Doppelt gebloggt hält besser (German Edition)
Zigarette. Herr Heinevetter erwartete sie schon. "Hamse schon gehört?"
Als wenn es da was zu überhören gibt. Na, jedenfalls war der Herr Heinevetter bestens informiert und klärte die Grete auf. "Da zieht einer ein. Endlich. Die Wohnung steht ja lange genug leer. Bestimmt schon zwei Monate. Ist ein junger Mann. Sehr freundlich. Hat mich jedenfalls höflich im Flur gegrüßt und mir sogar die Türe aufgehalten. Hat man ja nicht alle Tage. Und entschuldigt hat er sich für den Lärm. Kann nur sonntags sagt er. Schichtdienst im Krankenhaus. Assistenzarzt isser. Praktisch Frau Meier, praktisch. Wenn mal was passiert."
Die Grete blies ein paar Kringel in die Luft und nickte dabei zustimmend. Das hörte sich auf jeden Fall gut an. Schlimmer als die Karbachs, die vorher in der Wohnung unter der Grete gewohnt hatten, konnte es gar nicht kommen. Herr Karbach war wohl Immobilienmakler. Mit Porsche und so. Selten da. Dafür aber die Frau Karbach. Ne, was war das für eine Zimtzicke.
"Frau Meier", hat sie immer gesagt, "Frau Meier, das ist hier nicht meine Welt. Alles so einfach und die Menschen hier im Haus, so primitiv. Also wenn uns nicht vom Schicksal so übel mitgespielt worden wäre, dann … " Nie hat die Grete erfahren was dann, und niemals den Grund für das Hiersein im Haus von den Karbachs. Interessiert hätte sie das schon. Aber gefragt danach hat sie auch nicht. Es war für die Grete schon Belastung genug, dass die Karbach ihr jeden Tag im Flur aufgelauert hat, sobald die Grete aus dem Büro kam. Und jeden Tag hatte sie was zu meckern. Das Babygeschrei bei Hebers störe sie in der Mittagsruhe, der Heinevetter hätte mal wieder den Fernseher viel zu laut, und überhaupt, muss die Frau Korters denn immer so früh aus dem Haus, man hört doch die Tür zuklappen. Sie bräuchte schließlich ihren Schönheitsschlaf. Halb fünf, was will die Alte denn da schon auf der Straße? Nein, Frau Meier, das ist nicht meine Welt …
Anfangs hat die Grete ihr noch versucht alles zu erklären. Dass Babys eben mal schreien, dass der Herr Heinevetter nicht mehr so gut hört und dass die Frau Korters Zeitungen austrägt, weil ihre Rente so niedrig ist. Und und und …
Irgendwann hat sie es dann aufgegeben und nur noch stumm genickt. Und zugesehen, dass sie schleunigst die Treppe raufkam. Sie hat sogar einige Tage probiert zu unterschiedlichen Zeiten nach Hause zu kommen. Pustekuchen. Die Karbach stand trotzdem im Flur, sobald die Grete die Haustür aufgeschlossen hat.
Die Grete begann Luft zu holen. Schon vor der Haustür. Jeden Tag. Hörbar. Und sie zählte bis zehn, bevor sie den Schlüssel umdrehte. Das nützte was. Für ein paar Wochen. Eines Tages beschwerte sich die Karbach mal wieder über den Herrn Heinevetter. Diesmal ging es nicht um den Fernseher. Nein, um den merkwürdigen Besuch, den der Herr Heinevetter ab und an erhält.
"So ein Schwuler, wissen sie, das sehe ich auf den ersten Blick, ekelhaft sage ich ihnen. Den hat der alte Bock sich garantiert von der Straße geholt. Liest man ja jeden Tag in der Zeitung. Und mit sowas muss man unter einem Dach wohnen. Einen Puff hat der da, der Heinevetter. Nein, Frau Meier, das ist nicht meine Welt …"
Weiter kam die Karbach nicht. Die Grete, schon Schaum vor dem Mund, hat ihr nämlich kurzerhand ihren Regenschirm auf den Kopf geschlagen. Nicht dolle, aber immerhin so doll, dass die Karbach den Mund hielt. Und dann legte die Grete los. Alles was sich wochenlang angestaut hat entlud sich nun verbal über der Karbach.
Was sie für eine oberflächliche Ziege sei, die ihr jeden Tag nur auflauert um zu hetzen. Dass die Grete so viel Dummheit noch nie auf einen Haufen gesehen hätte und überhaupt, wenn sie es doch hier so schrecklich findet, warum sie dann nicht endlich auszieht mit dem Herrn Porschefahrer, der immer zwei Parkplätze blockiert, weil er zu dämlich ist, um richtig einzuparken.
Je mehr die Grete in Fahrt kam, desto kleiner wurde die Karbach und je kleiner die Karbach wurde, desto besser fühlte sich die Grete. Als alle Luft verbraucht war, fuchtelte die Grete nochmal drohend mit ihrem Schirm und machte dann, dass sie in ihre Wohnung kam. Von der Karbach hat sie danach nie mehr etwas gesehen. Nur noch den Möbelwagen ein paar Wochen später. Das Lieschen hat es da echt gut. So ein eigenes Häuschen hat schon seine Vorteile. Trotzdem würde die Grete dann wohl so einiges vermissen.
Bei der Erinnerung an diese Menschen schüttelte sich die Grete. "Wissense, Herr
Weitere Kostenlose Bücher