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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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geblutet, als der Regen aufgehört hatte. Der Kopf des Bären war ihr zugewandt. Seine schwarzen Augen waren erloschen. Er hatte sie angestarrt, bis er starb, zu schwer verletzt, sich in seiner letzten Stunde noch vom Fels zu seiner Beute zu schieben.
    Zwei buntscheckige Ziegen leckten das getrocknete Blut des Bären.
    Shaya fuhr sich mit der Zunge über die trockenen, rissigen Lippen. Sie hatte Durst, und ihr war schwindelig. Tief in ihrem Kopf nistete ein pochender Schmerz. Sie wusste, dass sie von hier fortmusste. Waren das Wildziegen? Oder durfte sie hoffen, dass irgendwann ein Hirte nach den verschwundenen Tieren suchte?
    Die Ziege mit der Blesse wandte sich von ihr ab. Ihr Fell war struppig und verfilzt. Sollte es einen Hirten geben, dann kümmerte er sich nicht gut um seine Tiere.
    Sie sollte sich besser um sich selbst kümmern, als darauf zu hoffen, von irgendjemandem gerettet zu werden. Erneut versuchte Shaya sich aufzurichten. Sie dachte an das Grauen, das sie auf den Schlachtfeldern gesehen hatte. Den Himmelspiraten, der noch weiterkämpfte, obwohl ihm eine Axt im Kopf steckte. Einen ihrer Gefährten, der auf Stümpfen weitergelaufen war, nachdem ihm ein Katapultgeschoss die Beine abgerissen hatte. Inmitten der Schrecken der Schlacht hatten sie alle ihren Schmerz vergessen und weitergekämpft. Das musste sie jetzt auch schaffen. Sie durfte sich nicht so anstellen. Gewiss hatte sie nur ein paar blaue Flecken und Schürfwunden.
    Als sie saß, musste sie um Atem ringen. Ihr wurde klar, dass sie alleine nicht auf die Beine käme und etwas brauchte, um sich hochzuziehen. »Komm, mein Zicklein. Komm!« Shaya streckte der Ziege mit der Blesse ihre blutige Hand entgegen. Das Tier legte den Kopf schief und betrachtete sie misstrauisch. Dann siegte die Neugier. Sie kam näher. Als die Geiß ihre Hand leckte, packte sie sie bei den Hörnern. Die Ziege riss den Kopf zurück. Mit dem Ruck lief eine Welle brennenden Schmerzes durch Shayas Leib. Sie stemmte sich auf ein Knie und hielt verzweifelt fest, während die Geiß ihren Kopf hin und her warf.
    Mit einem Schrei kam Shaya hoch. Sie zitterte am ganzen Körper. Die Ziege war eingeschüchtert, hielt endlich still und stieß ein klägliches Meckern aus. »Ich bin die Tochter des Unsterblichen Madyas«, schleuderte ihr die Kriegerprinzessin entgegen. »Ich werde hier nicht untergehen!«
    Sie stieß die Ziege mit dem Knie und lenkte sie in Richtung des toten Bären. Die Prinzessin tastete über die Schnauze und den abgebrochenen Fangzahn. »Es tut mir leid, dass sich unsere Wege gekreuzt haben. Möge deine Seele Frieden finden.« Kurz überlegte sie, mit einer der Bärenklauen den Kadaver aufzuritzen und ein Stück Fleisch herauszuschneiden. Sie musste essen. Aber wenn sie die Geiß losließ, würde die sicher davonlaufen, und ein zweites Mal würde sich das Vieh nicht hereinlegen lassen.
    Die Ziege bäumte sich auf, als hätte sie gespürt, dass Shaya mit ihren Gedanken nicht bei ihr war. Sie riss den Kopf hart zur Seite und versetzte Shaya einen Stoß mit ihren gebogenen Hörnern, der die Prinzessin unter dem Rippenbogen traf. Shaya revanchierte sich, indem sie der Ziege das Knie in die Flanke rammte. Daraufhin herrschte Waffenstillstand.
    »Du wirst meine Stütze sein, ob es dir gefällt oder nicht«, zischte Shaya, dann sah sie sich unschlüssig um. Sie stand inmitten großer Felsblöcke, die unterhalb der Steilwand lagen. Sollte sie hier ausharren oder versuchen, weiter den Hang hinabzugelangen? Shaya war sich sicher, dass die Mittagsstunde noch fern war, denn die Sonne stand noch nicht sehr hoch am Horizont. Bis etwaige Verfolger die Bruchkante über ihr erreichten, könnte sie es riskieren, über ein weites Geröllfeld zu gehen, oder was immer sie jenseits der Felsen erwartete. Tiefer im Tal würde sie sicher auch noch Deckung finden. Die Frage war nur, ob sie es so weit schaffte. Immer noch schmerzten all ihre Glieder. Sie schien sich nichts gebrochen zu haben. Aber sie fühlte sich, als würde sie selbst gegen einen Greis, der am Stock ging, bei einem Wettlauf verlieren.
    Shaya schob die mürrische Ziege zwischen den Felsen hindurch, bis sie einen Blick auf das Tal erhaschte. Irgendwelche Behausungen konnte sie dort nicht entdecken. Es gab auch nur vereinzelt windgeduckte Bäume. Nichts wies darauf hin, dass sich hier Menschen niedergelassen hatten. Sie blickte auf die Geiß hinab. Sie würde sie töten, wenn sie unten im Tal war. Sie musste essen! Zur Not auch

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