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Drachenboot

Drachenboot

Titel: Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Low
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zu, während die andere damit beschäftigt war, die Glut wieder anzufachen und die Leibeigenen mit Fußstößen zu wecken, damit sie Holz und Wasser holten. Ich stöhnte. Es war noch zu früh für Thorgunna.
    Mit den Händen auf den Hüften blieb sie stehen und sah zu mir herab, eine Augenbraue hochgezogen. »Du siehst aus wie ein Sack voll Dreck.«
    »Herr.«
    »Was?«
    »Du siehst aus wie ein Sack voll Dreck, Herr. Immerhin bin ich hier der Jarl.«
    Sie schnaubte verächtlich. »Nach dem Stand der Sonne, die uns schon hell in die Augen scheint, ist es eine Stunde nach Rismal. Herr. Und weil du der Jarl bist, bringe ich dir hier eine saubere Tunika und werde dafür sorgen, dass dein Haar ordentlich gekämmt ist. Herr. Es sind Männer angekommen, zusammen mit Hoskuld, dem Händler, und
sie fragen nach dir und Thorkel. Sie behaupten, Thorkel zu kennen.«
    Ich stöhnte noch lauter, denn ich ahnte, wer diese Männer waren und warum sie gekommen waren. Thorkel hatte es vermutlich verbreitet, und jetzt waren sie hier, die Nächsten, die sich um einen Ruderplatz auf der neuen Elk bemühten.
    »Soll Finn sich darum kümmern«, wehrte ich ab. »Und was du da von der Sonne erzählst, davon glaube ich kein Wort.«
    »Finn ist schon mit Heg aufgebrochen, um Planken zu organisieren, wie du es ihnen aufgetragen hast«, erwiderte Thorgunna und warf mir eine blaue Tunika zu. Sie roch nach Sommerblumen und frischer Salzluft. »Mit der Sonne hast du allerdings recht. Aber sie ist schon da, nur irgendwo hinter den Wolken dort über den Bergen.«
    Ich hatte keine Wahl, also wälzte ich mich fröstelnd aus dem Bett und musste mich erst noch waschen, ehe Thorgunna mir erlaubte, in die saubere Tunika und meine warme Hose zu schlüpfen.
    »Wenn du nicht die ganze Nacht mit dieser Aoife gebumst hättest, würdest du auch nicht so stinken«, erklärte sie, während ich meine vor Kälte steifen Schuhe zuband.
    »Konntest du unseretwegen nicht schlafen?«, brummte ich zurück. »Ich kann mich noch gut erinnern, wie ihr, du und Kvasir, einen solchen Krach gemacht habt, nachdem du hier gerade angekommen warst, dass ich ernsthaft daran dachte, euch ein eigenes Haus zu bauen, um endlich wieder schlafen zu können.«
    Sie schnaubte verächtlich, war jedoch etwas rot geworden. Sie drehte mich herum, um mein Haar zu flechten. Fast wie eine Mutter, obwohl sie nur eine halbe Handvoll Jahre älter war als ich. Als ich mich wieder zu ihr umdrehte,
lächelte sie; und diesem Lächeln konnte man nur schwer widerstehen.
    Mein Gesicht wurde erst wieder ernst, als ich in den verschlammten Hof hinaustrat, wo Thorkel und vier weitere Männer im Windschatten des Holzschuppens geduldig warteten. Sie saßen da und aßen von einem Holzteller ihr Rismal aus Brot und gesalzenem Fisch, in den Händen klobige Holzbecher mit Bier. Weil alle noch schliefen, hatte Thorgunna sie nicht in die Halle gelassen, aber dennoch hatte sie ihnen Gastfreundschaft gewährt.
    Es war kalt, ein Tag, an dem die letzten Blätter in rostbraunen Häufchen über den Boden wirbelten und kahle Bäume in den perlgrauen Himmel ragten. Thorkel nickte freundlich, drehte nervös seine fleckige Wollmütze in den Händen und zeigte auf die Männer.
    »Dies sind Finnlaith aus Dyfflin, Ospak, Tjorvir und Throst Silfra. Wir möchten wissen, ob du gute Männer für die Mannschaft brauchst.«
    Ich sah sie an. Alles kräftige Männer. Finnlaith war eindeutig halb irisch, die anderen drei waren Svearen, und alle hatten die typischen rauen roten Knöchel, wie man sie vom Reiben gegen die Innenseite eines Schildes bekommt. Und obwohl ich es nicht sehen konnte, wusste ich, sie alle hatten bestimmt auch Schnittnarben auf dem anderen Handrücken, und ihre Handflächen waren schwielig vom Kämpfen mit Schwert und Axt. Womöglich hatten sie erst vor Kurzem noch gegen uns gekämpft, aber das war jetzt Vergangenheit. Noch in diesem Jahr würde ein König in Uppsala gekrönt werden, der Svearen und Goten unter sich vereinigte.
    »Silfra«, sagte ich zu dem, der Throst hieß. »Warum solltest du gerade mich brauchen?«
    Sein Beiname – Silber – sei ein Witz, erklärte er mit seinem
schweren Akzent. Er besaß nie lange Geld, denn er liebte das Würfelspiel zu sehr. Er brauchte mich, fügte er mit einem schiefen Grinsen hinzu, denn er hatte von Thorkel erfahren – und nicht nur von ihm –, dass ich über einen Berg von Silber verfügte. Thorkel war geistesgegenwärtig genug, um mit den Schultern zu zucken und den

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