DoppelherzTOD
gepinkelt hatte.
Die Schwester war unerbittlich. Ihre Hand bewegte sich im Rhythmus des Satzes. »Mit dem Alter setzt offensichtlich die Vernunft immer mehr aus.«
Sie winkte mit dem Finger Hosfeld zu sich, dann schob sie ihn vor sich her aus der Tür. Bislang hatte Hosfeld auf Ehrlicher einen selbstbewussten Eindruck gemacht, jetzt schien er ohne eigenen Willen. Dann schubste der Koloss ihn hinaus auf den Gang. Ehrlicher trottete den beiden mit einem schlechtem Gewissen hinterher.
»Hättest ja wirklich Bescheid sagen können!«, schrie Hosfeld zur Sitzgruppe. Dort aber saß keine Brigitta. »Wo steckt denn die blöde Kuh?« Gelöst war der Fall nicht, aber vielleicht gab Hosfeld nach der Katastrophe nun Ruhe. »Die hat uns bewusst in die Falle geschickt! Die Brigitta steckt mit denen unter einer Decke!«
»Du bist paranoid!«
»Bin ich nicht!«
Hosfelds Handy klingelte, er schrie mit hochrotem Gesicht sofort weiter. »Wo bist du, Brigitta? Was? Vor der Türe! Hier solltest du Wache stehen, nicht im Park rumspazieren.« Fast hätte Hosfeld das Handy an die Wand geschmissen. »Die Schrulle wollte die ganze Kriminalpolizei im Alleingang aufhalten da unten vorm Haus!«
»Dann hat es Brigitta doch gut gemeint. Sie wollte uns schützen.«
»Und wo kommt Schwester Cindy dann her?« Plötzlich schrie Hosfeld kurz auf, hechelte leise und griff sich ans Herz. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.
Die Hände zitterten. Hosfeld blickte Ehrlicher in die Augen. »Ich sage dir, Bruno, dahinter steckt ein ganz großes Ding. Ein ganz großer Betrug.« Und dann schnappte Frieder Hosfeld nach Luft, hustete, hustete und rutschte ohne Ton in sich zusammen. Ehrlicher konnte ihn gerade so noch halten, bevor er endgültig auf den Boden geknallt wäre. Frieder rann der Schweiß wie Tränen übers Gesicht. Er wand sich in Krämpfen und konnte nur kurzzeitig seine Augen öffnen. Schwester Cindy war mit einem Mal nirgends zu sehen. Hosfeld bewegte lautlos die Lippen. »Gift. Bruno, die bringen mich um!«
Hosfeld röchelte. Die Zuckungen wurden immer stärker. Dann wurden seine Augen starr.
11.
»Mord.«
»Bruno, übertreib bitte nicht. Mord ist in Leipzig selten.«
»Er wurde umgebracht. Eiskalt umgebracht.«
»Frieder Hosfeld ist tot?«
»Und am Tatort nur Dilettanten. Von Urlaub hat doch der Walter gar nichts gesagt.«
»Nee, hat er nicht.«
»Der Hosfeld hat ganz komisch die Augen verdreht und ist einfach in sich zusammengerutscht. Selbstmord war das jedenfalls nicht.«
»Wirklich?«
Ehrlicher sprach einfach weiter. »Brigitta hat sich vielleicht wirklich getäuscht.«
Kain glaubte nicht, was Ehrlicher ihm erzählte. »Brigitta, seit wann nennst du Frauen beim Vornamen, die ich gar nicht kenne?«
»Deine Ironie kannste dir sparen.«
»Aber Mord, Bruno…«
»Mit dir rede ich gar nicht. Mach mir ein Bier!«
Isabell las. Kain tat seinen Job. Und Rebecca Loepki sah hinaus auf die Straße.
Kain zapfte das Bier. Rebecca Loepki sah ihn an. Er hielt ihrem Blick nicht stand. Er missbrauchte ihr Vertrauen, er fühlte sich mehr und mehr als Verräter. Walter war mit seinem Verdacht auf dem Holzweg. Rebecca Loepki hatte ihrem Kind nichts angetan. Nie und nimmer. Und Walter hatte ihm diesen Floh ins Ohr gesetzt, von wegen Fakt ist: Annetta Loepki ist verschwunden. Fakt ist: Ich habe Annettas Blutspuren im Schlafzimmer der Mutter gefunden. Eine total blödsinnige Idee von Walter. Und er tappte wie ein Idiot in die gestellte Falle. Mensch, wer einmal Kriminalist war, der bleibt es. Dein Berufsethos kann doch nicht so schnell abhanden gekommen sein! Einmal Bulle, immer Bulle! Kein Wunder, dass diese Loepki sich Hoffnungen machte, wenn er ihr so viel Aufmerksamkeit schenkte. Und natürlich hatte Frederike recht, wenn sie meinte, dass das Mädchen sich in ihn verliebt hatte. Ihr Annäherungsversuch war eindeutig gewesen. Nur war sie Kain nicht sympathisch. Allein wie sie jetzt wieder in seine Richtung lächelte. Er wünschte sich, sie würde wie vorher weiter freudlos ins Leere schauen. Oder gar nicht mehr in den Waschsalon kommen. Er mied den Augenkontakt und dachte an Eva. Er würde ihr die Narzissen der Loepki doch nach Hause mitbringen.
»Wie lange zapfst du denn an einem Bier?« Ehrlichers Tonfall war eine Beleidigung, die Kain ignorierte. »Frederike wird das nicht begeistern. Da nimmt sich die Chefin einmal einen freien Tag, und das Personal lässt die Gäste unnötig warten. Du musst noch viel lernen in
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