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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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einfach klebrig.
    Die beiden Vermittler sitzen an der Bar, ein feindseliger Abstand zwischen ihnen, teure, halb geleerte Drinks vor sich. Die beiden Van Burens, verhuschte Wissenschaftler in teurem Luigi-Valdez-Outdoor-Dress, springen erleichtert auf, als Del die Tür aufstößt.
    Meine Partnerin erfasst die Situation mit einem langen Blick. Grinst süffisant, als sie den Bounty-Typen abschätzt: brettharter neuer Coverall mit Firmenlogo und glänzend neuem MiniCom, Anfänger quer über die Stirn mit zurückweichendem Haaransatz geschrieben. ›Willst du dich etwa mit mir anlegen?‹, sagt ihre Körpersprache. Der Bounty-Typ gibt sich geschäftig, murmelt wichtig in sein MiniCom, dabei weicht er einfach nur ihrem Blick aus. Schlechte Vorstellung. Ein Punkt für CF-Agent DelMonico.
    Der andere Vermittler: nach außen ein Teenie im Retro-Space-Look, doch ich erkenne die Straße in ihr. Sie hält sich im Hintergrund, wartet ab, beobachtet. Weiß, ohne sie läuft gar nichts. Ich halte es genauso, nur bin ich keiner der Spieler.
    Del ignoriert sie. Sie fixiert den Bounty-Typen. »Also, so sieht einer aus, der ’ne simple Übergabe verschissen hat …«
    »Deshalb haben sie ja auch die C-Force geholt.« Er bewegt kaum die Lippen beim Sprechen, so supercool ist er. »Möchte wetten, Sie wissen auch schon, wo der Junge steckt.«
    »Bitte, wir wollen, sind doch …« Van Buren stottert hilflos Vermittelndes.
    »Ja, genau, wir wollen doch nur.« Der Bounty-Typ packt Van Buren an den schicken Taschenklappen seines Luigi-Valdez-Parkas. »Und während C-Force hier aufläuft, verreckt Ihr Kleiner in irgendeinem Loch!«
    »Ist schon irgendwie komisch«, sagt Del gedehnt, »wo doch Bounty eine Tochter von StarCom ist. Möchte wissen, was die Administration dazu sagt.«
    »He, he. Lassen Sie uns erst mal in Ruhe darüber reden, CF-Agent.« Der Bounty-Arsch ist jetzt nervös.
    Space-Teenie steht langsam auf. Sie lockert ihre Muskeln, wippt auf den Fußballen, fährt sich durch den neongrünen Irokesen, grinst verschwörerisch in meine Richtung und ist durch die Tür.
    »Hey, Scheiße, warte, du kleines Miststück!« Dem Bounty-Vermittler entgleitet die Situation völlig. Hektisch rappt er in sein MiniCom. Jetzt können nur noch die anderen Entscheidungen treffen, die von irgendwo da oben – Bounty, StarCom.
    »Reden wir jetzt übers Geschäftliche«, sagt Del knapp und unterbricht seinen Redefluss. »Wann machen wir die Übergabe?«
    Der Typ hebt abwehrend die Hände und rappt noch hektischer. Del beugt sich vor und versucht mitzuhören.
    Ich gebe Aufmerksamkeitslaute von mir. Hier läuft einiges schief, finde ich.
    Ein kurzer Seitenblick – ein Du-bist-ja-auch-noch-da. »Wie gesagt, die Übergabe läuft noch heute ab. Sobald der Treffpunkt steht, geht es los.« Sie klingt selbstzufrieden. Erneutes Taxieren in meine Richtung. »Ist eigentlich noch zu früh für dich. Halt dich einfach im Hintergrund, klar?« Sie richtet ihr Augenmerk wieder auf den Bounty-Arsch.
    Klar, denke ich und bin ebenfalls zur Tür raus. Mehr im Hintergrund geht ja wohl kaum.

    Und dann steh ich auf der Promenade. Um diese Tageszeit ist hier nichts los. Die Tarot-Buden und Garküchen sehen verlassen aus. Weiter unten am Pier, beim Flipper-Pavillon, versuchen ein paar Punks ein paar Bänke zu zerlegen – einer von ihnen trägt einen Spacesuit und einen neongrünen Irokesen. Space-Teenie.
    Ich überlege, sitzt sie nur den Tag aus oder will sie etwas im Auge behalten – etwas Wertvolles, wie ein dreizehnjähriges Tauschobjekt.
    Aggressive Stimmen hallen zu mir rüber, prallen an den Wänden der Spielhallen ab und verlieren sich im Nirgendwo. Da soll der Junge auch hin! Auf einmal macht alles Sinn. Der Bounty-Arsch mit seinem MiniCom. »Halt sie hin, bis wir das Problem gelöst haben.« So läuft das doch bei diesen Typen – sie delegieren, eliminieren. Klingt alles furchtbar wichtig, hat aber nur eine Bedeutung: Beweise vernichten. Del hat den Finger in die Wunde gelegt, hat das Unwort ausgesprochen: Administration. Wollte provozieren. War sie zu schnell, sich ihrer selbst zu sicher? Wie kann ich es wagen, sie infrage zu stellen – ich, Donovan die Anfängerin?
    Ich laufe den Pier hoch. Zweifel wiegen schwerer mit jedem Schritt. Was, wenn Del auf dem richtigen Weg ist? Schließlich kennt sie sich aus.
    Die Planken dröhnen unter meinen Stiefeln, übertönen das Stimmengewirr. Köpfe fahren herum, Hände greifen reflexartig nach Butterflys und Wurfmessern.

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