Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
die polierte Marmorplatte des Küchentischs. Martin hatte das Befüllen der Maschine beendet und lehnte an der Anrichte. Stumm musterten sich die beiden für eine Weile.
Schließlich wandte sich Singer an Martin: »Schlecht geschlafen?«
»Ehrlich gesagt ja. Sieht man’s so deutlich?« Singer nickte zögernd. »Und selbst?«
»Ich bin ein Frühaufsteher. Schon immer gewesen«, erwiderte Singer, »Und danke, ich habe ganz ausgezeichnet geschlafen. Die vollen vier Stunden.« Das war offensichtlich die Wahrheit. Singer sah wesentlich erholter aus als am Vorabend, auch wenn er immer noch dringend eine Rasur und andere Klamotten benötigte. Auf irgendeine unbestimmte Weise erleichterte diese Tatsache Martin, aber er kam nicht darauf, wieso. Der Kaffee war durchgelaufen und die Maschine beendete den Gang mit dem typischen Röcheln der letzten Tropfen. Aromatischer Duft erfüllte die Küche, als Martin das heiße Getränk in zwei große Thermosbecher goss.
»Zucker? Sahne?«, fragte er Singer.
»Danke. Schwarz und stark.«
»So, dass der Löffel drin stehenbleibt, nehme ich an?«
»Genau.«
»Dann wird Ihnen der hier schmecken«, sagte Martin und schob einen der Becher in Singers Richtung. Dann goss er seinen mit reichlich Milch aus dem Kühlschrank auf und setzte sich an den Küchentisch.
Für eine Weile schwiegen sie beide, gänzlich versunken in die Betrachtung des Geschehens in ihren Kaffeetassen.
»Sie haben mir gestern nicht alles erzählt, oder?«
Singers Gesicht ließ sich keine Reaktion erkennen. »Beziehungsweise uns ?« Dabei ließ Martin bewusst offen, ob er mit ‚uns’ sich selbst und Antonia oder seine ominösen Verbündeten im Kampf um Informationen meinte.
»Ich habe nicht gelogen, falls du das meinst.«
»Nein?«, fragte Martin und nahm einen kleinen Schluck Kaffee. »Was dann?«
Singer schien zu überlegen. »Okay«, sagte er. »Ich habe etwas ausgelassen, weil es mir selbst fast zu fantastisch erscheint, als dass ich es glauben könnte. Ich glaube, ich möchte es auch gar nicht glauben.« Er seufzte und starrte in seine Kaffeetasse, während er abwesend darin herumrührte. »Und ich möchte es Antonia ersparen. Aber ich habe es nun mal mit eigenen Augen gesehen.« Nun wirkte Singer doch ein wenig müde, und irgendwie älter. Etwas wie ein dunkler Schleier legte sich für einen Sekundenbruchteil auf seine Augen und war gleich darauf wieder spurlos verschwunden.
»Und Sie haben es aufgezeichnet«, sagte Martin und deutete auf die kleine Kassette auf dem Tisch. Singer legte einen Finger darauf und schob sie unschlüssig auf der glatten Platte hin und her. Dann sagte er: »Es geht um die Biowaffe, Martin. Es ist nicht im eigentlichen Sinne eine Waffe . Oder doch, schon. Nur ist es kein Virus oder ein im Labor gezüchtetes Bakterium. Es ist ein …«, Singer brauchte einen Moment, um sich den geeigneten Begriff zurechtzulegen, »… es ist eine Art Wesen. Ein fremdes Wesen, mächtig und furchtbar alt … eine Art … man könnte es vielleicht einen Dämon nennen.«
»Fuck!«, entfuhr es Martin.
»Genau.«
»Oh Mann.« Martin stieß einen schnaufenden humorlosen Lacher aus und schaute von seiner Kaffeetasse auf, die er mit beiden Händen umschlossen hielt, als sei ihm kalt. »Sie verarschen mich, oder?« Leiser fügte er hinzu: »Und ich dachte immer, ich wäre der Typ mit den abwegigen Verschwörungstheorien. Aber das …«
Singer erwiderte das humorlose Lächeln. »Nein. Ich verarsche dich nicht. Hast du etwas, womit du das hier abspielen kannst?«
Das entlockte Martin ein schiefes Grinsen. »MiniDV. Habe ich natürlich. Ist einfach gnadenlos retro, wissen Sie?« Aber er machte keine Anstalten, aufzustehen. Stattdessen schien er zu überlegen. »In Ordnung, nehmen wir mal für einen Moment an, das ist wirklich wahr und auf diesem Band ist tatsächlich das, was Sie behaupten, gesehen zu haben. Was gedenken Sie denn damit anzustellen? Ich meine, die werden Sie kaum ernst nehmen, wenn Sie im Fernsehen auftauchen. Davon abgesehen, dass die Sie festnehmen würden, bevor Sie überhaupt ein Wort gesagt hätten.«
»Ich will auch nicht ins Fernsehen«, sagte Singer und tippte mit Bestimmtheit auf das Gehäuse der kleinen Kassette, »aber das hier sollte ins Fernsehen. Oder besser noch ins Internet. Überallhin. Geht das?«
»Ja, das geht«, sagte Martin. »Wenn es stimmt, was Sie sagen, dürfte Sie das schon ziemlich entlasten. Vielleicht wären Sie dann noch nicht ganz aus dem Schneider,
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