Don Quixote
Mißgeschick der edeln Gräfin Dreischleppina, welcher die Zauberer den Namen der Dueña Schmerzenreich verursacht haben; Ihr mögt ihr, erstaunungswürdiger Stallmeister, sagen, daß sie hereintrete und daß sich der tapfere Ritter Don Quixote von la Mancha hier befindet, von dessen edler Gesinnung sie sich ohne Zweifel jegliche Hülfe und jeglichen Beistand versprechen darf; auch könnt Ihr derselben meinerseits sagen, daß, wenn ihr mein Beistand vonnöten wäre, sie dessen nicht entbehren sollte, denn auch ich bin verpflichtet, ihr denselben zu leisten, da ich ein Ritter bin, dem es Gesetz und Vorschrift ist, allen Arten von Frauen beizustehen, vorzüglich aber verwitweten, bedrängten und schmerzenreichen Dueñas, als zu welchen Ihre Herrlichkeit gehören muß.«
Als dieses Dreischleppino hörte, beugte er seine Knie bis auf die Erde und gab dem Pfeifer und den Trommelschlägern ein Zeichen, das Spiel zu rühren, worauf er mit dem nämlichen Gange, mit welchem er eingetreten war, den Garten wieder verließ und alle über seine Gestalt wie über sein Betragen erstaunt blieben. Und indem sich der Herzog gegen Don Quixote wandte, sagte er: »So können denn doch nicht, berühmter Ritter, die Schatten der Bosheit und der Unwissenheit den Glanz der Tugend verhüllen oder verfinstern. Ich sage dies, weil es kaum sechs Tage sind, daß Eure Trefflichkeit sich in diesem Kastelle befindet und Ihr doch schon aus weiten und entlegenen Ländern gesucht werdet, und zwar nicht in Wagen oder auf Dromedaren, sondern zu Fuß und nüchtern, von den Traurigen und Bedrängten, die versichert sind, in diesem tapfern Arm die Hülfe für ihr Leid und ihre Mühselig keit zu finden. Dank sei es Euren großen Taten, die sich auf der ganzen entdeckten Erde eilig verbreiten.«
»Ich wünschte, mein gnädiger Herzog«, antwortete Don Quixote, »daß nun jener liebe Priester hier zugegen wäre, der neulich über Tisch so großen Widerwillen und Zorn gegen die irrenden Ritter blicken ließ, damit er mit seinen eigenen Augen sähe, ob dergleichen Ritter der Welt nötig sind; er würde es wenigstens mit Händen greifen, daß die übermäßig Betrübten und Trostlosen, in wichtigen Begebenheiten und ungeheueren Unglücksfällen, ihre Hülfe nicht in den Häusern der Gelehrten suchen noch bei den Dorfküstern, noch bei einem Ritter, der nie die Grenzen seines Örtchens verlassen hat, noch bei dem trägen Höfling, der lieber Neuigkeiten sucht, um sie zu erzählen und umzutragen, als daß er Werke und Taten tun sollte, damit andere sie erzählen und beschreiben können. Die Hülfe der Leidenden, der Beistand des Bedrängten, die Stütze der Jungfrauen, der Trost der Witwen wird bei niemandem anders so gewiß gefunden als bei den irrenden Rittern; und ich danke dem Himmel tausendmal, daß ich einer bin, und halte alle Arbeit und Beschwer für gut angewandt, die mir nur immer in diesem ehrenvollen Berufe zustoßen möchten. Diese Dueña komme also nur und bitte, was sie immer wolle, denn ich werde ihr ihre Erlösung in der Tapferkeit dieses meines Armes und in dem unerschrockenen Mute meiner hochstrebenden Seele zustellen.«
4. [37.] KAPITEL
In welchem das große Abenteuer der Dueña Schmerzenreich fortgesetzt wird
Ungemein freuten sich der Herzog und die Herzogin, als sie sahen, wie sehr Don Quixote ihrer Absicht entgegenkam, und Sancho sagte jetzt: »Ich möchte nicht, daß die Frau Dueña mir einen Stein des Anstoßes in meine versprochene Statthalterschaft würfe, denn ich habe von einem Apotheker zu Toledo, der wie eine Amsel reden konnte, gehört, daß, wo nur Dueñas dazwischenkämen, man kein Glück oder Heil erwarten dürfte. Lieber Himmel, ei! ei! wie übel war dieser Apotheker auf sie zu sprechen! Woraus ich denn abnehme, daß, da alle Dueñas widerwärtig und unausstehlich sind, von welcher Beschaffenheit und von welchem Stande sie auch sein mögen, wie muß es nun vollends mit den schmerzensreichen sein, wie mit dieser Gräfin Dreischlepp oder Dreischwanz? denn bei mir zu Hause ist Schleppe und Schwanz und Schwanz und Schleppe ein und dasselbe.«
»Schweig, Freund Sancho«, sagte Don Quixote, »denn da diese gnädige Dueña aus so entlegenen Landen kommt, um mich zu suchen, so kann sie nicht zu denen gehören, die übel bei dem Apotheker angeschrieben standen: um so mehr, da diese eine Gräfin ist, und wenn Gräfinnen als Dueñas dienen, so sind sie nur bei Königinnen oder Kaiserinnen in Diensten, sind aber in ihrem Hause selber
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