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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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stehen. »Aber ich will mich nicht streiten, Laurence. Ich muss dir etwas Großartiges zeigen.«
    Laurence zögerte kurz und schlug dann vor: »Wir könnten doch auch noch weiter hinausfliegen.«
    »Sicher«, sagte Temeraire. »Aber ich denke, es wäre am besten, wenn Willoughby von dort aus, wo er sich jetzt befindet, zusehen könnte …«
    Er drehte den Kopf und schaute zurück. Gerade machten sich die Schiffe bereit, um in den Hafen einzufahren. Die frisch gesetzten, großen, weißen Segel bauschten sich, als sie den Wind einfingen, und wie schwarze Zungen waren die Kanonen aus ihren Luken gefahren worden. »Aber die Flut ist doch noch gar nicht ganz da«, schrie Temeraire entsetzt auf.
    Laurence legte eine Hand auf seine Seite. »Bitte, mein Lieber, lass uns weiter rausfliegen. Es gibt keinen Grund, warum du dir das hier ansehen müsstest.«
    »Aber du verstehst das nicht«, rief Temeraire, »ich habe es geschafft. Ich habe herausgefunden, wie ich Liens Welle erzeugen kann.« Plötzlich erstarrte Laurence auf seinem Rücken. »Nein…, nein, Laurence. Ich hatte nicht vor… natürlich wollte ich nicht …«, stammelte Temeraire in die schreckliche Stille hinein. »Aber wenn sie es nur sehen könnten, dann … Ich habe gehofft, dass sie ihren Plan dann nicht durchführen würden.«
    Nach einer sehr langen Pause sagte Laurence: »Eine Drohung nützt selten etwas, wenn man nicht auch bereit ist, sie in die Tat umzusetzen. Aber auch davon abgesehen… Nein. Weder kann noch werde ich mich daran beteiligen, die englische Marine zu bedrohen. Egal, ob durch Gewalt oder Einschüchterung: Einen Offizier des Königs von der Erfüllung seiner Pflicht und dem Ausführen seiner Befehle abzuhalten, das wäre ein schweres Verbrechen. Nein. Ich habe einmal Verrat begangen. Jedoch nur zugunsten eines höheren Ideals als dem einer Nation, nicht aus niederen, persönlichen Motiven. Ich flehe dich an, mir zu verzeihen, aber diesmal werde ich nicht mitmachen.«
    Seine Stimme hatte einen harten, traurigen, aber endgültigen Tonfall, bei dem Temeraire ein eiskalter Schauer über den Rücken
lief. »Oh!«, rief er, »es tut mir so leid, Laurence! Bitte vergib mir! Du darfst nicht denken, dass ich jemals wieder etwas Ähnliches von dir verlangen würde, nach all dem, was danach Schreckliches geschehen ist … Nicht, wenn es nur darum geht, einen Pavillon zu verteidigen.« Er war zutiefst erleichtert, als er Laurence’ Hand auf seinem Hals spürte, und versuchte weiter, sich zu erklären: »Ich kann nur nicht verstehen, wie es richtig sein kann, dabei zuzusehen, wie Freunde verletzt werden, die uns so großzügig behandelten, während die Regierung uns doch so viel genommen hat.«
    »Mit diesem Argument würdest du alle Loyalität zu einem Wettstreit um die Höhe der nötigen Bestechung verkommen lassen«, sagte Laurence. »Wenn ich auch nur einen Moment gedacht hätte, dass diese Robe deine Neigungen so weit beeinflussen könnten, dass du über Verrat nachdenkst, hätte ich sie direkt ins Feuer geworfen, egal, wie leid dir das getan hätte.« Dann fügte er mit einem Anflug von Leidenschaft hinzu: »Außerdem beginne ich zu glauben, dass Jia Zhen genau wusste, was er tat, als er dir ein solch extravagantes Geschenk machte.«
    »Ich meine nicht nur die Robe«, versuchte sich Temeraire zu wehren. Gleichzeitig war er mehr als schockiert, dass Laurence etwas derartig Entsetzliches überhaupt in Erwägung zog, und fügte hinzu: »So etwas Schreckliches kannst du doch nicht von mir denken! Natürlich kann ich nicht anders, als ihnen freundliche Gefühle entgegenzubringen. Unsere Regierung dagegen benimmt sich ständig derartig unmöglich. Aber damit haben doch unsere Gastgeber nichts zu tun und die Robe schon gleich gar nicht.«
    Bestürzt wandte er sich in Richtung Pavillon. Klein und schnell, wie die Otter war, hatte sie dem Hafen bereits ihre Breitseite zugewandt: Und schon zuckte Temeraire zusammen, denn das Donnern der Kanonen schallte über das Wasser. Da die Kanonen vorne angehoben worden waren, flogen die Geschosse in einem hohen Bogen auf die in die Höhe ragende Ecke des Pavillondaches hinab. In
einem einzigen Augenblick rissen sie den prächtig geschnitzten Drachen mit sich und brachen durch die Dachziegel. Es gab ein fernes Kreischen von berstendem Holz, seltsamerweise irgendwo aus östlicher Richtung, eine Wolke von Splittern, die davonstob, weitere rote Dachziegel, die klappernd in die aufgerissenen Löcher rutschten, und

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