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Dornroeschenmord

Dornroeschenmord

Titel: Dornroeschenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kalman
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extra eine Birne Helene machen lassen. Die mochtest du doch immer so gerne. Definitely.«
    »Heute nicht, Mutter. Ich habe keinen großen Hunger.« Edward sah verdrossen auf seinen Teller.
    »Edward, du läßt dir doch nicht von dieser Rothaarigen den Appetit verderben. Wir wollen froh sein, daß diese Geschichte vorbei ist. Ich habe dir ja von Anfang an gesagt, daß diese Frau nichts für dich ist.«
    Liebevoll betrachtete Gwendolyn ihren hochgewachsenen, dunkelhaarigen Sohn. Ihr selbst ähnelte Edward nicht. Die sanfte Lebendigkeit, die ihrem Gesicht früher seinen munteren Reiz verliehen hatte, war im Laufe der Jahre einer asketischen Strenge gewichen. Die hellgrünen Augen hatten ihre sonnige Apfelfrische verloren, statt dessen klirrte jetzt darin die Kälte eisiger Januartage. Wie immer, wenn sie ihren Sohn ansah, erblickte sie in dessen Zügen auch seinen Vater. Doch während seine Augen von Wärme und Humor erfüllt gewesen waren, lag in Edwards Blick häufig kühle Skepsis. Ein wenig mitleidig konstatierte sie, daß sein dichtes, dunkles Haar mittlerweile von eisgrauen Fäden durchzogen war. Die Art, wie es geschnitten war, betonte vorteilhaft seinen ausgeprägten Hinterkopf.
    Sein markantes Gesicht hätte beinahe unnahbar gewirkt, wenn er nicht auch das Lächeln seines Vaters geerbt hätte. Es war unverwechselbar und zog sich über den rechten Mundwinkel schräg nach oben – entwaffnend und siegessicher zugleich.
    Doch im Augenblick war von diesem Lächeln keine Spur zu sehen. Gwendolyns Arie über die Entbehrlichkeit anderer Frauen kannte Edward zur Genüge, und sie fiel ihm mehr denn je auf die Nerven.
    »Ist ja gut, Mutter«, räumte er mißmutig ein. »Ich bin ja wieder hier. Ich gehe jetzt nach oben und packe meine Sachen aus.«
     
    Das Zimmer war so unverändert, als hätte er es gestern zum letzten Mal betreten. Die antiquarische Hemingway-Gesamtausgabe stand in Reih und Glied ohne ein Körnchen Staub im Bücherschrank. Auf seinem Bett lag ein Überwurf im klassischen Schottenmuster, die schweren Vorhänge aus dunkelrotem Chintz hatte Frau Hindenberger bereits zugezogen.
    Die einzigen Fremdkörper in dem makellosen Zimmer waren die drei Koffer. Als Edward sie öffnete, packte ihn die kalte Wut. Mandy hatte seine Sachen so wahllos hineingeworfen, wie sie sie aus dem Schrank gezerrt hatte. Im nachhinein erschien es ihm wie blanker Hohn, daß er sich eben noch einer gewissen Wehmut hingegeben hatte. Denn der Blick in die Koffer machte ihm deutlich, mit welch konsequenter Rücksichtslosigkeit sie ihn abserviert hatte.
    Mit einer typisch männlichen, über Jahre hinweg kultivierten Taktik verdrängte er seinen eigenen Anteil am Mißlingen der Beziehung und erinnerte sich um so deutlicher daran, wie sehr ihm ihr Versuch, ihn in die Einbahnstraße der Ehe zu locken, auf die Nerven gefallen war. Endstation Reihenhaus. Aber nicht mit ihm!
    Edward atmete tief durch. Mandys Anhänglichkeit war für ihn kein Zeichen von Zuneigung, sondern vielmehr ein Zeichen von Schwäche gewesen. Genau wie ihre Eifersucht. Was, in aller Welt, war falsch daran, ab und zu mit einer anderen Frau auszugehen? In seiner Selbstgerechtigkeit vergaß er allerdings, daß sich dieses »Ausgehen« nicht nur auf ein Glas Wein beschränkt hatte …
    Und trotzdem war da diese kleine Stimme, die sich durch das Gestrüpp seiner männlichen Eitelkeit hartnäckig Gehör verschaffte. Sie erinnerte ihn wispernd an die Art, wie sie den Hals nach hinten gebogen hatte, wenn er sie küßte, und wie kindlich sie in ihrer Freude gewesen war, als sie ihn zum Geburtstag mit einer Reise nach Florenz überrascht hatte.
    Obwohl er sich dagegen sträubte, entstand vor seinem inneren Auge ein Bild, das er in die Tiefen seines Gedächtnisses verbannt hatte. Es war ein milder Sommermorgen gewesen. Durch die Ritzen der Jalousien hatten die ersten Sonnenstrahlen ins Zimmer gelugt, und Mandy hatte weich und warm in seinem Arm gelegen. Ganz unvermittelt hatte sie ihn angesehen und gesagt: Wenn ich es nicht selber wäre, die hier liegt, dann würde ich mich bestimmt beneiden. Er hatte sie nur um so fester an sich gezogen und gedacht, wie wunderbar es doch war, daß es jemanden gab, der ihm so etwas sagte. Und jetzt kochte sie für einen anderen Mann! So hartgesotten, wie er glaubte, war er gar nicht.
    Mit einem resignierten Seufzer öffnete Edward den Kleiderschrank. Lavendelduft strömte ihm entgegen. Er nahm einen Kleiderbügel und begann, seine Hosen und Hemden

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