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Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)

Titel: Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz C. Frey
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das, bis er die Reste der langen blonden Haare sah, die in dicken blutgetränkten Strähnen am Hinterkopf des Opfers herabhingen. Und dann entdeckte er den schmalen Ring an der offenbar mehrfach gebrochenen rechten Hand.
    In diesem Moment, da er begriff, dass er auf die zertrümmerten Reste dessen starrte, was einst die bezaubernde junge Psychologin aus Berlin gewesen war, besiegte ihn der Geruch, den die Leiche verströmte. Er erbrach sich heftig zwischen seinen Fingern hindurch, die er immer noch vor Mund und Nase presste. Die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen, taumelte er hinaus auf den Gang – fort von den zerschmetterten Überresten von Doreen Walther.
    Singer folgte dem Gang wie in Trance – nur hin und wieder wurde ihm bewusst, dass er über demolierte Büromöbel und Laborgeräte kletterte – bis er schließlich in einen kleinen Vorraum gelangte, der ihm ebenfalls bekannt vorkam. Was vor allem an der riesigen Doppeltür lag, über der ein matt schimmerndes Schild verkündete:
     
     
    H018
     
     
    Übermannshoch ragte die Stahltür vor ihm auf, schien höhnisch auf ihn herabzublicken – Traust du dich, kleiner Mensch? Nach dem, was du da vorhin im Gang gesehen hast? Nach dem, was deiner hübschen kleinen Freundin zugestoßen ist? Traust du dich wirklich, mich zu öffnen?
    Doch Singer hatte den Daumen seiner Rechten bereits mechanisch auf das kleine, rot leuchtende Feld neben der verschlossenen Tür gedrückt. Irgendetwas piepte leise im Inneren, das Bedienfeld schaltete auf Grün und die Türen zum Hangar glitten schwerfällig auseinander.
     
     

Hangar 18
     
     
    E r brauchte ungefähr zwei Minuten, um den Hangar der Länge nach zu durchqueren. Als er schließlich die gegenüberliegende Tür zum Treppenaufgang der Beobachtungskanzel erreichte, war aus Singer ein anderer Mensch geworden. Das, was er in der Halle gesehen, durch was er in der Halle gewatet war, sich einen Weg hatte bahnen müssen – hatte aus dem zynischen Mann der Wissenschaft einen zutiefst gläubigen Menschen gemacht.
    Er glaubte jetzt fest an die Existenz des ultimativen Bösen.
    Denn er hatte es wirken sehen.
     
     

Das Band
     
     
    S ingers Augen starrten durch seine Tränen hindurch in das verschwommene Halbdunkel vor ihm, ohne wirklich etwas zu sehen. Strauchelnd brach er in dem finsteren Treppenaufgang zusammen, als die Tür zu der fürchterlichen Halle hinter ihm zufiel. Er war sich dessen noch nicht bewusst, aber seine einzige Chance, den sterbenden Laborkomplex zu verlassen, lag nun vor und über ihm, irgendwo jenseits der Beobachtungskanzel, deren verspiegelte Scheiben stumm und teilnahmslos das grausame Bild unten in der Halle reflektierten. Denn hätte er noch einmal diese Halle betreten müssen, wäre die Wand, nurmehr eine hauchdünne Membran zwischen den Resten seiner Vernunft und dem blanken Wahnsinn, endgültig durchbrochen worden. Für immer.
    Eine Weile kroch er leise vor sich hin stammelnd an der Basis der Treppenflucht herum, betastete mehrfach den Boden und das Metallgeländer – unfähig, diese simplen Eindrücke zu verarbeiten. Unfähig, in das zurückzufinden, was er bisher für die unverrückbare Realität gehalten hatte. Er versuchte instinktiv, von der Hangartür wegzukriechen, auf allen Vieren, denn er war zu schwach, um aufzustehen und davonzu laufen . Nachdem er die letzten unverdauten Reste der Nussmischung hervorgewürgt und eine unansehnliche Pfütze am Fuße der Treppe produziert hatte, war nur noch hellgrüne Gallenflüssigkeit gekommen. Irgendwann wurden die Pausen zwischen den Würgeanfällen, die seinen kraftlosen Körper schüttelten, länger und verebbten schließlich ganz.
    Singer versuchte, sich erneut zu konzentrieren und kam schließlich zu sich – was hauptsächlich seiner langjährigen Übung darin zu verdanken war, konzentriert zu arbeiten. Es war, als flüchte sich sein Verstand in einen uralten Mechanismus, eine Art antrainierten Reflex im Angesicht des Unbegreiflichen. Ratio, Realität – und keine Monster unter dem Bett . Das würde funktionieren, ja. Und es gelang ihm tatsächlich – eine Vernunft wider aller Vernunft –, die Augen bewusst zu verschließen vor dem, was mit der Welt um ihn geschehen war, als Ratio und Ordnung beschlossen hatten, ihr Lebewohl zu sagen.
    Nach langer Zeit erhob sich Singer roboterhaft auf seine kraftlosen Beine, wie ein alter Mann, den man in den Staub gestoßen hatte. Und er war gealtert – sein ehemals dunkles Haupthaar war nun

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