Drachenelfen - Die gefesselte Göttin (German Edition)
der Unfrieden auch in meinem Haus angekommen. Hat sich schon herumgesprochen, dass ich meine Palastwache aufbieten muss, um ein Küchenmädchen zu bändigen?«
Ashot räusperte sich verlegen. »Das weiß ich nicht, Erhabener.«
»Ich will sie sehen. Sie soll mir in die Augen blicken, wenn ich ihr Urteil verkünde. Sie soll heute noch bestraft werden. Holt sie her!«
Ashot verließ die Gemächer des Unsterblichen und schickte eine Wache, das Küchenmädchen zu holen. Es dauerte nicht lange, bis sie vorgeführt wurde. Sie hatte ein zugeschwollenes Auge und aufgeplatzte Lippen. Beim Gehen hinkte sie leicht, aber sie hielt sich gerade, und das eine Auge, das sie noch aufbekam, genügte ihr, um Ashot einen Blick wie einen Messer- stich zu schenken. Ihr Kleid war zerrissen. Sie hielt es mit der Hand über der linken Brust zusammen. Schamhaft wirkte sie nicht auf ihn.
»Du solltest dich vor dem Unsterblichen demütig zeigen, Weib. Er ist sehr verärgert über dich.«
Jetzt wirkte sie erschrocken. »Ich werde vor den Unsterblichen geführt. Aber es war doch nur eine Kleinigkeit … Nichts, worum sich der Unsterbliche …«
»Er hat davon gehört, und er ist wütend. Knie demütig vor ihm nieder, benimm dich, und alles wird ein gutes Ende nehmen.« Sie machte zwar nicht den Eindruck, als sei Demut ihre Sache, aber vielleicht steckte ja ein Fünkchen Verstand in ihrem Kopf. Vor der Schlägerei hatte sie wohl recht hübsch ausgesehen. Vielleicht etwas zu drahtig. Aber wenn sie genug zu essen bekäme … »Gehen wir! Du musst vor dem Unsterblichen niederknien, wenn er mit dir spricht. So ist es Sitte bei Hof.«
Aaron wirkte immer noch verärgert, als sie gemeinsam dessen Gemach betraten.
Allzu selbstbewusst trat die junge Frau bis kurz vor den Herrscher, ließ sich dann umständlich auf die Knie nieder und beugte sich so tief vor, dass ihre Stirn fast den Boden berührte. Ashot betete darum, dass sie sich benehmen würde, und stellte sich neben Aarons Thron.
»Du also hast meinen Leibkoch auf dem Gewissen«, sagte der Unsterbliche unwirsch. »Wie heißt du?«
»Kirum.«
»Und woher kommst du?«
»Nari.«
Aaron seufzte und sah ihn an. »Aus Nari kommt in letzter Zeit nichts als Ärger, nicht wahr, Ashot?«
Kirum hob ihren Kopf, nickte und sagte, ohne gefragt zu sein. »Ja, ich habe davon gehört, dass Ihr unserem Satrapen Eleasar ein Messer in den Leib gerammt habt, nachdem er Euch verraten hatte.«
Ashot schloss die Augen und sandte ein Stoßgebet zum Löwenhäuptigen. So war das nicht gewesen. Dieses Weib redete sich um Kopf und Kragen.
»Ich hätte das genauso gemacht«, fuhr sie fort, die finsteren Blicke Aarons ignorierend.
Plötzlich lächelte Aaron. »Na, da haben Mahut und mein Vor koster wohl Glück gehabt, dass sie kein Messer abbekommen haben.«
»Es war gerade keines in Griffweite«, sagte sie so trocken, dass Ashot nicht einschätzen konnte, ob das ein Scherz sein sollte oder ob sie es ernst meinte.
Aaron lachte. Das hatte er seit Langem nicht mehr getan.
»Worum ging es in dem Streit?«
»Der verdammte Vorkoster hat mir zwischen die Schenkel gefasst. Als er das zum ersten Mal getan hat, habe ich ihm gesagt, ich würde ihm den Schädel einschlagen, wenn er es noch mal versuchen würde.«
Mataan räusperte sich. »Der Mann hat sieben Zeugen dafür, dass diese Geschichte nicht stimmt.«
Wieder lächelte Aaron. »Ich nehme an, diese Zeugen sind allesamt Küchenkrieger, die bei dem Streit etwas abbekommen haben.«
»Das könnte sein«, räumte Mataan ein. »Ich werde dem nach gehen.«
Kirum hatte sich nun ganz aufgerichtet. Sie wagte es, dem Unsterblichen geradewegs ins Antlitz zu blicken und ihm ein ver schwörerisches Lächeln zu schenken, als seien sie beide Kom plizen.
Eine steile Zornesfalte zeigte sich auf Aarons Stirn.
Hätte sie doch einen Augenblick noch ihren Kopf unten behalten, dachte Ashot verzweifelt. Jetzt war alles verdorben. Diener durften den Unsterblichen nicht in die Augen sehen. Normalerweise war Aaron das egal, aber bei der Stimmung, in der er heute war …
»Du …«, setzte der Herrscher zornig an. Dann weiteten sich seine Augen. »Du hast eine sehr ungewöhnliche Narbe dort unter deinem Schlüsselbein.«
Ashot folgte dem Blick seines Herrschers. Kirum hatte vergessen, ihr zerrissenes Kleid weiter zusammenzuhalten. Deutlich sah man eine hässliche, rote Narbe unter ihrem Schlüsselbein, die ein wenig an eine stilisierte Sonne erinnerte.
»Wie bist du zu dieser
Weitere Kostenlose Bücher