Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
entkommen? Es hatte ihm leidgetan, seinen Freund auszuliefern, aber es war die richtige Entscheidung gewesen. Selbst gestern Nacht, als er vor den Unsterblichen zitiert wurde und Aaron ihm seine Pläne erläutert hatte, war Kolja noch optimistisch gewesen. Allerdings hatte er erst, als seine beiden Wolkenschiffe bereits bemannt wurden, Gelegenheit gehabt, einen Boten an die Zapote zu schicken, um sie zu warnen. Dass sie Volodi nicht einfach die Kehle durchgeschnitten hatten … Kolja schüttelte den Kopf. Aber wer verstand schon Männer, die sich gerne als Katzen verkleideten.
Er sah zu den Ankertürmen. Weit war es nicht mehr. Wie es schien, waren bald alle Sklaven an Bord. Die Banner Valesias schmückten die Schiffe. Ein weißer Tempel auf rotem Grund in Anspielung auf das prächtige Selinunt, das der Unsterbliche Ansur in einem weiten Tal erbauen ließ. Wenn es vollendet war, sollte es die schönste Stadt Daias sein. Ausgerechnet Valesier , dachte Kolja. Jahrelang hatten sie im Krieg mit Drusna gelegen. Ob sie wirklich einen Söldner aufnahmen, der mit unverkennbar drusnischem Akzent sprach?
Kolja warf einen Blick über seine Schulter. In der Gasse hinter ihm schwankte ein altes Männlein, das eine riesige Last frisch geschnittenen Schilfs auf dem Buckel trug. Sonst war niemand zu sehen. Er wurde also noch nicht verfolgt. Aber lange würde das nicht auf sich warten lassen. Er musste eines der beiden valesischen Wolkenschiffe besteigen, koste es, was es wolle.
Mit energisch ausgreifenden Schritten eilte er an der Mauer aus ungebrannten Ziegeln entlang, die den Frachthof umfasste, auf dem sich die beiden Ankertürme erhoben.
Selbst als Aarons Angriff begann, hatte er noch gehofft, dass alles gut enden würde. Seine Aufgabe sollte es sein, bis zum Schlangenschlund vorzustoßen und den Eingang zum unterirdischen Tempel zu sichern. Also hatte er statt erfahrener Krieger nur Kushiten für die erste Landung in den Tempelgärten ausgewählt. Krieger, denen man ihre Unerfahrenheit ansah oder die so mager waren, dass offensichtlich war, dass es ihnen an Kraft fehlen würde, ein längeres Gefecht durchzustehen. Und dann auch noch gegen diese Jaguarmänner, die auf der Ebene von Kush fast allein Muwattas Streitwagengeschwader besiegt hatten. Was hätte da schieflaufen können?
Die Besatzungen der ersten Körbe waren samt und sonders Todgeweihte gewesen! Kolja hatte seinen Augen nicht getraut, als er vom Wolkenschiff aus sah, wie eine kleine Gruppe der Krieger die Jaguarmänner niedermachte. Wen hatte der Un sterbliche ihm da geschickt? Als diese fremden Krieger bis zum Schlangenschlund durchbrachen und entgegen ihrem Befehl auch noch den Weg in die Tiefe freikämpften, hatte Kolja geahnt, dass seine Glückssträhne, die ihn zu einem der reichsten Männer der Goldenen Stadt gemacht hatte, vorüber sein musste. Sein Befehl an die Bogenschützen, die Spitze der Pyramide zu beschießen, war ein letztes, verzweifeltes Aufbäumen gegen die neue Wendung gewesen, die sein Schicksal zu nehmen drohte.
Der Moment, in dem sich Volodi schwankend neben dem Altarstein erhoben hatte, hatte sein Schicksal besiegelt. Aber es war nicht das erste Mal, dass er stürzte. Schon als er nur ein einfacher Faustkämpfer gewesen war, hatte er mehr einstecken können als jeder andere. Sooft er zu Boden ging, war er wieder aufgestanden. So würde es auch diesmal sein.
Am Tor zum Frachthof standen Krieger aus der Leibwache des valesischen Statthalters. Kolja war überrascht, sie hier anzutreffen, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.
»Was willst du hier?«, wurde er von einem selbstgefällig blickenden Hauptmann angesprochen, der im faulen Garnisonsleben Fett anzusetzen begann.
»Ich bin Söldner. Der Lotse des Wolkenschiffs da vorne hat mich hierherbestellt«, log Kolja dreist. Er hatte ohnehin nichts mehr zu verlieren. Dank Tarkon Eisenzunge flogen alle Wolkensammler jetzt mit wesentlich mehr Söldnern an Bord, als es früher üblich war. Ganz an den Haaren herbeigezogen war seine Geschichte also nicht.
Der Hauptmann musterte ihn spöttisch. »Voccio muss sehr verzweifelt sein, wenn er jetzt schon Einarmige anwirbt.«
Kolja sah, wie über ihnen das erste Wolkenschiff die Haltetrossen löste und in den Himmel aufstieg. Das zweite Schiff würde ihm jeden Moment folgen.
»Ich habe Voccio vor Jahren das Leben gerettet.« Kolja hob sei nen verstümmelten Arm. »Das hat mich den hier gekostet. Seitdem sorgt er dafür, dass ich immer
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