Don Quixote
für Gehalt gedient haben, gewiß immer nur für Gnade; habe ich dir aber in meinem zurückgelassenen Testamente etwas Bestimmtes ausgemacht, so ist es nur darum geschehen, weil ich nicht weiß, wie in unsern so unglückseligen Zeiten die Ritterschaft geraten wird, und weil ich nicht will, daß so geringfügiger Dinge wegen meine Seele in jener Welt Kummer leide; denn du mußt wissen, Sancho, es gibt keinen gefahrvollern Stand als den eines Abenteurers.«
»Das ist wahr«, sagte Sancho, »denn schon allein das Lärmen von Walkhämmern kann das Herz eines so männlichen irrenden Abenteurers, wie Euer Gnaden ist, erschrecken und beunruhigen; aber Ihr mögt sicher sein, daß ich künftig nicht meine Lippen auftun will, um was Lustiges über Eure Sachen zu sagen, sondern bloß um Euch als meinen Herrn und Gebieter Ehre zu erweisen.«
»So«, versetzte Don Quixote, »wirst du leben auf dem Angesichte der Erde, denn in Ermangelung der Eltern sollen die Herren so wie Eltern geehrt werden.«
7. [21.] KAPITEL
Erzählt das hohe Abenteuer und die preisliche Eroberung von Mambrins Helm, nebst andern Dingen, die unserem
unüberwindlichen Ritter zustießen
Indem fing es an, ein wenig zu regnen, und Sancho schlug vor, in die Walkmühle einzukehren; aber Don Quixote hatte wegen des vorgefallenen Spaßes einen solchen Abscheu gegen sie gefaßt, daß er durchaus nicht einkehren wollte, sondern er schlug einen Weg rechts ein, und so gerieten sie auf eine andere Straße, als auf welcher sie erst gereist waren. Es währte nicht lange, so erblickte Don Quixote einen Menschen, der beritten war und auf dem Kopfe ein Ding trug, das wie Gold glänzte. Kaum hatte er ihn bemerkt, als er sich auch schon gegen Sancho kehrte und sagte: »Ich bin der Meinung, Sancho, daß es kein Sprichwort gebe, welches nicht eine Wahrheit enthalte, denn alle sind Sentenzen, die aus der Erfahrung, der Mutter aller Wissenschaften, geschöpft sind, so auch jenes, welches heißt: Schließet sich dir eine Tür zu, tut sich die andre auf. Wenn nämlich das Glück heut nacht die Tür vor uns zuschloß, uns das Gesuchte nicht finden ließ und uns mit Walkmühlen täuschte, so schließt sie uns zur Vergeltung jetzt ein schöneres und unbezweifeltes Abenteuer auf, wobei es nur meine Schuld sein dürfte, wenn ich es nicht bestände, denn jetzt kann ich es nicht auf meine Unkenntnis der Walken oder auf die Finsternis der Nacht schieben. Dieses wird gesagt, weil, falls ich nicht irre, uns dort einer entgegenkömmt, der auf seinem Kopfe den Helm Mambrins trägt, wegen dessen ich den Schwur getan, wie dir wissend ist.«
»Bedenkt, gnädiger Herr, was Ihr sagt, und seht, was Ihr tut«, sagte Sancho, »daß es ja nicht wieder Walken sind, die uns am Ende noch recht walken und alle Sinne zusammenklopfen möchten.«
»Du Satan statt Mensch!« versetzte Don Quixote; »was haben denn Helm und Walken miteinander gemein?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Sancho, »aber wahrhaftig, dürfte ich nur so wie sonst reden, so würde ich schon solche Sachen sagen, daß Ihr einsehen müßtet, Ihr irrtet Euch in Eurer Behauptung.«
»Wie kann ich mich in meiner Behauptung irren, nichtswürdiger Zweifler?« versetzte Don Quixote; »sprich, siehst du denn nicht jenen Ritter, der uns auf einem Apfelschimmel entgegenkömmt und auf dem Kopfe einen goldenen Helm trägt?«
»Alles, was ich sehen und unterscheiden kann«, antwortete Sancho, »ist nichts als ein Mensch, der auf einem grauen Esel, so wie meiner ist, reitet und auf dem Kopfe ein Ding hat, das blitzert.«
»Und dieses ist eben der Helm Mambrins«, sagte Don Quixote; »geh irgendwo beiseite und laß mich allein mit ihm, so sollst du sehen, wie ich, ohne ein Wort zu sprechen, zur Ersparung der Zeit, dieses Abenteuer beendigen will und mir den Helm verschaffen, den ich mir so herzlich gewünscht habe.«
»Das Beiseitegehen will ich mir gesagt sein lassen«, versetzte Sancho; »aber gebe Gott nur, sage ich noch einmal, daß wir, wenn wir nach Wolle gehen, nicht in die Walke geraten.«
»Ich habe dir schon gesagt, Mensch, du sollst niemals, ja nicht in Gedanken einmal der Walken erwähnen«, so rief Don Quixote, »oder ich gelobe – – – Ich will nicht mehr sagen, aber ich möchte dir die Seele zusammenwalken.«
Sancho schwieg still, weil er fürchtete, sein Herr möchte das Gelübde vollführen, welches er ihm so kräftig in den Bart geworfen hatte. Mit dem Helme, dem Pferde und dem Ritter aber, welche Don Quixote sah,
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