Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
Vom Netzwerk:
überbracht hast?«
    »Ja, genau deshalb. Ich ahnte, dass sich die alte Verletzung auf dich übertragen könnte, denn auch meine ist wieder aufgeplatzt, als ich mich ihm erneut näherte.«
    »Ich dachte, du kannst dir keine Narben zuziehen«, wandte ich ein. Wenn Colin sich verletzt hatte, war das Blut stets innerhalb von Sekunden versiegt und es war nichts zurückgeblieben.
    »Er ist so mächtig, Ellie … Er kann mir Narben zufügen. Ich wusste nicht, wie es sich bei dir auswirken würde, wenn du zu viel empfindest, während ich dir die Formel einpflanze, also wollte ich deine Gefühle auf das Schlechte reduzieren. Denn schon in deinem Traum von Tessa hatte sich etwas auf dich übertragen …«
    Oh ja. Das hatte es. Zwar kein Angriff eines Mahres, sondern ein Huftritt in den Bauch, aber es war geschehen, weil Colin und ich gedanklich miteinander verknüpft gewesen waren. Wann immer das geschah, schwächte oder verletzte es mich. Der Hufabdruck war inzwischen vollkommen verblasst, doch die Narbe auf dem Kopf war geblieben. Nicht nur bei ihm, sondern auch bei mir.
    »Zum Glück hat es dich nur gestreift, ich war schnell und gemein genug. Dieser Angriff damals hat mich beinahe umgebracht. Er hätte mich töten können, wenn ich nicht sofort geflohen wäre. Alles, was ich bei diesem ersten Versuch herausfand, war, dass es etwas mit Liebe zu tun hat. Dass Liebe die Voraussetzung ist, und da ahnte ich, dass es bei Tessa und mir nicht funktionieren würde.«
    Richtig – deshalb hatte Colin bei unserem Abschied zu mir gesagt, dass diese zweite Methode bei Tessa nicht infrage käme. Und verschwiegen, dass es ihn das Leben kosten konnte, mehr über die Methode herauszufinden.
    »Du hast ihn wirklich ein zweites Mal aufgesucht? Obwohl er dich beinahe getötet hat?«, fragte ich, hin- und hergerissen zwischen Ehrfurcht und dem Bedürfnis, ihm eine Standpauke zu halten. Colin war tatsächlich nicht feige, aber besonders klug war er auch nicht.
    »Hatte ich eine Wahl?« Er lächelte schwach. »Ich hatte dir ein Versprechen gegeben. Und auch ich wollte es endlich wissen. Die Hoffnung stirbt nie, oder?«
    »Aber du hättest sterben können!«
    »Ja, das hätte ich. Nur meiner Konzentration und meiner Schnelligkeit habe ich es zu verdanken, dass ich heil aus diesem Angriff auf seinen Kopf herauskam – und der Tatsache, dass er gerade dabei war, satt zu werden. Wenn wir satt werden, sind unsere Reaktionen verlangsamt. Dazu kam die immense Beherrschung, die ich aufbringen musste, um nicht selbst von dem Traum zu kosten …« Unwillkürlich leckte sich Colin über die Lippen. »Er war so köstlich …« Seine Augen loderten auf. Sein Hunger ließ sich allein durch Erinnerungen anlocken. Er würde bald jagen gehen müssen, wahrscheinlich schon in wenigen Minuten.
    »Dieser Mahr … war es einer der Ältesten oder der Älteste?«, lenkte ich seine Aufmerksamkeit wieder auf mich.
    »Der Älteste. Zumindest nehme ich das an. Von ihm habe ich alles erfahren, was ich über die Mahre weiß. Er hat es mir bereitwillig gesagt, ganz zu Anfang nach meiner Verwandlung, doch ich habe keine Ahnung, auf welcher Seite er steht. Wie bereits erwähnt: Wir können einander nicht in unsere Gedanken schauen.«
    »Wird er dich verfolgen?«, fragte ich bang. Es glich einem Wunder, dass Colin dieses Unterfangen überlebt hatte. Wenn Mahre sich im Fressrausch in die Quere kamen, ohne sich vorher zu gemeinsamen Raubzügen verbündet zu haben – und das taten nur wenige –, endete das meistens mit einem brutalen Mord, ganz egal, wie sie vorher zueinander standen. Auch das Opfer konnte dabei sein Leben verlieren.
    »Ich hoffe nicht, dass er das tut. Bisher hat er es nicht getan. Vielleicht wartet er darauf, dass ich von allein wiederkomme, weil ich noch mehr wissen will, doch so dumm bin ich nicht. Wäre es dir denn lieber, ich würde von einem Mahr getötet werden?« Die Frage war ihm ernst.
    »Nein! Nein, ich will dich lebend, so oder so!«
    »Und ich will lange genug leben, um dich in der jetzigen Situation beschützen zu können. Es wäre töricht, wenn ich die Mahre nun provoziere. Das sollte ich bleiben lassen, sofern wir deinen Vater finden wollen.« Colin legte eine kleine Pause ein, die er dazu nutzte, seine Augen zu schließen und in meditative Starre zu verfallen. Er versuchte, seinen Hunger einzudämmen. Schon begann ich den verführerischen Duft wahrzunehmen, der aus seiner Haut strömte, sobald sein Inneres nach Nahrung verlangte, und

Weitere Kostenlose Bücher