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Dornentöchter

Dornentöchter

Titel: Dornentöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josephine Pennicott
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rief ihnen einen Gruß zu, und Sadie blieb am Gartentor stehen.
    »Guten Morgen«, sagte sie und betrachtete bewundernd den Garten. »Ich bin Sadie. Das ist meine Tochter Betty.«
    Die alte Frau sah Sadie aufmerksam an. »Sie sind eine Tatlow«, sagte sie. »Marguerites Tochter, Sadie. Ich habe schon gehört, dass Sie herkommen. Die Tatlows kommen immer zurück auf die Insel. Schön für Sie! Das Poet’s braucht kreative, liebevolle Seelen. Ja, ich kann Marguerite in Ihnen erkennen. Es hat mir so leidgetan, als ich von ihrem Tod erfuhr. Sie war so ein liebes kleines Mädchen.«
    Sadie hatte das Gefühl, als würde sämtliche Luft aus ihr herausgepresst. Dass jemand von Marguerite in der Vergangenheit sprach, mutete sie erschreckend und unwirklich an. »Vielen Dank«, brachte sie mühsam hervor. »Sie fehlt mir entsetzlich.«
    Es folgte ein kurzes Schweigen, währenddessen die Frau sie weiter musterte. »Ich heiße Birdie Pinkerton«, meinte sie schließlich. »Ich kannte Ihre Großmutter sehr gut. Ich habe ein Buch über sie geschrieben.«
    »Birdie?« Sadie musste sich anstrengen, ihre Aufregung zu verbergen. »Ich bin ja so froh, dass ich Sie kennenlerne. Selbstverständlich habe ich Die Netzespinnerin gelesen. Es ist faszinierend. Vielen Dank, dass Sie es geschrieben haben. Es hat mir als Kind so viel bedeutet, mehr über meine Großmutter zu erfahren, und es stand so vieles darin, was meine Mutter mir nie erzählen wollte. Ich kann gar nicht fassen, dass ich Ihnen einfach so über den Weg gelaufen bin. Sie sehen so jung aus!« Sie wusste, dass Birdie um die hundert sein musste, aber die Frau vor ihr hätte locker für zwanzig Jahre jünger durchgehen können. Sie hatte das lange weiße Haar mit einem strassbesetzten Kamm hochgesteckt und trug eine lavendelfarbene Strickjacke. Eine Perlenkette schmückte ihren Hals und den schmalen Mund zierte ein leuchtend rosafarbener Strich Lippenstift. Ihre milchigen hellblauen Augen blickten wachsam.
    »Das machen die Luft und die Lebensart von Pencubitt. Einer der Ärzte, der hier eine Weile gearbeitet hat, sagte mal, die Luft aus der Antarktis sei so kalt und rein, dass sie alle Bazillen wegbläst. Er hat sich oft beschwert, er hätte nicht genug Arbeit!«, erklärte Birdie. »Glauben Sie mir, ich spüre mein Alter. Es macht nicht viel Spaß, alt zu werden. Eine furchtbar trostlose Sache. Zu viel Zeit zum Herumsitzen und an all die Lieben zu denken, die man verloren hat. Es ist schrecklich, eine der letzten Übriggebliebenen zu sein.« Sie richtete ihren scharfen Blick auf Betty. »Das muss Ihre Tochter sein. Was für ein hübsches kleines Gesicht! Ist sie Ihre einzige?«
    »Ja, das ist Betty.« Sadie verspürte einmal mehr den vertrauten Anflug von Traurigkeit, dass sie kein zweites Kind hatte bekommen können.
    »Sie sind gesegnet, eines zu haben«, erwiderte Birdie, als wären ihre Gedanken an ihrer Miene ablesbar gewesen. »Maxwell und ich haben versucht ein Kind zu bekommen, aber Gott hat uns dieses Geschenk nicht gemacht.« Ihre Augen glänzten, als verweile sie in einer Erinnerung. Ihr Blick blieb genauso wachsam, aber ihre Stimme wurde zu einem Flüstern, als sei sie sich bewusst, dass das Thema für Sadie vielleicht unangenehm war. »Das war eines der Dinge, die mir in meinem Leben Kummer bereitet haben. Ich vermisse Maxwell unheimlich. Ihr Großvater war ein wunderbarer Mann.«
    »Das tut mir sehr leid«, meinte Sadie, obwohl sie sich nie sicher war, was sie von der Affäre zwischen ihrem Großvater und Birdie, Pearls Freundin, halten sollte. Trotzdem verspürte sie einen Anflug von Mitleid. Was das Thema Maxwell und Birdie anging, war Marguerite ein Buch mit sieben Siegeln gewesen, und sie hatte mit ihnen über die Jahre hinweg kaum Kontakt gehabt. In Sadies romantischen und auch schrecklichen Phantasien hatte sie sich gefragt, ob ihre Mutter wohl einen der beiden – oder beide zusammen – verdächtigt hatte, etwas mit Pearls Ermordung zu tun zu haben.
    Birdie nickte nur. »Ich nehme an, Sie sind hergekommen, um an Ihrem Buch über Pearl zu arbeiten?«
    »Woher wissen Sie das?« Aber warum noch Überraschung heucheln? Anscheinend gab es in Pencubitt keinerlei Geheimnisse. Die Dorfbewohner wussten offenbar über einen Bescheid, noch ehe man es selbst tat.
    Birdie lachte. »Als ich gehört habe, dass Pearls Enkelin Schriftstellerin ist, wusste ich, es ist nur eine Frage der Zeit, bevor sie auf der Suche nach Pearl hierherkommen würde. Ich wusste, Sie würden

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