Doppelt gebloggt hält besser (German Edition)
gesund. Bis zu dem Tag, an dem er wahnsinnige Krämpfe bekam und immer wieder schreiend und hechelnd so etwas wie Purzelbäume schlug. Gruselig. Erst mit großen Pausen, dann in rascher Abfolge.
Lieschen und Hermann haben wieder mitgelitten und am dritten Tag nach einer schrecklichen Nacht haben sie ihn, im Wissen, dass es seinen Tod bedeuten wird, zur Tierärztin gebracht. Er ließ sich kaum halten und die Ärztin, die die häusliche Diagnose am Telefon noch bestritten hatte, hat ihn angesehen, nur noch kurz untersucht und gesagt "Hirntumor oder Schlaganfall. Meine dringende Empfehlung: erlösen Sie ihn".
Während mir Lieschen die Geschichte erzählt, weint sie noch einmal ein bisschen. "Du warst ein Guter" hat sie ihm noch sagen können, während sie ihn in den Tod streichelte. Dann haben die Spritzen gewirkt.
Lieschen sagt, sie sei froh, dass es so eindeutig war, dass sie ihn manchmal noch vermisst, aber auch sehr froh über die gewonnene Freiheit ist.
Die Berta wird ihre Trauer auch eines Tages überwinden, sagt das Lieschen. Es ist der Lauf der Welt. Mit der Geburt ist der Tod sicher. Klug ist, wer die Zeit dazwischen genießt. Seine eigene und die mit den anderen, die alle jederzeit auf irgendeine Weise abhandenkommen können. Lieschen selbst hangelt sich an dieser Weisheit durch ihr Leben und fährt ganz gut damit.
Euer Lieschen
Donnerstag, 15. August 2013
Ein Nachmittag in Gelb
Gestern war ja wieder Talk bei Kaffee angesagt mit Lieschen. Natürlich hat sich das Fräulein Grete Meier per Fahrrad zum Cafe begeben. Pudelnass kam sie an. Ein heftiger Schauer hatte die Grete voll erwischt. Zwei Minuten hatte es geschüttet wie aus Eimern, danach schien wieder die Sonne, als könne sie kein Wässerchen trüben. Zwei, drei Handgriffe reichten aber aus, um aus einer nassen Grete wieder ein vorzeigbares Wesen zu machen. Lieschen hat den Regenguss gar nicht mitbekommen. Sie kommt ja aus einer ganz anderen Richtung. Allerdings sah sie auch ein wenig zerzaust aus. Naja, eher plattgedrückt am Kopf. Herrmann hatte die Saxonette repariert, Lieschen aber nicht ohne Helm fahren lassen. Viel zu gefährlich.
Windbeutel waren diesmal angesagt. Gerade als der erste Happen in Gretes Mund verschwand stoppte etwas mit einer hörbaren Vollbremsung am Tisch. Grete war ganz erschrocken, vor allem als Lieschen einen kleinen Schrei ausstieß. " Die Fahrradfrau, ich werd verrückt ..."
Grete kapierte nichts, auch nicht als Lieschen aufsprang und bewundernd um das Gefährt der Dame herumsprang. Grete sah nämlich nur Gelb. Gelbes Shirt, gelbe Hose und überall Sonnenblumen. Auf dem Sattel und am Korb, der vorne an dem Rad befestigt war. Denn um ein Fahrrad handelte es sich eindeutig. So langsam kapierte nun auch die Grete, wer da so ganz in Gelb neben dem Sonnenblumenfahrrad stand. In der Tat, die Fahrradfrau. Genau die, die ihr zur Inspektion ihres Rades geraten hatte vor drei Wochen und ihr jede Menge Tipps dafür gegeben hatte. Was für eine Überraschung! Lieschen schob schnell einen weiteren Stuhl an den Tisch, während die Grete endlich die Fahrradfrau begrüßte und es sich nicht nehmen ließ, das sonnenblumengeschmückte Rad gebührend mit begleitenden Ahs und Ohs zu bewundern. Fast wurde sie sogar ein bisschen neidisch. Aber nur fast und nur für einen kleinen Augenblick. Ihr Rad war ja schließlich auch schön geschmückt und an den Klingelfrosch kommt eh keiner dran.
Lieschen wollte wissen, was die Fahrradfrau hier so hertreibt. "Na, ihr zwei. Ich finde es schon toll, dass ihr euch regelmäßig trefft. Das hat man ja nicht alle Tage. Ich wollte euch einfach mal persönlich kennenlernen." Grete war baff. Das Lieschen wahrscheinlich auch, ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen. "Und ein paar Fragen habe ich natürlich auch im Gepäck."
Die Fahrradfrau bestellte sich ein großes Zitroneneis und legte dann auch gleich los. Wissen wollte sie zuerst, wie lange sich die Grete und das Lieschen schon kennen. Solche Fragen mag die Grete. Da ist sie gleich in ihrem Element. Kindheit und Jugend, darüber erzählt die Grete gerne. So lange kennt sie das Lieschen nämlich schon. Sandkiste eben. Bis Gretes Eltern starben. Da war die Grete gerade mal vierzehn und ist dann zu Tante Heidi und Onkel Günther gezogen. Ans andere Ende der Stadt. In der Wohnung der Eltern wollte sie nicht bleiben. Auch nicht mit Tante Heidi und Onkel Günther. Die waren damals wegen ihr, damit sie nicht die Schule wechseln
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