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Dornröschens Bestrafung

Dornröschens Bestrafung

Titel: Dornröschens Bestrafung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Roquelaure
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verließ.“
    „Ja.“ Dornröschen verstand,
weil sie wusste, dass sie mit dem Kronprinzen und Lady Juliana gleiches getan
hatte.
    „Aber das Dorf? Hattest du
keine Angst?“
    Wieder klang ihre Stimme
unsicher. Wie weit war es noch bis dorthin?
    „Oder war es der einzige
Weg?“ fragte sie leise.
    „Ich weiß es nicht. Es muss
wohl doch mehr gewesen sein“, flüsterte Tristan und hielt plötzlich inne, als
wäre er verwirrt. „Aber wenn du es wissen willst“, bekannte er, „Der Gedanke an
das, was uns bevorsteht, erschreckt mich.“
    Er sagte das so ruhig und
sicher, dass Dornröschen es kaum zu fassen vermochte. Der ächzende Karren hatte
eine weitere Kurve genommen. Die Wachsoldaten waren ein Stückvoraus geritten,
um Befehle ihres Hauptmanns entgegenzunehmen. Die Sklaven tuschelten
untereinander, zu verängstigt, um sich der ledernen Knebel zu entledigen, und
doch schafften sie es, sich hastig ihre Befürchtungen über das mitzuteilen, was
vor ihnen lag.
    „Dornröschen“, sagte
Tristan. „Sie werden uns trennen, sobald wir das Dorf erreicht haben. Und
niemand weiß, was dann mit uns geschieht. Hör auf mich! Sei folgsam und
gehorche! Am Ende ist es ... „ Er hielt inne, fast ängstlich. „Am Ende kann es
nicht schlimmer sein als auf dem Schloss.“
    Fast meinte Dornröschen,
ein Beben in seiner Stimme vernommen zu haben, doch sein Gesicht war ungerührt,
als sie zu ihm aufsah - ein hartes Antlitz, das nur durch die schönen Augen etwas
weicher erschien. Sie bemerkte den leichten golden schimmernden Bart auf seinem
Kinn und wollte ihn küssen.
    „Wirst du nach mir suchen,
wenn wir getrennt sind?“ fragte Dornröschen. „Wirst du versuchen, mich zu
finden, und wäre es nur, um mir wenige Worte zu sagen? Oh, allein zu wissen, dass
du da bist... Aber ich glaube nicht, dass ich mich fügen werde. Ich weiß nicht,
warum ich noch länger folgsam sein soll. Wir sind schlechte Sklaven. Warum also
sollten wir jetzt gehorchen!“
    „Was meinst du damit?“
fragte er. „Ich ängstige mich um dich, wenn ich dich so reden höre.“
    Aus der Ferne erschallten
Rufe, Schreie, das Getöse einer großen Menschenmenge, die sich über die flachen
Hügel wälzte, dazu die dumpfen Geräusche eines brodelnden Marktes, von Hunderten,
die sprachen, riefen, johlten. Dornröschen drückte sich fester an Tristans
Brust. Ihr Herz begann zu rasen, sie fühlte Tristans Begehren erneut zwischen
ihren Beinen; aber er drang nicht in sie, und Dornröschen bereitete es
furchtbare Pein, dass ihre Hände gebunden waren und sie ihn nicht berühren konnte.
Auch wenn es plötzlich bedeutungslos geworden war, jetzt, da der Lärm der Menge
näher kam, wiederholte sie ihre Frage.
    „Warum müssen wir noch
gehorchen, wenn wir doch bereits bestraft sind?“
    Tristan vernahm nun
ebenfalls den anschwellenden Lärm in der Ferne. Der Karren gewann weiter an Fahrt.
    „Auf dem Schloss wurde uns
befohlen zu gehorchen!“, fuhr Dornröschen fort. „Dies war der Wille unserer
Eltern, als sie uns dem Prinzen und der Königin als Tribut sandten. Doch nun
sind wir schlechte Sklaven...“
    „Unsere Strafe wird nur
noch schlimmer, wenn wir ungehorsam sind“, flüsterte Tristan.
    Doch seine Augen straften
seine Worte Lügen. Seine Stimme klang falsch, als würde er diese Worte nur
äußern, um Dornröschen damit zu helfen.
    „Wir müssen abwarten und
sehen, was mit uns geschieht“, fügte er hinzu. „Denk daran, Dornröschen, am
Ende werden sie doch über uns siegen. Vergiss das nie.“
    „Aber Tristan, willst du
damit sagen, dass du dich selbst in diese schreckliche Lage gebracht hast und
dennoch gehorchen willst?“
    Und wieder spürte sie die
Erregung, die in ihr erwacht war, als sie den Prinzen und Lady Juliana weinend
im Schloss zurückgelassen hatte.
    Ich bin ein sehr schlimmes Mädchen , dachte sie.
    „Dornröschen, ihr Wille
wird obsiegen. Vergiss nicht, ein störrischer, ungehorsamer Sklave ergötzt sie
erst recht. Warum sich also dieser Mühen unterziehen!“
    „Aber warum sollten wir uns
anstrengen und Gehorsam beweisen?“ fragte Dornröschen.
    „Hast du denn die Kraft,
allezeit Widerstand zu leisten?“
    Seine Stimme klang tief und
drängend, und sein Atem streifte warm ihren Hals, als er sie erneut küsste.
Dornröschen versuchte, nicht auf das Lärmen der Menge zu hören; ein
unheimliches Grollen war es - wie das aus der Höhle einer Bestie. Dornröschen
zitterte am ganzen Leib.
    „Dornröschen, ich weiß
nicht, was ich getan

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