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Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Titel: Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz C. Frey
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heulte wieder. »Lassen Sie uns einfach in Ruhe.« Er schrie es hinaus und sein Speichel flog in weitem Bogen durch die Luft. Jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Ein blasser, kleiner Dämon mit einem Puppengesicht. Ein zu Tode geängstigter Junge.
    Wozu brauchte er den Rucksack? Gute Frage, und eine auf die ihm Singer kaum die Wahrheit sagen konnte.
    Und dann drückte irgend jemand nochmals auf den Knopf für »Schnelles Vorspulen« in Singers Wahrnehmung.
    Lena entschloss sich urplötzlich doch dazu, einzugreifen. Mit einem verzweifelten Heulen machte sie zwei ausladende Schritte auf Christian zu und fiel ihm in den Unterarm. Das heißt, sie versuchte es. Christian nahm die Bewegung offenbar aus dem Augenwinkel wahr und fuhr reflexartig herum, die Hand mit der offenen Klinge voran. Lena sah zu spät, worauf sie zurannte, zu schwungvoll war ihre eigene Bewegung, um anzuhalten oder auszuweichen. Mit einem widerlichen Reißen fuhr die Klinge des scharf geschliffenen Steakmessers in ihren Hals und bohrte sich bis zum Heft hinein. Kurz darauf kam sie mit einem knirschenden Geräusch auf der anderen Seite wieder heraus – wie einer dieser Scherzartikel-Pfeile, die man sich zu Halloween auf den Kopf setzt. Für einen Moment nahm ihr Gesicht einen erstaunten Ausdruck an, so als wundere sie sich über den merkwürdigen kleinen Fremdkörper, der seitlich aus ihrem Hals ragte wie ein seltsamer Schmuck. Dann drehte sich Lena im Schwung ihrer Bewegung und riss damit das scharfe Fleischmesser vorn aus ihrem Hals wieder heraus. Damit zerstörte sie die Illusion des Scherzartikel-Pfeils augenblicklich. Ihr Hals öffnete sich vorn wie ein blutig grinsendes Maul und gab die Klinge wieder frei. Ein breiter Blutschwall schoss aus ihrer durchtrennten Kehle und spritzte vor ihr auf den Boden, auf Christian und Martin und die vorderste Front der Kirchenbänke.
    »Neeeiiiiin!«, schrie Christian, seine Hand zuckte zurück und ließ verschreckt das blutverschmierte Messer fallen. Es polterte klirrend auf den Boden. Dann hob er in einer sinnlosen Geste der Abwehr selbst die Hände über den Kopf, krümmte sich und lächelte sein dümmliches Lächeln. Jetzt wirkte er mehr denn je wie ein kleiner Junge, der einen Blumentopf umgeschmissen hat und diesen nun umtanzt, in dem kindlichen Wunsch, die Zeit zurückzudrehen.
    Ich war’s nicht, Mama, wirklich nicht! Es ist alles von ganz allein passiert!
    Aber es war zu spät für derlei kindliche Wünsche, und die Sache war weit verhängnisvoller als ein kaputter Blumentopf. Seine kleine Schwester taumelte auf den Altar zu, brach in die Knie und glitt in sanfter Anmut an dem Holzkreuz herab, ihre großen Augen fragend auf Christian gerichtet. Ihre linke Hand versuchte an den Füßen der Jesusfigur Halt zu finden, aber dafür war es bereits zu spät. Keine Hoffnung mehr für dich, mein schönes, sterbendes Kind. No Prayer for the Dying , schoss es Singer durch den Kopf.
    Ihre andere Hand tastete nach dem riesigen Loch, dass nun in ihrer Kehle klaffte. Der Schnitt hatte ein ausgefranstes rotes Lächeln auf ihren Hals gezaubert, aus dem das verbliebene Blut im Puls ihres jungen Herzens auf den Altar und das Kreuz sprudelte. Vor ihrem Mund hatte sich eine dichte Wolke schaumig roter Blasen gebildet, die an ihren Mundwinkeln herabquoll. Mit einem leisen Röcheln brach sie vor dem Kreuz zusammen. Ihre aufgerissenen Augen blickten verständnislos ins Leere, als sie sich mit Tränen des Begreifens füllten. Ein letztes Zucken ging durch ihren kleinen Körper, dann blieb sie still liegen, während das Blut einen kleinen See um ihren zusammengesunkenen Körper bildete. Dann wurden ihre Augen blicklos.
    Ihr Sterben hatte keine zwei Sekunden gedauert.
    Vielleicht würde sie sich damit letztlich als die Gewinnerin ihres kleinen Glücksspiels herausstellen , dachte Singer nüchtern. Kalte, blitzschnelle Gedanken. Darin war er jetzt gut. Nur nicht schnell genug für das arme Ding, welches jetzt tot unter dem Kreuz lag. Unter dem blutbeschmierten Kreuz.
    Nicht schnell genug für Lena.
    Eine weitere Sekunde – oder Ewigkeit – später ging Christian neben seiner Schwester zu Boden, als ihn die Faust von Martin traf. Durch den kräftigen Schlag wurde sein Kopf herumgewirbelt, knallte gegen das Holzkreuz und der Junge ging mit einem dumpfen Aufschlag neben dem Altar zu Boden, wo er leise winselnd liegenblieb und Martin hasserfüllt anstarrte.
    Singer hatte inzwischen die Bank mit der Tasche erreicht und

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