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Dr. Silberfisch in gemeiner Mission

Dr. Silberfisch in gemeiner Mission

Titel: Dr. Silberfisch in gemeiner Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Tonollo
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Brennnesseln. Und ich werde dieses Zeug, in dem wahrscheinlich irgendwelche Spinnen und Tausendfüßler schwimmen, auf gar keinen Fall anrühren!«

     
    Karla stellte die Tasse auf den Tisch und stemmte ihre Fäuste in die breiten Hüften.
    »Spinnen und Tausendfüßler? Was denken kleines Pollyxenia eigentlich?! Hat Karla nur gekocht ein paar wenige Kellerasseln wegen das gute Eiweiß – und etwas von die süßen, leckeren Küchenschaben, damit Medizin nicht so bitter. Sehr, sehr gesund!«
    Polly verzog angewidert das Gesicht.
    »Oyjoyjoy!« Verständnislos schüttelte die Köchin den Kopf.
    »Wie siehst
du
denn aus?!« Nachdem Pollys Freund Pit eine ganze Weile vor dem Haus der Rottentodds auf Polly gewartet hatte, um sie zur Schule abzuholen, war er schließlich durch die nie abgeschlossene Haustür in den ersten Stock der alten Villa hinaufgegangen. Jetzt stand er mit offenem Mund in der Tür von Pollys Zimmer.
    »Wäre
schrecklich
vielleicht zutreffend?«, antwortete Polly geknickt. »Pit, ich glaube, ich bin krank. Und jetzt soll ich auch noch so ein ekelhaftes Zeug zu mir nehmen – als wäre mir nicht schon übel genug!«
    »Irgendwie hast du was von einem Streuselkuchen«, sagte Pit blinzelnd.
    »Was redet ihr da bloß alle von Streuselkuchen?«, fragte Polly genervt.
    »Hast du schon mal in einen Spiegel geschaut?«

     
    »Wozu? Außerdem bin ich viel zu schwach für so was. Und mir ist total heiß. Was soll das also mit dem Streuselkuchen?«
    »Karla!« Pit wandte sich an die dicke Köchin. »Wir brauchen einen Spiegel.«
    »In meiner Kommode«, kam Polly Karla zuvor. »Oberste Schublade. Aber …«
    »Kein Aber!« Pit nahm den Spiegel aus dem Nachttisch und hielt ihn seiner Freundin vor das Gesicht.
    Augenblicklich stieß Polly einen schrillen Schrei aus – das heißt, sie versuchte, einen schrillen Schrei auszustoßen, aber ihre Stimme versagte, sodass nur ein heiseres Röcheln aus ihrem Mund kam. Sie sank noch tiefer in die Kissen und zog sich die Decke über den Kopf.
    »Raus! Alle beide!«, keuchte sie dumpf aus den Untiefen ihres Bettes hervor. »Keiner darf mich so sehen! Niemand! Überhaupt niemand!« Polly traten Tränen in die Augen. Ihr ganzes Gesicht war mit pustelartigen roten Flecken übersät.

Doktor Silberfisch
     
    »Wir müssen sofort Doktor Silberfisch anrufen!«, rief Pit aufgebracht.
    »Wen?«, schniefte Polly.
    »Doktor Silberfisch. Meinen alten Kinderarzt. Der hat mir
immer
geholfen – egal, welche Krankheit ich hatte. Und jetzt komm endlich wieder unter der Decke hervor, Polly!«
    »Niemals!«
    »Aber kleines, dummes Pollyxenia kriegen keine Luft«, mahnte Karla und bohrte ihren Zeigefinger in die Bettdecke.
    »Egal!«
    »Okay«, seufzte Pit. »Wir gehen jetzt raus, und ich rufe Doktor Silberfisch an, damit …«
    »Pit!« Polly hatte die Bettdecke ein wenig angehoben. »Du solltest eigentlich wissen, dass wir weder Strom noch Telefon haben.«
    »Oh! Ja, das sollte ich tatsächlich wissen. Aber dann
hol
ich ihn eben!«
    »Du musst in die Schule!« Doch Pit hörte Pollys Einwand schon nicht mehr.
    Doktor Silberfisch war für seine 71 Jahre noch außergewöhnlich fit. Dort, wo in seinem Haus bis vor drei Jahren seine Kinderarztpraxis gewesen war, hatte er sich inzwischen ein kleines Labor eingerichtet. Denn der Doktor wünschte sich nichts sehnlicher, als berühmt zu werden. Und um das zu erreichen, schien es ihm am einfachsten, etwas zu erfinden, das die Welt verändern würde.
    Gerade war Doktor Silberfisch dabei, eine zusammengemixte braune Flüssigkeit in einem seiner vielen Reagenzgläser zu erhitzen. Der kleine Finger des Erfinders zitterte nervös, während er aufgeregt beobachtete, wie sich langsam die ersten Luftbläschen bildeten. Kurze Zeit später begann die Flüssigkeit zu dampfen. Der Doktordrehte die Flamme noch etwas höher und aus den Luftbläschen wurden fette Blasen – aus dem Dampf dicke Nebelschwaden. Die von ihm eigentlich gewünschte Reaktion blieb allerdings aus. Deswegen drehte der ehemalige Kinderarzt die Flamme auf Höchststufe. Die Flüssigkeit wurde daraufhin immer dunkler und dunkler … bis es einen ohrenbetäubenden Knall gab. Genau in dem Moment klingelte es an der Haustür.

     
    »Ärgerlich«, nuschelte der Doktor in seinen ursprünglich weißen, jetzt allerdings verrußten Bart. »Sehr ärgerlich! So werde ich nie berühmt.« Er rückte die runde, rußverschmierte Brille auf seiner noch runderen Nase zurecht und schlurfte durch eine dichte

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