Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
sei er gerade erst aufgestanden. Galar hatte keine Ahnung mehr, welche Tageszeit war. Sein Zeitgefühl war ihm während der Reise im Aal und den Tagen im Kerker völlig abhanden gekommen.
»Du kennst also mein Geheimnis«, kam Glamir unverblümt zur Sache. »Dann lass mal hören.« Er beugte sich vor und kratzte sich seinen Beinstumpf.
Amalaswintha hatte Galar alles genau erzählt. Anfangs hatte er die Sache mit ihrer Gabe nicht glauben wollen, bis sie ihn auf den kleinen Tunnel ansprach, den er in der Tiefen Stadt heimlich an seinen Brunnen angeschlossen hatte. Niemand wusste davon! Allerdings war er sich immer noch unsicher wegen der Geschichte, die sie ihm anschließend aufgetischt hatte. Das klang zu unwahrscheinlich.
»Ich höre!«, brummte Glamir unfreundlich und fixierte ihn mit seinem verbliebenen Auge.
»Du bist wegen der Metallwand hier«, sagte Galar gedehnt.
Die Aussage schien Glamir nicht sonderlich zu beeindrucken, deshalb sprach er rasch weiter: »Diese Wand ist riesig. Sie reicht mehr als eine Meile in die Tiefe und ist sogar noch breiter. Sie ist mehr als fünf Schritt dick. Ein kleines Stück liegt offen am Abgrund unter dem Brunnenschacht. Du versuchst, die Wand zu durchbohren, um herauszufinden, was dahinter liegt. Aber da ist nichts. Es gibt dort keine Höhlen, keine Geheimnisse. Die Wand an sich ist das Geheimnis.«
»Soso«, antwortete Glamir ironisch. »Jetzt bin ich aber wirklich beunruhigt. Hat man euch verdorbene Pilze zu essen gegeben? Ich muss dringend mit dem Koch sprechen. Er sollte wirklich nicht wahllos alle Küchenabfälle an euch verfüttern.«
Galar war verwirrt. Glamir wirkte nicht im Mindesten beeindruckt. Hatte Amalaswintha nur wirre Geschichten erzählt? Aber woher hatte sie dann von dem geheimen Tunnel bei seinem Brunnenschacht gewusst? »Würdest du mir denn sagen, was es mit dem seltsamen Tunnel auf sich hat, der eine Meile lang pfeilgerade in den Fels getrieben wurde, um dann im Nichts zu enden?«
Glamir grinste spöttisch. »Erstaunliche Geschichten hast du da auf Lager. War es das jetzt, oder wirst du mich noch mit weiteren Märchen unterhalten?«
Galar war verzweifelt. Glamir ließ alles an sich abgleiten. Nun hatte er nur noch eine letzte Karte auszuspielen. Amalaswintha hatte ihm dringend geraten zu offenbaren, wer sie wirklich waren. Wenn Glamir schon sonst nichts beeindruckte, dann vielleicht die Drachen, die sie zur Strecke gebracht hatten.
»Meine Gefährten und ich, wir haben dich belogen.« Eigentlich ging es ihm gegen den Strich, sich derart bei Glamir anzubiedern. So etwas hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht getan. Er hätte Hornbori schicken sollen, doch wahrscheinlich wäre sein speichelleckender Gefährte bei Glamir nicht einmal vorgelassen worden. Die beiden trennten Welten.
»Lügner seid ihr also.« Glamirs Stimme war schärfer geworden, und etwas Lauerndes lag im Blick des Schmieds, als er hinzufügte: »Habt ihr auch den Alten in der Tiefe belogen?«
Plötzlich war sich Galar sicher, dass der Kerl sie schon hätte ertränken lassen, würden sie nicht unter dem Schutz des Zwergenfürsten stehen.
»Er weiß, wer wir sind. Deshalb hat er uns hierhergeschickt. Hat er dir nicht mitgeteilt, welche Gäste unter deinem Dach weilen?« Auf die Andeutung, dass sein Fürst Glamir nicht über alles informierte, war Galar stolz. Solche Spitzen hatte er früher nicht verteilt. Das kam vom Umgang mit Hornbori.
Glamir fluchte leise und kratzte sich erneut an seinem Beinstumpf. »Weißt du, wie das ist, wenn dir die Zehen jucken, obwohl du gar keine mehr hast?«
»Nein.«
»Dann erzähl mir mal, wer du heute zu sein vorgibst.«
Galar schluckte seinen Ärger hinunter, spürte aber, dass er nicht verhindern konnte, vor Zorn rot zu werden. Dieser Krüppel sollte es nicht übertreiben! »Ich bin Galar, Schmied aus der Tiefen Stadt. Meine Gefährten sind Hornbori und Nyr. Wir haben die beiden Drachen getötet.«
Glamir nahm einen Riegel Kautabak vom Tisch neben sich und biss ein ordentliches Stück ab. Er kaute eine Weile, bis er schließlich nickte. »Jetzt verstehe ich, warum Eikin euch nicht in den Ehernen Hallen haben wollte und hierher zurückgeschickt hat.«
Er spuckte einen bräunlichen Schleimklumpen aus und verfehlte den Napf, der neben ihm auf dem Boden stand, nur knapp. »Wie ist es, damit zu leben, dass man für den Untergang der Stadt verantwortlich ist, in der man aufwuchs? Den Tod aller verursacht zu haben, die dir geholfen haben zu
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