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Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)

Titel: Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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erklärte Gonvalon, kaum dass sie den Rand des Fichtenhains erreicht hatten. »Wollen wir wetten, dass der Palastelf schneller oben ist als du?«
    »Vielleicht in fünfhundert Jahren, wenn ich vor der Zeit altere und am Stock gehe!« Sie blickte den Hang hinauf. Er war relativ steil. Das helle Frühlingsgras, noch feucht vom Morgentau, würde den Aufstieg nicht erleichtern. »Wenn ich gewinne, wirst du meine Decke, den kleinen Topf und meine Vorräte für die nächsten beiden Tage tragen.«
    »Du weißt, dass wir Palastelfen ganz schlechte Packesel abgeben? Am Ende wirst du die Sachen zurückhaben wollen, damit ich dein Tempo beim Wandern mithalten kann.«
    »Sehe ich nachsichtig aus?«, fragte sie grinsend. »Und im Übrigen musst du doch ein Esel sein, wenn du dich mit mir auf eine solche Wette einlässt.« Mit diesen Worten eilte sie los.
    »Du betrügst!«, schimpfte er hinter ihr und beeilte sich, die Verfolgung aufzunehmen.
    Am Ende gewann er das Rennen mit mehr als zehn Schritten Vorsprung. Es hatte ausgesehen, als würde er über das Gras fliegen, so leichtfüßig war er den Hang hinaufgeeilt. Mit einem Seufzer ließ Nandalee sich neben ihm nieder. Sie rasteten ein paar Schritt unterhalb des Hangs, damit ihre Silhouetten nicht vor dem hellen Morgenhimmel zu sehen waren.
    Ihre Waden brannten, sie atmete keuchend. Heute war sie einfach nicht in Form. Schon nach dem Aufstehen war ihr übel gewesen. Vielleicht hatte sie irgendeines der Kräuter, mit denen sie das Abendessen verfeinert hatte, nicht vertragen.
    »Der Esel hatte vorhin ganz vergessen zu fragen, was dein Wetteinsatz ist.«
    »Such dir was aus«, murmelte sie, immer noch etwas außer Atem. Was war nur mit ihr los, dass ein kurzer Hanglauf sie so außer Puste brachte?
    »Nach fünf Tagen, an denen es Kaninchenragout in allen kulina rischen Finessen gab – gar, halbgar, angebrannt, mit ein paar Fichtennadeln drin oder Kräutern, die keine Ziege fressen würde –, wäre ich froh, wenn es heute ein Abendmahl geben könnte, in dem ich kein Kaninchenohr finde«, sagte Gonvalon und betrachtete sie amüsiert.
    »Was ist an Kaninchenohren auszusetzen?«
    »Ich fürchte, man muss ein Palastelf sein, um das zu verstehen.« Er küsste sie auf die Stirn. »Es muss doch etwas anderes geben, das meine große Jägerin schießen kann.«
    Er hatte leicht reden, dachte sie. Er ging ja nicht auf die Jagd. Was das Wild in den Bergen anging, hatten sich die Menschenkinder eindeutig nicht so klug wie mit den Bäumen verhalten. Sie hatte ja nach Fährten gesucht. Aber es gab keine Ziegen oder Steinböcke, keine Wölfe oder Bären. Nichts, was größer war als ein Kaninchen, hatte überlebt. Und selbst die waren schwer aufzuspüren. »Essen Palastelfen Eichhörnchen?«
    »Alles ohne Hasenohren ist willkommen«, entgegnete er gut gelaunt.
    Sie erwog, einen Hasen zu erlegen und einfach die Ohren zu rückzulassen, wenn sie ihn ausweidete. Nandalee war sich ziemlich sicher, dass er den Unterschied nicht bemerken würde, wenn sie das kleingeschnittene Fleisch garte.
    »Komm, sehen wir uns die Stadt an.« Gonvalon robbte das letzte Stück den Hang hinauf.
    Sie wollte ihm folgen, als ein Krampf sie zusammenzucken ließ. Ein Gefühl, als kralle sich etwas tief in ihr fest. Sie presste sich beide Hände auf den Leib, atmete flach und kämpfte gegen den Schmerz an, als er genauso plötzlich verschwand, wie er gekommen war.
    Nandalee war in kalten Schweiß gebadet. Was war das?
    »Ist alles in Ordnung?« Gonvalon lief geduckt zu ihr zurück. »Was ist los?«
    »Wadenkrampf«, stieß sie hervor. »Geht schon wieder.«
    Er kniete neben ihr nieder. »Welches Bein?«
    »Links.«
    Er streckte geübt die Muskeln und massierte dann ihre Wade. »Besser?«
    Sie nickte und fühlte sich schlecht, ihn angelogen zu haben. Er würde das niemals tun.
    »Komm, es ist wirklich schön.« Er stützte sie, und gemeinsam stiegen sie das letzte Stück hinauf und gingen in Deckung, sodass sie für etwaige Beobachter unten im Tal unsichtbar blieben.
    Der Anblick war atemberaubend. Selinunt hatte sich wahrlich den Namen »Weiße Stadt« verdient. Alle Gebäude waren aus Mar mor errichtet: Paläste, Tempel, Wohnhäuser, das Aquädukt, einfach alles. Strahlend wie frisch gefallener Schnee lag die Stadt im Tal. Es gab keine einfachen, schmucklosen Häuser, nur Prachtbaut en. Dazwischen wanden sich wie große, schwarze Schlangen die Straßen, die im Sonnenlicht spiegelten, als seien die großen Granitplatten,

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