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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Eines ihrer Augen war zugeschwollen, das andere funkelte schwarz im blassen Morgenlicht. »Etwas zu sehen heißt nicht, es zu besitzen«, entgegnete sie und hob einen Dolch auf, dessen Klinge silbern blitzte. Ein eisernes Messer. Die Waffe musste ein kleines Vermögen wert sein, auch wenn die Luwier viel Eisen auf das Schlachtfeld getragen hatten.
    »Geh zu den Männern, Mädchen. Schenk ihnen ein Lächeln, und das Gold des Schlachtfelds fließt in deine Börse, ohne dass du dich bücken musst. Und lass mir, was mir gehört!« Die Alte streckte fordernd die Rechte aus. Ein zerschlissener Umhang hing von ihren Schultern. Er verdeckte das kurze Messer, das sie in der Linken hielt.
    »Tu das nicht!«, rief Barnaba bestürzt. »Heute ist genug Blut geflossen.«
    Die Vettel starrte ihn böse an.
    »Ich weiß, was ich von ihr zu erwarten habe«, sagte die Jüngere eisig und hob die Eisenklinge, bereit, um das Messer zu kämpfen.
    »Im Namen der Götter, haltet ein!«
    »Die Götter haben mir dieses Messer geschenkt«, zischte die Alte. »Ich werde es nicht wegen eines Schwätzers aufgeben.«
    »Du wagst es, dich dem Wort eines Heiligen Mannes zu widersetzen!« Eine machtvolle Stimme erklang von der nahen Uferböschung. Dann stieg eine hagere Gestalt aus der Flusssenke empor: Gatha, der Schamane aus den Bergen. Verfilztes weißes Haar hing dem hohlwangigen Geisterrufer bis zu den Hüften hinab. Er hielt mit beiden Händen einen altersdunklen Holzstab. Er brauchte ihn nicht als Krücke. Auch wenn Gatha aussah, als laste ein Jahrhundert auf seinem Rücken, seine Augen strahlten eine schier unnachgiebige Kraft aus. Es hieß, allein ein Blick von ihm genüge, um anderen seinen Willen aufzuzwingen.
    »Ich bin Gatha, der Hüter dieser Berge, geboren aus dieser Erde!« Der westliche Himmel hinter dem Schamanen war noch nachtschwarz. Der erste Silberstreif über den östlichen Bergen hatte nicht die Kraft, diese Dunkelheit zu vertreiben. »Die unbändige Macht dieses Landes fließt durch mich. Ihr seid nicht hier geboren, aber selbst ihr beide könnt es spüren«, verkündete er mit unheilschwangerer Stimme. »Mir gehören diese Toten. Sie werden Staub von meinem Staub sein, denn ich bin Garagum.«
    Ein Windstoß fuhr durch das trockene Flussbett, zerzauste dem Schamanen das Haar und wirbelte feinen Sand auf.
    Die ältere der beiden Frauen wich zurück.
    »Lass den Dolch fallen, törichtes Weib! Ein Wort von mir, und dir wird bei lebendigem Leib dunkles Gewürm die Eingeweide zerfressen.«
    Barnaba erschauderte. Er verachtete den Schamanen, und zugleich spürte er die Macht, die von dem alten Mann ausging. Er glaubte nicht, dass Gatha wirklich zaubern konnte. Diese Gabe war den Menschen nicht geschenkt worden. Aber wer Gatha sah, der vergaß das. Niemand vermochte sich seiner Ausstrahlung zu entziehen. Man glaubte ihm, ganz gleich, was er sagte.
    Das Mädchen mit dem entstellten Gesicht legte den Dolch auf dem nackten Leichnam ab, als sei er ein Altar. Etwas Feierliches lag in der Geste und zugleich auch unterwürfige Demut. Geduckt wich sie vor Gatha zurück. Die Alte war, kaum dass der Schamane sich gezeigt hatte, so schnell es ihre gichtkrummen Glieder zuließen, geflohen.
    Gatha stakste mit weiten Schritten über die Toten. Mit seinen langen, dürren Beinen erinnerte er Barnaba an einen Fischreiher, der in seichtem Gewässer nach Beute suchte. Als der Priester bei ihm ankam, kniete er vor ihm nieder.
    »Das ist unsere Gabe, Junge. Die Macht der Worte. Eines Tages wirst du so sein wie ich. Ich spüre es in dir, das alles verzehrende Feuer, das nur in jenen brennt, die von den Göttern berührt wurden.«
    Barnaba hoffte, dass Gatha in seinen Zügen nicht lesen konnte, wie sehr er den Schamanen verabscheute. So zu sein wie er war das Letzte, was Barnaba im Leben wollte. Eher würde er sich die Kehle durchschneiden!
    »Weißt du, Junge, die Menschen brauchen jemanden, der ihnen sagt, was gut für sie ist. Jemanden, der Verantwortung übernimmt und Entscheidungen trifft. Die meisten quälen sich damit, etwas entscheiden zu müssen. Sie verharren zögernd. Das Glück, das wir ihnen schenken, besteht in der Illusion, dass es jemanden gibt, der immer weiß, was richtig und was falsch ist.«
    »Und du weißt immer, was richtig ist?«
    Der Alte funkelte ihn verärgert an. »Hör mir zu, Junge! Ich sprach von der Illusion. Natürlich irre auch ich mich gelegentlich. Aber das ist vollkommen bedeutungslos, denn in der Enttäuschung über

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