Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
anzuschließen?«, flüsterte die Stimme spöttisch. »Du meinst wohl, um dein Leben zu vergolden, wenn du uns verrätst. Doch du wirst als Hundefraß in der Gosse enden, wie all die anderen Spitzel, die sie uns geschickt haben.« Der Druck der Klinge wurde erneut stärker, und Barnaba spürte warmes Blut seine Kehle hinabrinnen.
»Ich bin Barnaba von Nari«, stieß er keuchend hervor. »Vertrauter des ermordeten Hohepriesters Abir Ataš, der meistgesuchte Mann des Königreichs Aram. Ich …«
»Lass ihn los, Artiknos«, erklang eine Frauenstimme hinter ihnen.
»Du glaubst ihm doch nicht etwa, Za…«
»Nenn meinen Namen nicht! Los, wir bringen ihn zum Stein der Göttin. Dort gibt es keine Geheimnisse. Soll die Erste Mutter über ihn entscheiden.«
Die Klinge wurde von Barnabas Kehle zurückgezogen. Der Priester atmete auf und griff nach dem Schnitt an der Kehle. Die Wunde war nicht tief. »Ich danke euch, meine Dame. Ich verspreche …« Ein Hieb traf ihn dicht hinter dem Ohr, und alles wurde schwarz.
V erwandte Seelen
Ein Schwall kaltes Wasser riss ihn aus der Bewusstlosigkeit. Über Barnaba stand ein riesiger, stämmiger Mann, der eine leere Wasserschale in Händen hielt. Er trug eine schmutzige Tunika mit einem breiten Ledergürtel, in dem eine silberne Flöte und ein Messer steckten. Sein Messer! Der Mistkerl hatte das Messer gestohlen, das eines Tages Aarons Herz durchbohren sollte.
Ein breites Lächeln teilte den roten Vollbart des Hünen. Blaue Augen blickten in einer Mischung aus Schadenfreude und Neugier zu Barnaba hinab. »Du weilst also wieder unter uns, Priester .«
Benommen blinzelte Barnaba das Wasser aus den Augen. Er lag in einer Höhle, in deren Mitte sich eine Kristallsäule bis fast zur Decke hin erhob. Vor Artiknos stand eine Blendlaterne auf einem Felsvorsprung. Ihr Licht reichte nicht sonderlich weit. Es war unmöglich zu sagen, wie groß die Höhle sein mochte. Irgendwo in der Ferne tropfte Wasser, dennoch war die Luft tro cken, und es roch nach Steinstaub und Weihrauch. Barnaba blickte wieder zu dem Kristall, in dessen Facetten sich gelb das Licht der Laterne brach. Er hatte von solchen Kristallen gehört. Sie mussten ein Vermögen wert sein! Sicher gab es irgendwo hier in der Nähe auch einen Tempel der Götzenanbeter. Er hatte also das erste Ziel auf seinem Weg zum Traumeis erreicht.
»Artiknos ist eine eindrucksvolle Erscheinung, nicht wahr?«, erklang eine brüchige, raue Stimme. »Von dir kann ich das nicht be haupten. Du siehst aus, als wärest du halb tot geschlagen worden.«
Barnaba setzte sich auf und wandte sich dann um. Hinter ihm, nur drei Schritt entfernt, stand ein hinfällig wirkendes, altes Weib. Sie lächelte ihn freundlich an. Ihr Gesicht war ein Labyrinth aus Falten, hinter welken Lippen klaffte ein zahnloser Mund. Doch ihre dunklen Augen sprühten vor Kraft. Barnaba kannte diesen Blick nur zu gut. So leuchteten Augen, wenn man vom Glauben erfüllt war und diesen Glauben hinaus in die Welt tragen wollte. Abir Ataš hatte diesen Blick gehabt, wenn er davon gesprochen hatte, wie die Priesterschaft zur treibenden Kraft im Reich Aram werden sollte. Und manchmal hatte er ihn auch am Unsterblichen Aaron bemerkt.
»Wer du bist, wird uns die Große Mutter nicht verraten, aber sie wird uns zeigen, ob du reinen Herzens bist.« Ihre Augen wurden schmal. »Ich hoffe, du bist kein Lügner, Fremder. Es bereitet mir keine Freude, dich leiden zu sehen.« Sie nickte dem Hünen zu. »Fessle ihn an den Stein der Göttin!«
Barnaba erhob sich, bevor Artiknos ihn packen konnte. Ihm war schwindelig. Stechender Schmerz pochte tief in seinem Kopf. Er musterte den Bärtigen, und sein Blick blieb an der Silber flöte haften, die in seinem Gürtel steckte. »Bist du der Flötenspieler auf den Dächern gewesen?« Es fiel Barnaba schwer, sich die zer brechlich wirkende Silberflöte in den Bärenpranken dieses Riesen vorzustellen.
»Dachtest du, ich lasse …« Der Hüne stockte und sah schuldbewusst zu der Alten. Fast hätte er den Namen der Bettlerin genannt.
Wer mochte sie sein, fragte sich Barnaba, dass ein solches Geheimnis um sie gemacht wird. Eine hochgestellte Palastdame?
»Mein Flötenspiel war ein Zeichen. Unsere … Freundin wusste, dass ihr jemand folgt, wenn ich das Spiel unterbreche. Wir haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Männern wie dir gemacht. Ich hoffe sehr, dass du mit ehrlichen Absichten gekommen bist. Ich weiß, was hier mit dir geschehen wird,
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