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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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jung, um am Feuer zu sitzen und deine Halle zu unterteilen. Ich weiß auch, wie viel du hattest und wie viel du ausgegeben hast, und ich vermute, auch dein Beutel ist jetzt ziemlich leer. Dieser Traum nährt sich von Silber.«
    »Vielleicht. Aber dieses Anwesen wird uns alle reich machen, wenn ihr nur wollt. Und ich selbst leide nicht unter diesem Silberfieber«, erwiderte ich, verärgert, dass er mich auf mein schwindendes Vermögen angesprochen hatte und darauf, dass ich meine Halle in einzelne Behausungen unterteilen wollte, statt sie groß zu lassen, als Festsaal für eine ganze Mannschaft.
    Jetzt sah er mich an. Seine Augen waren hell in der Dunkelheit, und ich sah, sie waren unnachgiebig. Dieser Blick
war mir vertraut. Finn kannte nur eine Art und Weise, zu Geld zu kommen, und das einzige Eichmaß, das er kannte, war die Länge seines Schwertes. Und er war nicht der Einzige. Tatsächlich war ich es, der nicht zu den Eingeschworenen passte.
    »Aber das Seefieber hat auch dich gepackt. Ich habe doch gesehen, wie du übers Meer schaust, genau wie wir alle«, antwortete er. Ich wurde unruhig. Je näher die Fertigstellung der neuen Elk rückte, desto weniger wollte ich an das Schiff erinnert werden. Ich wollte überhaupt nicht ans Meer denken und sagte es auch.
    »Angst, Bärentöter?«, fragte Finn, und darin klang mehr Spott mit, glaube ich, als er selbst beabsichtigt hatte. Oder vielleicht lag es auch daran, dass ich mich schämte, denn den Namen Bärentöter hatte ich fälschlich bekommen, für etwas, das ich nicht getan hatte. Doch das wusste niemand außer dem weißen Bären und der Hexe Freydis, und die waren beide tot.
    Trotzdem hatte ich Angst. Ich fürchtete das Meer, seinen Sog. Dieser Sog drohte mich zu erfassen, wenn ich nur Wellen am Strand hörte. Das Meer zog mich an wie das Bierfass einen Betrunkenen. Ich fürchtete, wenn ich erst wieder auf der Straße der Wale wäre, würde ich nie wieder zurückkommen. Das sagte ich Finn, und er nickte, als habe er das alles schon immer gewusst.
    »Das ist der Ruf des Stevenkopfes. In dir steckt zu viel von Gunnar Raudi, als dass du hier sitzen und den Hennen beim Scharren zusehen könntest«, sagte er. Er war einer der beiden – der andere war Kvasir –, die wussten, dass ich eigentlich nicht Orm Ruriksson war, sondern Orm Gunnarsson. Gunnar. Mein leiblicher Vater, der schon so lange tot war.
    Finn sah mich lange und eindringlich an, dann wanderte
sein Blick zum Griff meines Schwertes, das ich immer noch langsam drehte.
    »Merkwürdig, wie du diesen Griff zerkratzt hast, wo dich doch dieses Runenschwert vor allem Unglück schützen soll«, sagte er.
    Seine Stimme war leise und spöttisch, denn er glaubte nicht, dass meine Gesundheit und scheinbare Unverletzlichkeit etwas mit den Runen auf der Klinge zu tun hatten, und sowohl er als auch Kvasir – die Einzigen, denen ich diesen Verdacht mitgeteilt hatte – verbrachten viel Zeit damit, mich vom Gegenteil zu überzeugen.
    »Der Zauber ist in der Klinge«, erwiderte ich, denn zu diesem Schluss war ich seit Langem gekommen. Griffe und Verzierungen konnten ersetzt werden. Allein die Klinge war das, was ein Schwert ausmachte.
    »Na ja, vielleicht, sie wird ja auch nie rostig und verfärbt sich nicht«, gab er zu, doch dann lachte er abschätzig. »Nein, in Wirklichkeit ist jede Klinge nur so gut wie die Hand, die sie führt.«
    »Wenn das so wäre«, sagte ich, »dann hätten dich und mich schon längst die Würmer gefressen.«
    Wir schwiegen und dachten beide an das Sterben und die Hitze und an den Kampf, den wir gekämpft hatten, um dieses Schwert zurückzubekommen, nachdem es mir gestohlen worden war. Wir dachten an den kleinen Eldgrim, dessen Kopf jetzt leer war und um den sich Dorschbeißer kümmerte, der beim Gehen schwer hinkte. Wir dachten daran, wie Botolf durch genau dieses Schwert, auf dem jetzt meine Hand lag, ein Bein verloren hatte. Dieses Schwert, auf dem das ganze Gewicht des Geheimnisses um den Weg zum Silberschatz lag. Wir dachten an alle, die dem Silberschatz in Attilas Grab nachgejagt und dabei umgekommen waren.
    Finn stand auf.
    »So ist es«, sagte er schwer. »Rudergefährten sind gestorben, im Wasser und durch Schwert und Feuer, von der Nordsee bis zum Sandmeer von Serkland, und alles nur, um von Odin mit allem Silber der Welt belohnt zu werden. Ich höre die toten Eingeschworenen murren, dass sie das alles nicht erlitten haben, damit wir jetzt hier sitzen und alt werden und uns

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