DRACHENERDE - Die Trilogie
auszutreten.
„Bratlor!“, schrie Rajin außer sich, während sein Freund zu Boden stürzte und regungslos liegen blieb.
Die Augen waren blutige Höhlen, eine glitschige hellrote Masse sickerte ihm aus der Nase, das Gesicht war zu einer Maske des Entsetzens erstarrt.
„Bratlor!“, schrie Rajin erneut, vom Schmerz schier überwältigt. „Nein, nein, nein …!“
Die Ascheteilchen bildeten wieder eine Gestalt – allerdings nicht jene des vierzehnjährigen Wulfgarskint, sondern diejenige, die inzwischen seine wahre Existenz verkörperte.
Ein übermenschlich großer, grauer Rattenmann stand vor Rajin, der zurücktaumelte. Die innere Kraft dieser untoten Kreatur war durch Bratlors Tod anscheinend noch gewachsen, und Rajin glaubte im Geist seines Gegners sogar noch Reste jener Seele zu erkennen, die einst die von Bratlor gewesen und deren Kraft offenbar durch die Kreatur aufgesogen worden war.
Der Rattenmann näherte sich Rajin. Der Prinz spürte, wie sich dessen Kräfte sammelten und sich auf ihn ausrichteten. Die Gedanken des Wesens, das einst Wulfgarskint gewesen war, drangen mit Macht in Rajins Geist und hallten so schmerzhaft in seinem Kopf wider, dass er wie erstarrt dastand.
Töten … Jetzt bist du an der Reihe … Dein Fluch ereilt jetzt dich, Fluchbringer!
Ganjon schleuderte einen Wurfdolch, der jedoch glatt durch den Körper des Rattenmanns hindurchging und irgendwo hinter ihm auf den Steinboden klirrte. Die Waffe hatte zwar ein Loch im Leib des Rattenmanns hinterlassen, doch das schloss sich rasch wieder.
Liisho deutete hoch zur Empore, schrie Ganjon zu: „Töte ihn! Dieses Magiergezücht dort ist keine Illusion! Ich bin mir sicher! Sonst könnte er die Kreatur nicht kontrollieren!“
Liisho trat vor, begann eine Formel zu murmeln. Mit drei Schritten war der Rattenmann heran, hob einen Arm, und Liisho wurde zu Boden geschleudert, rutschte über den Stein bis zu einer Säule und schlug hart mit dem Hinterkopf dagegen. Er war benommen, versuchte zu sprechen und seine Formel zu Ende zu bringen, aber der Griff einer unsichtbaren Hand drückte ihm die Kehle zu, ließ ihn röcheln und nach Luft schnappen.
Doch der Rattenmann war durch Liisho für einen kurzen Moment abgelenkt. Und diesen Moment nutzte Rajin. Wie beim Kampf gegen den roten Drachen lenkte er alles, was an innerer Kraft in ihm war, in sein Schwert, ließ einen vor Energie prickelnden Strom in seine Klinge fließen.
Der Rattenmann begann sich bereits aufzulösen, um seine ascheähnlichen Teilchen in Rajin eindringen zu lassen. Die erste Wolke strömte auf den Prinzen zu, aber der wich nicht aus, sondern stürzte nach vorn, die drachenische Klinge voran.
Zischend drang das Metall in den untoten Körper. Blitze zuckten um die Klinge herum und erfassten sowohl Rajin als auch den Rattenmann.
Und das untote Wesen, zu dem Wulfgarskint geworden war, zerfiel zu Asche – Ascheteilchen, die glühten, die durch die Luft wirbelten, aber sich nicht mehr zu einem Schwarm vereinigen konnten. Bis zum Kuppeldach stiegen sie empor, flammten dort noch einmal in einem kräftigen Orange auf wie vergehende Sterne und waren verschwunden.
Rajin sank auf die Knie, das Schwert in beiden Händen. Er keuchte und schnaufte, rang ebenso nach Atem wie Liisho, röchelte, hustete - und dann drang eine Wolke feinsten Aschestaubes aus seinem Mund.
Er sank zu Boden.
Während des Kampfes zwischen Rajin und Wulfgarskint war Ganjon mit schnellen geschickten Bewegungen die Empore hochgeklettert. Er erinnerte an ein Insekt, wie er überall in den Vertiefungen und Überständen der Wandreliefs Halt fand, sodass er sich nur wenige Augenblicke später über die aus der unteren Zahnreihe bestehende Brüstung der Drachenkopf-Empore schwingen konnte.
Ubranos, Formeln murmelnd und offenbar bemüht, das Geschehen in der Kathedrale auf magische Weise zu beeinflussen, löste sich zu spät aus seiner inneren Sammlung. Er wich zurück, dann hallte sein Schrei durch das Kuppelgewölbe.
Ganjon erschien hinter der Reihe der steinernen Zähne – das Haupt des Magiers in der linken und sein blutiges Schwert in der rechten Hand.
Rajin raffte sich mühsam wieder auf, dann trat er schwankend auf den reglos daliegenden Bratlor zu.
„So habe ich also auch über dich einen Fluch gebracht, mein Freund“, murmelte er schmerzerfüllt. „Und ich kann dir noch nicht einmal die Augen schließen …“
Er steckte seine drachenische Klinge ein, nahm Bratlors seemannisches
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