DoppelherzTOD
Nur die Polizei könnte noch zurzeit in das Zimmer wollen. Sie haben es versiegelt. Also Brigitta, halte deine Augen offen.« Frieder tätschelte ihr leicht die Schulter.
Bruno tat’s auch. Brigitta schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln und hauchte: »Viel Glück.«
Die Wohnung von Margot und Hans-Jürgen befand sich drei Türen weiter. Das Siegel der Polizei saß zu fest, um es zu lösen. Frieder durchtrennte es mit einem Schlüssel.
»Sollen die sich ihren eignen Reim drauf machen. Wenn es überhaupt jemand von denen bemerkt.« Sein Frust auf die Kollegen saß sehr tief.
Auf dem Tisch stand ein Serviettenhalter mit geblümten Servietten und die helle Tischdecke war gespickt mit Krümeln. Geschirr, Besteck, Marmeladentopf und die übrigen Reste des letzten Frühstücks hatten Walters Kriminaltechniker wahrscheinlich mit zur Analyse genommen. Frieder suchte im Buffet in den Fächern voll mit gedruckten Papieren. Ehrlicher sah sich um. An den Wänden hingen drei Ölbilder. Keine Alpen und röhrende Hirsche, sondern mediterrane Landschaften. Toskana. Florenz. Über dem Sofa gehäkelte Deckchen. Ein Rollhocker für die Füße beim Fernsehen. Wo hatte Hans-Jürgen, wo hatte Margot gesessen?
Eine Vitrine. Hinter dem Glas Teller aus Meißen, ein Kaffeeservice und mehrere Vasen. Im nächsten Fach Matchbox-Autos. Die hatte wohl Hans-Jürgen gesammelt. Ein paar Bücher. Barbara Cartland, Simmel und Lyrik des Expressionismus konnte Ehrlicher lesen. Und Bücher zu Steuern und deren legaler Vermeidung, zu Abgaben und Kalorien. Ein Lateinwörterbuch. Im Küchenschrank Brot, Butter und Honig, leere Marmeladengläser. Wurst und Käse im Kühlschrank und vergammeltes Obst, das stank. Ehrlicher schloss die Türe. Die Kriminalpolizei sollte das Zimmer bald freigeben, das Heimpersonal würde gründlich reinigen müssen.
»Verdammte Scheiße! Ich habe seine Aufstellung doch gesehen.« Frieder Hosfeld fand offensichtlich nicht, was er suchte.
»Vielleicht war es ein Computerausdruck?«
»Möglich. Hans-Jürgen hatte zwar einen Laptop, seine Berechnungen schrieb er aber in so ein kleines Notizbuch. Alte Schule.«
»Den Laptop werden sie mitgenommen haben. Computer werden grundsätzlich und sehr schnell untersucht.« Ganze Tagesabläufe der Nutzer konnte man mit Hilfe eines Computers rekonstruieren. Wer wo wann im Internet gewesen ist, konnte ein Alibi sichern oder zerstören. Vielleicht befand sich in einem Ordner ein Abschiedsbrief, dann hatte diese geheime Ermittlung ein Ende. Aber Frieder Hosfeld wühlte und wühlte und öffnete das nächste Fach.
»Verdammt! Kein anderer kann mit den Zahlen was anfangen. Ich selbst muss mich da auch erst mal reinfuchsen. Hans-Jürgen hat seit einem halben Jahr alles fein säuberlich aufgezeichnet. Nun sind die Beweismittel futsch.«
»Vielleicht machst du dir auch etwas vor, Frieder. Wenn hier ein Verbrechen vorliegt, werden es die Kollegen erkennen. Sie sind nicht schlechter als wir.«
»Dafür fehlt mir der Glaube, Bruno. Du bist doch selbst nicht davon überzeugt.«
»Damit beleidigst du mich. Schließlich war ich vor einem halben Jahr noch bei der Truppe. Dort sind nicht alle Dilettanten.«
Frieder war ratlos, er zuckte die Schultern und blickte Ehrlicher mit großen Augen an. »So ein Mist! Ich bilde mir doch das alles nicht ein!«
Vielleicht doch, lieber Frieder. Ehrlicher sah dem Ende dieser Ermittlung gelassen entgegen. Frieder Hosfeld hatte seinen Willen gehabt, und er hatte sich den Morgen über köstlich amüsiert. Ehrlicher kam sich vor wie ein Kundschafter auf der Seite der Guten. Das unsichtbare Visier. For Eyes Only. Siebzehn Augenblicke des Frühlings.
Dann schlug die Tür auf. Der Koloss von einer Schwester stand im Rahmen. Diese Schwester hatte ihnen schon einmal den Einlass verwehrt. Ehrlicher fiel fast der Brieföffner aus der Hand. Frieder konnte einen Laut des Erschreckens nicht unterdrücken. Warum hatte Brigitta die Gefahr nicht gemeldet?
»Was machen wir denn da, meine Herren?« Eine Stimme, die Stahl schneiden konnte.
»Frieder, also Herr Hosfeld sucht seine Uhr, die er dem Hans-Jürgen geborgt hatte, vor einem Monat. Herr Porstmann hatte gemeint, er könne sie reparieren.« Die Lügen kamen Bruno Ehrlicher erstaunlich leicht über die Lippen.
Der Koloss fixierte Frieder. »Sie können wohl nicht sprechen, Herr Hosfeld? Wieder eine Ihrer Touren, um im Heim einen Mord aufzuklären?«
Hosfeld stand wie ein Kind im Kindergarten, wenn es in die Hosen
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