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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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Kids.« Jetzt geht ihm ein Licht auf. »He, Mac, die Meldung kam doch noch bei der dritten Schicht rein, und wir haben übernommen.«
    »Und das Match wurde erst im letzten Doppel entschieden«, ergänzt Higueras, »als dieser verdammte Feng den Punkt machte.«
    »Sieht aus, als hätte in dem Caddy kein durchgedrehter Barrio-Schläger gesessen, oder …« Aufmunternd lasse ich den Satz in der Luft hängen. Kann selber kaum glauben, was sich da abzeichnet. Netter kleiner Routinefall – von wegen!
    »Sieht so aus, Süße.«
    Der Cop ist sauer, mag es nicht, wenn die City Force smarter ist. Und ich mag es nicht, wenn mich so ’n Cop »Süße« nennt. Doch ich schluck meine Wut runter. Öffne den Mund für die nächste Frage – nicht schnell genug.
    »Irgendwelche Zeugen?«
    Die Frage klingt beiläufig genug, Chan ist gut drauf heute Morgen. Weiß nicht, ob ich sauer sein soll. Werf ihm einen mahnenden Blick zu – besser keine Spielchen mit dem Boss spielen.
    »Der alte Mann kam aus dem Pfandhaus an der Ecke. Schätze, der Besitzer könnte was gesehen haben.« Das klingt widerwillig. O’Reilley überlegt, ob er seine Infos rausgeben soll, ist immer noch sein Baby, Meilen entfernt von einem Barrio-Outsider-Fall. Jetzt geht es um Pluspunkte in der Akte.
    Ich beruhige ihn. »Wir sind nur an dem Subjekt interessiert, nicht an dem 63er Caddy oder den Kids, die ihn fahren.«
    Chan unterdrückt ein Grinsen, soll heißen: Glauben diese Downtown-Cops etwa, sie finden nach über neun Stunden den Fahrer? Das soll nicht unser Problem sein. Was mich viel brennender interessiert: Was macht ein alter Mann mitten in der Nacht auf der Straße, und warum macht ihn ein Latino-Schlitten platt?
    »Noch Fragen?«
    Klar, jede Menge. Doch die Antworten muss ich selber finden. Potter, J.C. – Babysitterjob. Seltsam, seltsam.
    Beide zeigen schlecht verhehlte Ungeduld, wollen zurück in die Zentrale, ’n bisschen Staub aufwirbeln. Doch da ist noch was, kaum greifbar, eine gewisse Unruhe bei Higueras.
    »Fragen nicht«, sage ich gedehnt und seh ihm direkt in die Augen.
    Er blinzelt nicht, er beißt an. Wird wohl wieder Zeit für Chans kleine Origami-Spielchen.
    »Wie viel?«
    »Kommt drauf an, was bietest du?«
    O’Reilley hält sich raus, noch. Er wird später den Preis hochtreiben. Schließlich sind sie Partner – in guten wie in schlechten Zeiten.
    Higueras zieht etwas aus der Tasche, legt es zwischen leer gegessene Mehrwegteller auf den Tresen. Es ist ein schwarzes, flaches, rechteckiges Ding.
    »Ist echtes Leder«, protzt er. »Und Papier.« Er setzt noch einen drauf: »Mit der Hand geschrieben, ist sicher alt.«
    »Was ist es?«
    Higueras zuckt die Achseln. So läuft das nicht. Der Handel beginnt.
    Mir ist klar, dass er keine Hand lesen kann, sein Partner wahrscheinlich auch nicht. Ich lege einen Fünfer dazu, was mir das Recht gibt, die Ware zu prüfen. Goldgeprägte Initialen ›J.C.P.‹, eng beschriebene Seiten. Scheint eine Art Tagebuch zu sein. Bevor ich einzelne Worte entziffern kann, nimmt mir O’Reilley das Teil aus den Fingern.
    Bei vierzig Scheinen werden wir einig. Damit holt Higueras seinen JaiAlai-Wettverlust wieder rein. Zehn für O’Reilley. Teures Leder oder billige Infos? Ich geb dem Spürhund Zeichen, haben zu tun, müssen den Vorsprung ausweiten, Rückmeldung bei Karlson – sind an ’ner heißen Sache –, dann zum Pfandhaus, Zeugen befragen. Ha! Als ob es in der Downtown Zeugen gäbe.

    Auf dem Weg zum DWNTN-HQ.
    »Was war denn das eben? Machst du jetzt meinen Job?«
    Chan sieht mich unschuldig an. »Wir haben doch, was wir wollten, oder?«
    »Wir?«, wiederhole ich. Klingt irgendwie nicht schlecht, dieses »wir«. Vielleicht …
    »So, und jetzt gehen wir frühstücken – mit richtigem Essen.« Chan will Punkte machen. »Geht auf meine Rechnung.« Chan will definitiv Punkte machen.
    »Okay«, sag ich nur. »Aber erst muss ich noch was checken.«
    Im C-Jet rufe ich dann die Einträge auf meinem SCom ab – das heißt, ich versuche sie abzurufen. Ich suche den File über den Babysitterjob, den ich für Potter, J.C. gemacht habe. Doch alles, was vor meinem »Unfall« passierte, ist gelöscht. Ich erinnere mich: Fraser hat mich mit meinem SC zur Wartung geschickt – ob LaSalle dahinter steckt? Sie hätte die Files doch auch einfach kopieren können, und ich wäre nie dahinter gekommen. Wirklich seltsam.
    »Was gibt es?«
    Chan beobachtet mich aufmerksam. Und ich merke, dass ich wieder vor mich hin geredet

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