DoppelherzTOD
Zeugen reagierten unterschiedlich auf die Katastrophen ihres Lebens. Und Ehrlicher rutschte augenscheinlich in eine tiefe Depression oder er bekam gleich einen cholerischen Anfall. Alkohol kriegte der vorerst keinen, nicht bevor er ihm alles haarklein erzählt hatte. Kain lehnte sich auf die Zapfgarnitur und vergaß, wo er sich befand. Es zählte nur Bruno, nur für ihn war er da.
»Margot Wendel und Hans-Jürgen Porstmann sind beim Frühstück gestorben. Der Kaffee stand noch warm auf ihrem Tisch. Hosfeld hat nicht geglaubt, dass die beiden ihrem Leben freiwillig ein Ende gesetzt haben.«
»Sie wurden ermordet, willst du damit sagen?«
»Ja. Aber weder Brigitta…« Da war schon wieder der Name, den Kain nicht kannte. Und wenn er überlegte, nannte Bruno nur Frederike beim Vornamen. Nun also auch eine Brigitta. »… weder Brigitta noch die Heimleitung, noch die neue Chefin der Mordkommission, selbst die Staatsanwältin Mitterer zweifeln an diesem Selbstmord. Auch ich hab gedacht, der Frieder ist spinnert. Bis jetzt. Verdammt, warum habe ich dem alten Haudegen nicht vertraut. Jetzt ist er tot. Ich hätte das verhindern müssen! Ich bin Schuld am Tod eines Menschen! Kain, das ist ein furchtbares Gefühl!«
Kain ahnte, wie Bruno zumute sein musste. »Bruno, mal langsam. Vielleicht hättest du Hosfelds Tod gar nicht verhindern können. Überlegen wir mal zusammen… Wer hätte einen Grund, die beiden Alten und Hosfeld aus dem Wege zu räumen?«
Bruno Ehrlicher holte tief Luft und sammelte sich. Er kehrte ins Leben und zu seinem normalen Verhalten zurück, stellte Kain fest. »Der tote Hans-Jürgen und der tote Frieder haben die Heimleitung verdächtigt, sich an den Bewohnern illegal zu bereichern.« Ehrlicher bat mit Blicken um ein neues Bier. Kain winkte ab, Ehrlicher sollte einen klaren Kopf behalten.
»Was soll denn das? Der Kunde ist König!«
Nein, Ehrlicher war noch nicht wieder der Alte. Kain ließ sich nicht provozieren. »Die Polizei wird auch in diese Richtung ermitteln.«
»Das tut sie eben nicht! Diese Frau Hauptkommissar Mirfendereski, Kaminski oder Schermulski, weiß Gott, wie die heißt, diese Frau glaubt ja an einen Selbstmord, und sie glaubt auch nicht, dass der Frieder umgebracht wurde. Bläst die sich vor mir auf, als wäre ich ein behindertes Kind! Aber sicher Herr Ehrlicher, sicher gehen wir Ihren Hinweisen nach. Hintenrum hat sie über mich Dämlack gelacht. Ich habe es genau gesehen. Sie hat gelacht und mich für saublöd verkauft!«
Kain erkannte seinen Kollegen noch immer nicht wieder. Und wieder bat Ehrlicher um ein neues Bier. Kain tat, als hätte er nichts gehört. »Und Walter soll dir jetzt helfen, damit ihr der Schabowski eins überbraten könnt, ihr alten Genossen?« Der Neuen auf Brunos Stuhl könnte einer mal ihre Grenzen zeigen. Nicht nur ich tat mich freuen. Genau das hatte Walter zu ihm gesagt. Vielleicht spann Walter eine Intrige gegen die Neue. Und Kain sollte aus Rebecca Loepki etwas herausholen, damit der Schabowski der Fall um die Ohren fliegt. Und er hatte exakt nach Walters Pfeife getanzt. Die Verdächtige hatte ihm ihr Leid erzählt, jetzt saß sie in seinem Café und lächelte schon wieder zu ihm herüber. Kain hatte aus falschen Motiven gehandelt, und auch Ehrlicher hatte Walter gegen die Schabowski aufgehetzt. Kain fühlte sich unwohl, wusste aber genau: Die Loepki war keine Mörderin. Er war sich sicher, doch sein Lächeln missglückte.
Ehrlicher schrie: »Die Wahrheit will ich! Walter soll in diese Richtung ermitteln.«
»Bruno, Walter ist Kriminaltechniker, kein Ermittler.«
»Der wird Wege finden. Dieser Sekulski muss einer mal ihre Grenzen zeigen. Walter kann das.«
Kain versuchte, Ehrlicher zu beruhigen. »Hast du denn im Krankenhaus angerufen? Vielleicht ist der Hosfeld gar nicht gestorben.«
»Für wie bekloppt hältst du mich eigentlich!« Ehrlicher sprang von seinem Barhocker, der fiel mit Gedöns auf den Boden. Die wenigen Gäste schraken auf.
Kain wechselte das Thema. »Sag mal, wer ist denn diese Brigitta? Kenne ich die?«
»Nein.«
»Muss ja eine beeindruckende Frau sein, wenn du nichts über sie erzählst. Kennt Frederike sie?«
»Nein.« – »Mach mir mal ein Bier.«
»Nein. Bruno, mach mal langsam.«
Ehrlicher schaute wie ein Hund, dem man die Wurst nahm. »Unverschämt! Was ist denn das für eine beschissene Kneipe, wo der Gast nicht mal ein Bier kriegt! Ich kann bezahlen!« Ehrlicher haute mit der Faust auf den Tisch, dann suchte er
Weitere Kostenlose Bücher