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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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aus denen sie gefügt waren, poliert worden. Eine Straße jedoch, die vom Eingang des weiten Tales pfeilgerade ins Herz der Stadt führte, unterschied sich von allen anderen. Sie war wie die Mauern der Paläste aus weißem Marmor erbaut. Gewiss war dieser Weg allein den Herrschern vorbehalten.
    Wohin Nandalees Blick auch schweifte, alles, was sie sah, war von vollendeter Form. Selbst die weniger aufwendig gestalteten Dächer, die statt mit Marmor mit Schindeln in einem warmen Orangerot gedeckt waren, prunkten an ihren Giebeln mit Goldbeschlägen. Und nicht nur da sah die Elfe Gold. Auf einigen Plätzen und bei den Brunnen, die das Aquädukt speiste, erho ben sich überlebensgroße Statuen aus dem edlen Metall, die den Herrscher, Kriegsszenen, aber auch Meerestiere und Nymphen zeigten.
    »Wirklich schön für Menschenwerk«, gestand sie. »Wahrschein lich werden sie uns verbieten, mit unseren schmutzigen Stiefeln die Stadt zu betreten.«
    »Als Jäger fallen wir sicher nicht auf.« Gonvalon deutete auf lange Reihen von Zelten, die im Westen der Stadt aufgeschlagen worden waren. Dahinter lagen Koppeln, auf denen Vieh stand. »Dort werden sie morgen das Essen bereiten.«
    Nandalee überlegte, auf welchem Weg sie am besten in die Stadt gelangen konnten. Überall patrouillierten Wachen in Bronzerüstungen mit weißen Federbüschen auf den Helmen und langen, weißen Umhängen. Abgerissene Gestalten, wie sie beide, waren auf dem Opferfest morgen sicher nicht erwünscht.
    »Mit dem hübschen Umhang, den Nachtatem mir geschenkt hat, werde ich ganz sicher durchgelassen«, sagte Gonvalon mit seltsam tonloser Stimme.
    »Für einen Dieb werden sie dich halten, so wie du aussiehst. Ich verstehe nicht, warum er ihn dir mitgegeben hat. Wir tragen diese schäbigen Kleider, und dann hast du einen Umhang im Gepäck, der unter Menschenkindern eines Prinzen würdig wäre. Das ergibt keinen Sinn. Am besten wirfst du ihn einfach weg.«
    »Das würde ich wirklich gerne.« Er wirkte bedrückt. »Aber die Geschenke von Himmelsschlangen zu missachten ist keine gute Idee. Zumal dann, wenn man ohnehin nicht hoch in ihrer Gunst steht.«
    Nandalee entschied, auf diesem Thema nicht länger herumzureiten. In seinem Gepäck war der Umhang ja sicher verborgen. Es würde schon keinen Ärger geben. »Steigen wir hinab und sehen uns die Stadt aus der Nähe an?« Sie wies hinter ihnen den Hang hinab. »Ich glaube, dort unten liegt der Weg, den die Jäger und Holzfäller im letzten Jahr benutzt haben.« Sie blickte zurück über die friedliche Berglandschaft, die hinter ihnen lag. Keine Stadt, die je gebaut würde, könnte mit der Schönheit der Wildnis konkurrieren. Nandalee war froh, dass Nachtatem ihnen eine so leichte Mission übertragen hatte und Gonvalon sie begleiten durfte, obwohl er kein Drachenelf mehr war. Endlich hatte sie eine Aufgabe, bei der es nicht um Tod und Vernichtung ging.
    Sie robbte den Hang zurück und richtete sich auf. Gonvalon folgte ihr. Plötzlich zog er sie an sich und küsste sie. »Ich liebe dich!«, sagte er, als er sich atemlos von ihr löste. Er hatte mit solcher Leidenschaft gesprochen, dass es sich unter anderen Umständen wie ein verzweifelter Abschied angehört hätte.

S hayas Vermächtnis
    Schon als sie eintrat, sah Shaya der Mutter der Mütter an, dass ihr etwas auf dem Herzen lag. Der Titel der Hohepriesterin im Haus des Himmels wollte nicht so recht zu der jungen Priesterin passen, die vor ihr stand. Kara vermied es, ihr in die Augen zu sehen.
    »Es ist eine Nachricht vom Unsterblichen Labarna gekommen«, sagte sie leise. »Es geht um …« Sie trat einen Schritt von Shaya zurück. »Es geht um deine Ermordung.«
    Trotz des Themas musste Shaya lächeln. »Meine Ermordung ? Ich glaube, dir fehlt die innere Einstellung, dieses Kloster zu führen. Ich opfere mich dem Land. Das ist …« Jetzt versagte auch ihr die Stimme. Sie hatte sich in ihr Schicksal gefügt und akzeptiert, dass es für sie keinen Ausweg gab. Ganz offen darüber zu reden war allerdings eine andere Sache.
    Sie zog an der langen, goldenen Kette, die verhinderte, dass sie ihr Zimmer verlassen konnte, und ließ die schweren Glieder durch ihre Hände gleiten. Das kühle, glatte Metall zu spüren hatte etwas Beruhigendes.
    »Es ist meine Schuld«, sagte die junge, pausbäckige Frau. »Ich habe die Briefe dieses Tempelschreibers aus Isatami nicht ernst genommen. Immer ereiferte er sich darüber, wie unbedacht der Zeitpunkt für das Ritual deiner

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