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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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derer war, die bei einer tatsächlichen Explosion einer schmutzigen Bombe in New York sterben würden – Schätzungen zufolge würde die Zahl im schlimmsten Fall bei fünfzigtausend und mehr liegen –, waren fünfzehn ein Anfang, und das waren weit mehr Leichen, als DMORT irgendwo anders für eine solche Übung verwenden konnte.
    Miranda und Art traten unter der Dekontaminierungsdusche heraus, stampften mit den Füßen auf und rieben sich die Arme, und ihr Atem dampfte in der bitterkalten Luft. »Gütiger Himmel, ist mir kalt«, sagte Miranda. Ich musste mich nicht mit kaltem Wasser absprühen lassen, doch mir war auch kalt, denn ich hatte vor etwa sechs Monaten ein künstliches Hüftgelenk bekommen, nachdem der obere Teil meines linken Oberschenkelknochens von einer Kugel zerschmettert worden war, und das kalte Titanimplantat schmerzte tief in meiner Hüfte. Miranda fing an, mit den Zähnen zu klappern. »Wer hatte eigentlich die glorreiche Idee«, fragte sie, »diese Sache am kältesten Tag des schlimmsten Kälteeinbruchs aller Zeiten zu veranstalten?«
    »Es ist nicht so nett, wie am Kamin zu sitzen und zu lesen«, sagte Art, »aber solange wir die Terroristen nicht dazu überreden können, nur bei schönem Wetter anzugreifen, ist es durchaus sinnvoll, unter den schlimmsten denkbaren Bedingungen zu üben.«
    »Ich weiß, ich weiß«, grummelte Miranda. »Aber mir ist so kalt. Nach der Dusche da habe ich wahrscheinlich nie wieder einen schmutzigen Gedanken.«
    »Ich wusste gar nicht, dass Sie je einen hatten«, meinte Art lakonisch. »Ich dachte, Doktoranden hätten für so was keine Zeit.«
    »Nur in den Frühjahrsferien«, sagte ich.
    »Frühjahrsferien? Welche Frühjahrsferien?«, fragte Miranda in einer Mischung aus gespielter Verwirrung und Empörung. »Ich will nur die nächsten sechs Monate in einer warmen Badewanne verbringen.«
    In diesem Augenblick klingelte mein Handy. Ich zog einen dicken Handschuh aus, angelte das Telefon aus meiner Tasche und klappte es auf. Die Kälte biss an meinen Fingerspitzen. Laut Display kam der Anruf von Peggy, der Sekretärin des anthropologischen Instituts. »Hi, Peggy«, sagte ich. »Ich hoffe, Sie rufen an, um mir zu sagen, dass in den nächsten fünf Minuten eine Hitzewelle über uns hereinbricht.«
    »Leider nicht«, sagte sie. »Ich rufe an, um Ihnen zu sagen, dass ich einen aufgeregten Polizeileutnant aus Oak Ridge in der Leitung habe.«
    Oak Ridge war eine Kleinstadt rund vierzig Kilometer westlich von Knoxville und Heimat einer breiten Palette von Hightech-Forschungseinrichtungen und verarbeitender Industrie, doch ihr Ruhm gründete vor allem auf ihrer zentralen Rolle beim Manhattan-Projekt, dem Wettlauf um die Entwicklung der Atombombe während des Zweiten Weltkriegs. »Hat der Leutnant gesagt, worüber er sich so aufregt?«
    »Sie haben gerade eine Leiche gefunden und möchten, dass Sie einen Blick darauf werfen«, sagte sie. »Anscheinend finden sie in Oak Ridge nicht viele Leichen.«
    »Nein, die Radioaktivität schützt sie«, sagte ich. »Mörder haben Angst vor Leuten, die im Dunkeln glühen.« Das war ein alter, müder Witz, den die Leute aus Knoxville gern über die Einwohner von Oak Ridge machten – wobei die Leute aus Oak Ridge ihnen dabei manchmal in einer Art Präventivschlag trotzigen Bürgerstolzes sogar zuvorkamen.
    »Nun, seien Sie vorsichtig«, sagte sie. »Die vielen Zäune und Wachtürme und Kernreaktoren und Bombenfabriken machen mir Angst.«
    Sie stellte mir den Beamten von Oak Ridge durch, Polizeileutnant Dewar. Als ich auflegte, sagte ich zu Miranda: »Das mit der warmen Badewanne war doch sicher nicht ernst gemeint, oder?«
    »Nein, selbstverständlich nicht«, sagte sie, denn sie hatte das Ende meines Gesprächs mit angehört. »In Wirklichkeit bin ich ganz scharf auf meine vollständige Verwandlung in einen menschlichen Eisblock.«
    »Gut«, sagte ich. »Da habe ich genau die richtige Aufgabe für Sie.«

2
    Fünf Minuten nach dem Anruf aus Oak Ridge verließen Miranda und ich die Body Farm, kurvten durch das Asphaltlabyrinth an der Medizinischen Fakultät der University of Tennessee und überquerten den Tennessee River. Tief unter der Highway-Brücke wirbelte ein Band eisigen grünen Wassers zwischen eisüberzogenen Ufern.
    Mir kam ein Gedanke, und statt weiter auf dem Alcoa Highway zur Interstate 40 zu fahren, bog ich auf den Kingston Pike und fädelte mich durch die kurvenreichen Straßen von Sequoyah Hills, dem Viertel, wo ich

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