen, denn Don Quixote war blind, wenn nicht die Damen aus der Kutsche, die bis dahin mit Entsetzen dem Zweikampfe zugesehen hatten, herbeigeeilt wären und ihn sehr artig gebeten hätten, ihnen die große Gnade und Gunst zu erzeigen und ihrem Stallmeister das Leben zu schenken.
Don Quixote erwiderte hierauf mit sehr ernster und feierlicher Stimme: »Unendlich, schöne Damen, bin ich erfreut, Euer Begehr zu erfüllen, aber die Bedingung und Bewilligung besteht darin, daß dieser Ritter mir versprechen soll, nach dem Dorfe Toboso zu gehen und sich meinerseits vor der unvergleichlichen Doña Dulcinea zu präsentieren, damit sie nach ihrem Willen mit ihm schalten möge.«
Die erschrockenen und trostlosen Damen, ohne sich mit Don Quixote in Erörterungen einzulassen oder sich weiter nach der Dulcinea zu erkundigen, versprachen, daß der Stallmeister alles vollbringen werde, was man ihm gebiete. »Im Vertrauen auf dieses Versprechen will ich ihm keinen weiteren Schaden zufügen, so sehr er ein solches auch um mich verdient haben mag.«
2. [10.] KAPITEL
Ein anmutiges Gespräch zwischen Don Quixote und
Sancho Pansa, seinem Stallmeister
Indessen hatte sich Sancho Pansa, von den Burschen der Mönche etwas zerdroschen, aufgerichtet ; er hatte der Schlacht seines Herrn Don Quixote aufmerksam zugeschaut und herzlich zu Gott gebetet, daß er ihm den Sieg verleihen und eine Insel gewinnen lassen möge, über welche er ihn, seinem Versprechen gemäß, zum Statthalter setzen könne. Da er nun merkte, daß der Kampf entschieden war und sein Herr wieder auf den Rozinante steigen wollte, kam er hinzu, ihm den Steigbügel zu halten, und ehe jener noch aufgestiegen war, warf er sich vor ihm nieder, ergriff seine Hand, küßte sie und sagte: »Erinnere sich mein gnädiger Herr Don Quixote nunmehr, mir die Regierung der Insula zu schenken, die in diesem hartnäckigen Kampfe gewonnen ist, sie sei auch noch so groß, ich fühle Tüchtigkeit in mir, sie zu regieren, trotz einem in der ganzen Welt, der nur je Inseln regiert hat.«
Hierauf erwiderte Don Quixote: »Sei wissend, Bruder Sancho, daß dieses Abenteuer, wie dem ähnliche, keine Inseln-, sondern nur Kreuzwegsabenteuer sind, in denen man nichts gewinnt als zerschlagene Köpfe und abgehauene Ohren. Fasse Geduld, es werden sich Abenteuer einstellen, die dir nicht nur eine Statthalterschaft, sondern wohl noch mehr eintragen sollen.«
Sancho war sehr erfreut und küßte wieder die Hand und den Harnisch, worauf er ihm auf seinen Rozinante half, selbst den Esel bestieg und seinem Herrn nachritt, der, ohne weiter mit denen in der Kutsche zu sprechen, sich eilig in ein nah gelegenes Gehölz wandte. Sancho folgte ihm im vollen Trabe seines Tieres, aber Rozinante war so behende, daß er weit zurückblieb und seinem Herrn laut zurufen mußte, er möchte auf ihn warten. Don Quixote tat es, er hielt den Rozinante so lange an, bis ihn sein Stallmeister eingeholt hatte, der darauf, als er nahe gekommen, sagte: »Es wäre wohl gut, Herr, wenn wir uns
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