Dr. Siri sieht Gespenster - Cotterill, C: Dr. Siri sieht Gespenster - Thirty-Three Teeth
nichts.«
»Ich glaube kaum, dass er diesen Zusammenhang erkennt. Nur ein Mensch würde einem Dritten etwas antun, um sich an jemandem zu rächen, der ihn betrogen hat. Das ist wider die Natur. Wenn Sie ein Hühnchen mit mir zu rupfen hatten, hätten sie das mit mir persönlich regeln müssen. Der Geist des Hundes weiß nicht, warum Sie ihn hassen.«
»Ich hasse Sie, nicht Ihren Hund. Es ist alles Ihre Schuld. Erst hat der Drecksköter mich aus meinem Haus gejagt,
und dann ist er mir hierher gefolgt. Er lässt mich einfach nicht in Ruhe. Machen Sie, dass er verschwindet.«
»Das kann ich nicht.«
»Was? Schauen Sie mich an, Siri. Sehen Sie denn nicht, wie krank ich bin? Wollen Sie meinen Tod auf dem Gewissen haben? Pfeifen Sie Ihren Hund zurück.«
»Nein. Das geht nicht. Sie müssen den Geist des Hundes um Vergebung bitten.«
»Hä? Ich bitte doch einen Hund nicht um Vergebung. Wofür halten sie mich?«
Siri musterte den Mann, dessen Arroganz selbst im Angesicht des Todes ungebrochen schien. Er zeigte keine Reue. Der Einzige, der ihn von diesem Fluch erlösen konnte, war Soth selbst, aber dazu musste er die Verantwortung für seine Untat übernehmen.
»Herr Soth, ich will ganz offen zu Ihnen sein. Es gibt nur eine Möglichkeit, Ihr Schicksal abzuwenden: Sie müssen aufhören, mir für alles die Schuld zu geben. Sie müssen eine basee -Zeremonie vollziehen und davon überzeugt sein, dass Sie und nur Sie dieses Unheil verursacht haben. Sie müssen den Geist des Hundes um Vergebung bitten. Niemand sonst kann Ihnen diese Last abnehmen.«
»Dann weigern Sie sich also?«
»Nein. Ich sage Ihnen, was Sie tun müssen. Ich biete Ihnen einen Ausweg an.«
»Dafür verfluche ich Sie, Siri. Ich verfluche Sie hundert Mal.«
Siri machte seine Tasche zu und ging zur Tür. Auf der Schwelle drehte er sich noch einmal um.
»Da befinden Sie sich in bester Gesellschaft, Herr Soth. Vergessen Sie nicht, was ich gesagt habe. Es liegt ganz allein an Ihnen.«
Soth spuckte verächtlich aus.
Im Wohnzimmer erklärte er Frau Fah, was er ihrem Mann geraten hatte.
»Das wird er niemals tun«, sagte sie.
»Dann wird er es nicht überleben.«
»Nein? Umso besser.«
Er fand ihre Offenheit schockierend, aber nicht weiter verwunderlich. Er hatte gehört, wie der Mann mit seiner Frau zu reden pflegte. Er hatte gesehen, wie er sie in ihrem eigenen Haus als Sklavin hielt. Sie war froh, dass all das nun vorbei war, und nachdem Siri ihr versichert hatte, dass ihr Mann würde sterben müssen, brachte sie endlich den Mut auf, zu sagen, was sie dachte.
»Wenn Sie Hilfe brauchen«, sagte Siri, »Sie wissen ja, wo ich wohne. Ich meine es ernst.«
Auf der kurzen Fahrt nach Hause versuchte Siri, seine Gefühle zu ordnen. Er hatte keinerlei Gewissensbisse. So traurig ihn der Tod seines Hundes stimmte, so stolz war er darauf, wie Saloop mit dem Schwein abgerechnet hatte. Was Soth anging, so rächte das Yin sich jetzt für jahrelanges Yang. Dagegen war er machtlos. Irgendwann erwischt es jeden, entweder in diesem oder einem anderen Leben. Es freute ihn, dass die Gesetze des I Ging selbst in wirren Zeiten wie diesen ihre Gültigkeit behielten.
24
AMÜSIEREN VERBOTEN!
Auf dem weißen Transparent über der Bühne stand in elegant geschwungenen Lettern:
BENEFIZGALA ZU GUNSTEN DES SCHWESTERNHILFSFONDS
Für die Menschen, die sich heute Abend auf dem Fußballplatz der Universität versammelt hatten, war dies der unbestrittene Höhepunkt des Songkran -Festes. Es gab schließlich nur selten Grund zum Jubeln.
Mit seiner Direktive 873 hatte das Politbüro spontanen Begeisterungsausbrüchen einen Riegel vorgeschoben. Neujahrswasserduschen waren nur noch an eigens ausgewiesenen Orten gestattet, unter den wachsamen Augen von PL-Vertretern. Wer die Direktive missachtete, wurde umgehend festgenommen, und überall dort, wo es drunter und drüber ging, wurden den Behörden später lange Namenslisten ausgehändigt.
Wegen der anhaltenden Dürre durfte nur von 14 bis 17 Uhr Wasser verspritzt werden, das zudem aus natürlichen Quellen wie Teichen oder Flüssen stammen musste. Auf die
Entnahme von Wasser aus dem öffentlichen Versorgungsnetz stand eine Strafe von neuntausend Kip. Die meisten Auftritte von Musikern und Komikern waren abgesagt, und das morgendliche Verteilen von Almosen an Mönche musste höchst diskret vonstattengehen. Jegliche Form der Verschwendung war verpönt.
So blieb den Bewohnern der Innenstadt und der umliegenden Viertel
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