DoppelherzTOD
lässt. Frieder Hosfeld erlitt einen ganz klassischen Herzinfarkt.«
Ehrlicher suchte nach Argumenten, die Zweifel offenließen, doch Walter hob die Hände. »Bruno, Ende der Diskussion. Du kannst den Jaenicke gern fragen. Der wird dir alles am Präparat erklären. Hier hast du das Sektionsprotokoll.« Damit schob Walter ihm eine Plastemappe über den Tisch zu. Gerichtsmedizinisches Protokoll der Sektion Frieder Hosfelds. Ehrlicher blätterte. Walter schaute wieder durch sein Mikroskop. Vorläufiges Gutachten. Ah ja, vorläufig! Selbst Jaenicke ließ sich das Hintertürchen offen. Vorläufig. Ehrlicher las.
I. Zeichen äußerer Gewalt sind am Körper nicht festzustellen.
II. In Mageninhalt, Blaseninhalt, Blut etc. konnten keine körperfremden Stoffe nachgewiesen werden.
III. Die Sektion hat keine Anhaltspunkte für eine unnatürliche Todesursache ergeben.
IV. Wie die Sektion aufzeigt, erlitt der Tote Frieder Hosfeld einen Herzinfarkt. Die Symptome entsprechen dem klassischen Bild.
Gez. Dr. med. habil. Jaenicke Dozent für gerichtliche Medizin
Das war’s dann. Und Schluss. Ehrlicher musste sich setzen. Walter ignorierte, dass er noch da war.
Dass er sich so täuschen konnte! Dass ihn Frieder noch im Tod auf einen Holzweg führte! Ehrlicher glaubte es nicht. Das ihm! Der für die Vielzahl seiner erfolgreich gelösten Fälle bekannt war, für seinen Instinkt, seine Hartnäckigkeit, seine ungewöhnlichen Ermittlungswege. Zumindest hatten die Kollegen ihm das immer wieder bestätigt. Jetzt hatten sie ihn alle verraten. Die Enttäuschung saß tief. Er musste schlucken und kniff sich mit den Fingern zwischen die Augen. Vor allem hätte er niemals damit gerechnet. Die Schimpanski oder Schostak, der Schmitt, Kain, Walter, selbst der tote Hosfeld – alle hatten sie sich gegen ihn verschworen und lächelten jetzt milde auf ihn herab. Das war nicht zu fassen. Bruno Ehrlicher war deprimiert.
»Ich gehe dann mal wieder.«
Walter nickte und setzte seine Untersuchungen fort. Erst als Ehrlicher die Klinke umfasste, sagte Walter: »Interessieren dich die Ergebnisse unserer Untersuchungen in den Todesfällen Margot Wendel und Hans-Jürgen Porstmann nicht mehr?«
»Die aus dem Westen wird sie schon klären.«
»Ja, Kommissarin Schabowski wird die Toten als gemeinschaftlich verübten Selbstmord zu den Akten geben.«
Ehrlicher schloss die Tür wieder. »Und es war kein Selbstmord?«
»Jedenfalls waren weder die Wendel noch der Porstmann herzkrank.«
»Ist das von Bedeutung?«
»Wie man’s nimmt.«
»Mensch, nun spann mich doch nicht so auf die Folter! Ich habe heute bereits genügend Tiefschläge erhalten.«
»Auch diese Obduktion hat keinen Mord nachweisen können. Beide starben an akutem Herzversagen.«
»Was erzählst du für einen Mist! So verkalkt bin ich noch nicht! Zwei Personen im selben Augenblicke an Herzversagen gestorben! Du spinnst, Walter. Nur weil ich Rentner bin, muss man mich nicht ständig verarschen.« Walter steckte mit denen wirklich unter einer Decke. Unfassbar! Ehrlicher verkrampfte sich der Magen, er war von dem Kollegen schwer enttäuscht.
»Komm schon, Bruno, wie lange kennen wir uns?«
»Und was soll dann das Gelaber?«
»Wir konnten in den Leichen und in der Zitronen-Apfelsinen-Konfitüre eindeutig ein Medikament zur Stärkung des Herzmuskels nachweisen. Neritoxin.«
»Neritoxin?« Ehrlicher hoffte, Walter zum Weitersprechen zu bewegen. Der hielt doch noch etwas in seiner Hinterhand. Beim Skat gewann Walter meistens. Der spielte seine Karten langsam und mit größtmöglicher Wirkung.
»Eine Überdosis davon führt zum Herzversagen. Und daran sind diese beiden ja dann auch gestorben.«
»Was aber nicht gegen die Theorie eines Selbstmordes spricht.«
»Nein. Eben deswegen lässt die Staatsanwältin Mitterer auch nicht weiter ermitteln. Selbstmord.«
»Du hast daran Zweifel?«
»Was heißt Zweifel? Eine Fremdbeibringung des Giftes in die Marmelade ist möglich. Aber was mich wundert, woher hatten die beiden das Neritoxin? Es wird Patienten verschrieben, die an Herzschwäche oder an Herzrhythmusstörungen leiden. In der von uns nachgewiesenen Dosis müssen mehrere Packungen aufgelöst worden sein. Nur waren die Toten nicht herzkrank. Wo haben sie diese Mengen her? Neritoxin ist nicht frei verkäuflich. Es ist gefährlich.«
»Sie werden es sich eben woanders besorgt haben. Auf natürlichem Wege kann man den Wirkstoff nicht erhalten?«
Walter zögerte. »Doch: Oleander.
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