Doppelt gebloggt hält besser (German Edition)
soll niemand denken. Auch das Fräulein Grete nicht. Aber sie folgt verschiedenen Blogs, in denen die Schönheit großgeschrieben wird. Das Lieschen ist ja interessiert an der Welt wie sie heute ist. Und außerdem führen ihre Nichte und deren Freundinnen solche Internettagebücher.
Sie betrachtet sich dann junge Mädchen, die vor Mauern, Badezimmerspiegeln und auf grünen Wiesen in ihren H so perfekt posen, wie sie es von ihren Stars in den Medien vorgemacht bekommen. Manche posten so viele Bilder, dass es der Liese manchmal fast schwindelig wird, ihr aber die Frage beantwortet, die sie bei ihren seltenen verkrampften Bummeln durch die Geschäftszonen der Innenstadt ständig mit sich herumträgt. "Wer soll das alles kaufen und tragen? Wer braucht das?"
Die Mädels scheinen das zu brauchen. Mindestens für die Fotos für die Blogs und die Videos. Aber was machen die wohl danach damit? Hat sich die Liese dann doch noch gefragt, gehofft, dass das Zeug nicht im Restmüll landet und - die Kleiderkreisel entdeckt.
Wieder Fotos. Wieder ordentlich viel Begeisterung für uniformierte Kleidung. So erscheint es der Liese nämlich. Irgendwie sehen die Süßen alle gleiche aus, meint sie. Lieschen selbst richtet sich ja nach keiner Mode. Weder Vintage noch modern.
Sie trägt nur das, was ihr wirklich gefällt und praktisch ist. Manchmal sieht das schon besonders aus. Vielleicht sogar ein bisschen extravagant. Naja ungewöhnlich allemal. Und sie besitzt natürlich nicht viel mehr Kleidung als sie braucht. Das muss ja auch alles hergestellt werden. Vieles wohl von Kindern und versklavten Menschen in nahen und fernen Ländern, denen die verwendeten Giftstoffe in den Stoffen oft ordentlich zusetzen.
Wenn es irgendwie geht, guckt die Liese auf Flohmärkten, Secondhandläden, Ebay und neuerdings eben auch in Kleiderkreiseln. Und dann "cycled sie up". Die Ideen dazu hat sie aus Youtube-Beauty-Videos. Die sind manchmal ein bisschen langatmig. Aber die Liese kann ja vorspulen.
Nageldesign interessiert sie aber nicht. Das wäre ihr viel zu aufwändig. Zweimal in der Woche Farbe auf die Hände auftragen, so wie das Fräulein Grete, das kann sie sich für sich nicht mal vorstellen, geschweige denn tun. Das ist ihr zu übertrieben. Sie mag ihre Hände, Finger und Nägel genauso wie sie sind. Und außerdem würden die Lacknägel zu sehr leiden. Bei der Gartenarbeit und all den Dingen, die das Lieschen so den ganzen Tag lang tut.
Für die Grete ist das natürlich was ganz anderes. So eine Schreibtischtäterin schont ja die Nägel. Und wer weiß, vielleicht leisten ihr die roten Krallen auch gute Dienste in Bezug auf ihren Chef. Vorstellen kann sich die Liese das.
Euer Lieschen
Samstag, 20. Juli 2013
Das Fräulein Grete Meier liest online
Was waren das noch für Zeiten, als die großen Nachrichtenmagazine noch kostenfrei im Netz zu lesen waren. Das Fräulein Grete Meier hat das auch jeden Tag genutzt. Morgens kurz einen Blick auf einen bekannten Nachrichtensender, online natürlich, im Büro die städtische Tageszeitung, das Handelsblatt und die BILD, in Papierform (noch schnell bevor der Chef sie verlangt) und abends wird sich dann für mindestens eine Stunde durch diverse Onlineausgaben geklickt. Die Grete kommt bei ihren Netztouren nämlich immer sehr schnell vom Hölzchen aufs Stöckchen. Wenn sie ein Thema interessiert, googelt sie sich durch die internette Landschaft. Da ist sie wie das Lieschen. Seit einiger Zeit muss sie allerdings vermehrt auf den "Gefällt-mir-button" drücken, um weiterlesen zu können. Erst hat sie das ja ignoriert und sich lieber weitergegoogelt. Leider waren dann doch oftmals gute Artikel online (die ersten Sätze kann man ja immer sehen), die sie gerne weitergelesen hätte. Ergo hat sie ein Facebookprofil erstellt, damit sie auch fleißig den Button drücken kann. Manche verlangen jetzt aber plötzlich Geld. Im Grunde versteht die Grete das. Bei mittlerweile so vielen Internetnutzern, wird wahrscheinlich in einigen Jahren niemand mehr eine Zeitung kaufen. Steht ja alles online, kostenfrei.
Was da alles wirtschaftlich von abhängt. Mal abgesehen von den Druckereien und wer da noch alles involviert ist, würden wahrscheinlich viele kleine Jobs wegfallen. Die Grete denkt dabei besonders an die Frau Korters. Die ist Witwe mit einer winzigen Rente. Vom Amt will sie keinen Zuschuss. Also trägt sie Zeitungen aus. Jeden Morgen steht sie um vier Uhr auf. Zwei Stunden braucht sie, im Winter oft
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