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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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der Bucht. Schutzlos war es den Unbilden der Witterung ausgeliefert, während der Pavillon lediglich die kleine Tharunka beherbergte. Draußen auf dem Meer hatte er dann verbissen weiterhin geübt, um herauszufinden, wie schnell sich die einzelnen Wellen bewegen mussten.
    »Hier liegt nämlich das Problem«, erklärte er Kulingile später, während er seine Berechnungen in den Sand kratzte. Es ging darum, nach wie vielen Atemzügen er den nächsten Wellenkamm erzeugen musste. Er vermisste Perscitia, weil sie die mathematischen Probleme für ihn im Kopf hätte lösen können. »Sie haben nicht den gleichen Abstand untereinander, und so sind einige weiter voneinander entfernt als andere. Wenn die große Welle dann losrollt und auf eine breitere Lücke trifft, fällt sie schon wieder in sich zusammen, ehe die nächste Woge sie einholt. Dann stürzt sie nur noch auf die nachfolgenden Ausläufer hinunter, ohne wirklich etwas zu bewirken.
    Kulingile nahm einen weiteren Bissen von seinem rohen Kasuar, den er sich heute Morgen gefangen hatte. Sie waren jetzt wieder gezwungen, für ihre eigenen Mahlzeiten zu sorgen, und zwar ohne die hilfreiche Unterstützung der Larrakia-Jäger, die, selbst wenn sie
ihnen nichts Schmackhaftes mitgebracht hatten, immerhin zuverlässig gewusst hatten, wo sich Beute finden ließ. Dann räusperte er sich und sagte: »Wenn du so lange brauchst, um eine Welle zu erschaffen, mit der du die Schiffe nicht versenkst, werden die Männer an Bord sie dann nicht einfach vorbeirollen lassen und mit ihrem Beschuss fortfahren?«
    »Mag sein«, gab Temeraire zu. Aber für sich dachte er, dass er auf diese Weise wenigstens einen direkten Angriff unterbrechen und sie durcheinanderbringen würde. »Außerdem wird es sie Zeit kosten, die Schiffe wieder auf ihre Positionen zurückzubringen, jedenfalls so lange, wie der Wind nicht in die richtige Richtung weht – aber warum sollte er?«
    »Was planst du?«, fragte Iskierka misstrauisch, die gerade mit ihrem eigenen Abendessen gelandet war und sich die Zahlenreihen ansah. Natürlich verstand sie nicht das Geringste von Mathematik. Nur um sicher zu sein, verwischte Temeraire die Diagramme mit seiner Schwanzspitze.
    »Das geht dich gar nichts an«, sagte er hochmütig. Er hatte nicht vor, sich Iskierka anzuvertrauen, vor der er sich augenblicklich ein wenig in Acht nahm, denn man konnte sich nicht darauf verlassen, dass sie unter diesen Umständen die richtige Einstellung besaß. Schließlich befand sich Granby noch immer im Dienst, und womöglich stimmten ihre Interessen deshalb nicht mit den seinen überein.
    Wesentlich schlechter fühlte er sich, weil er bislang auch Laurence gegenüber das Thema vermieden hatte. Aber er dachte sich, dass sie die Sache ohnehin lieber ein bisschen später besprechen sollten, wenn er erst einmal herausgefunden hatte, wie man die großen Wellen erzeugte. Solange ihm das noch nicht gelang, gab es ja ohnehin nicht wirklich etwas zu klären. Und wenn er die Technik erst einmal beherrschte, dann würde er sie Laurence vorführen, worauf dieser sicher hocherfreut und voller Erleichterung reagieren würde. Zwar hatte sich Laurence nicht direkt zu dem Thema geäußert, aber er
hatte ihn früher mal ermutigt, sich damit zu beschäftigen, und Temeraire gefragt, wie man einen ähnlichen Angriff bei einer anderen Gelegenheit abwehren könnte. Falls es Temeraire gelänge, die Welle irgendwo in Sichtweite der Schiffe zu demonstrieren, würde dieser Willoughby womöglich Angst bekommen, und Temeraire müsste sie nicht einmal mehr direkt gegen sie einsetzen.
    Noch dachte er nicht darüber nach, was er ansonsten tun würde oder was Laurence dazu noch zu sagen hätte. Ihn jetzt zu fragen, wäre wohl eine zu große Zeitverschwendung gewesen. Darüber nachzugrübeln ließe sich vielleicht sogar als Ausrede deuten, um sich vor der äußerst schwierigen Aufgabe zu drücken, herauszufinden, wie sich die Welle erzeugen ließ. Und es war nicht mehr genügend Zeit, um sie zu verschwenden, denn wahrscheinlich warteten die Schiffe nur noch darauf, dass die nächtliche Flut einsetzte, damit sie näher an den Hafen herankommen und ihre Feuerkraft möglichst gut entfalten könnten.
    »Ich werde mir noch etwas mehr zu essen suchen«, kündigte Temeraire deshalb an und flog hinaus, um einen weiteren Versuch zu unternehmen. Ganz vergeblich war er nicht: Waren Fische in der Nähe, wenn er den Göttlichen Wind einsetzte, tauchten sie oftmals bereits tot oder so

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